Der FIA-Strafenkatalog für Vergehen neben der Rennstrecke war eines der bestimmenden Themen der letzten Monate. Die häufig als Benimmregeln oder gar als 'Maulkorb' titulierten Richtlinien sehen teils drastische Strafen bei Fehlverhalten vor, die vom Weltverband (beziehungsweise von den Stewards als dessen direkte Vertreter) etwa als moralisch verletzend oder als beleidigend eingestuft werden. Von zahlreichen Fahrern aus der Formel 1, aber auch darüber hinaus, wurde dieser Katalog teils scharf kritisiert.

Nach Monaten der Kritik scheinen die Piloten nun Gehör zu finden. Denn FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem deutete am Montag an, dass er erwägt, einen Schritt zurück zu machen. "Aufgrund von konstruktiver Kritik von Fahrern aus allen sieben FIA-Weltmeisterschaften erwäge ich, Verbesserungen an Anhang B [des internationalen Sportkodex] vorzunehmen", schrieb Ben Sulayem in einem Post in den sozialen Medien. Appendix B besteht ausschließlich aus eben jenem viel kritisierten Strafenkatalog.

FIA-Strafenkatalog: Ben Sulayem deutet Reform an, aber keinesfalls Abschaffung

"Als ehemaliger Rallyefahrer verstehe ich die Anforderungen, denen sie ausgesetzt sind, besser als die meisten anderen", gab sich der 14-fache Meister der Middle-East-Rallyemeisterschaft überzeugt. "Menschen machen die Regeln und Menschen können diese Regeln verbessern. An dieses Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung habe ich immer geglaubt und es ist das Herzstück unserer Arbeit bei der FIA", führte der Emirati weiter aus.

Eine vollkommene Abschaffung des Strafenkataloges wird es aber nicht geben, wie der FIA-Präsident deutlich hervorhob. "Anhang B ist ein wichtiger Teil des Internationalen Sportkodex und trägt entscheidend dazu bei, dass der Sport für die gesamte Sportfamilie zugänglich bleibt", schrieb er weiter.

In der Formel 1 gab es nach beim Japan-GP vor wenigen Wochen die erste Strafe, die auf diesen Strafenkatalog zurückgeht. Carlos Sainz hatte den Beginn der Hymne vor dem Rennen knapp verpasst, da er noch auf der Toilette gewesen war. Der Williams-Pilot sprach von einer Verspätung von fünf Sekunden. Obwohl er eine ärztliche Bestätigung vorweisen konnte, die ihm "Unwohlsein durch ein Bauchproblem" attestierte, wurde er mit einer Geldstrafe von 20.000 Euro belegt, 10.000 davon auf Bewährung.

Sogar Rennsperren drohen

Sein gesundheitliches Problem war Sainz noch als mildernder Umstand angerechnet worden, ansonsten sind in den Richtlinien für die Formel 1 explizit bis zu 40.000 Euro Strafe für ein Erstvergehen vorgesehen. Bei Wiederholungstätern drohen aber nicht nur Geldstrafen. Sogar einmonatige Rennsperren und potenzielle Punkteabzüge sind als Richtvorgaben in dem Anhang festgesetzt.

Wie die potenziellen Anpassungen des Reglements aussehen könnten, ließ Ben Sulayem offen. Seit der Strafe gegen Max Verstappen beim Singapur-GP, als er für eine Aussage über sein Fahrzeug sanktioniert worden war, haben die Formel-1-Fahrer dem Oberhaupt des Motorsport-Weltverbandes mehrfach mangelnde Kommunikation vorgeworfen. Durch einen Interview-Auftritt im November, in dem Ben Sulayem betonte, dass die Fahrer FIA-Angelegenheiten "nichts angehen" goss er zusätzlich Öl ins Feuer. Jetzt scheint er einen Schritt in die Gegenrichtung eingelegt zu haben und wieder auf die Fahrer zuzugehen.

Sollte die FIA F1-Fahrer groß zur Kasse bitten, Alex Wurz? (04:21 Min.)