Zwar ist Saudi-Arabien das zweite Rennen mit zwei Williams in den Punkten, aber diesmal ist es nicht nur Glück durch drei Disqualifikationen wie in China. Carlos Sainz und Alex Albon haben sich die Plätze acht und neun hart erarbeitet. Mit einer alten Taktik, die Sainz einst bei Ferrari freiwillig einführte - aber diesmal vom Team vorgeschrieben bekam. Eine Taktik, die die Konkurrenz im F1-Mittelfeld an den Rand der Verzweiflung trieb.
Sainz hatte im Mittelfeld der Formel 1 für das Rennen die beste Ausgangsposition gehabt, nach seinem bislang besten Qualifying für Williams war er vom sechsten Platz losgefahren. Bei Albon hingegen war die Taktik, in Q2 schon früh für den letzten Versuch rauszufahren, nach hinten losgegangen. Völlig allein auf der Strecke bemängelte Albon zu statische Luft, weil kein einziges Auto auch nur minimal Windschatten spenden konnte.
Auf der Highspeed-Strecke von Jeddah ist das im engen Mittelfeld kritisch. Albon blieb um 7 Tausendstel auf Startplatz 11 hängen. Da am Start aber zwei Autos vor ihm crashten, kam er als Neunter aus der ersten Runde zurück. Sainz wiederum hatte aus Bahrain gelernt, wo er sich etwas zu hart gegen Top-Teams verteidigt hatte. In einem Mittelfeld-Auto keine gute Idee.
Starke Williams bekommen in Saudi-Arabien plötzlich neuen Gegner
In Saudi-Arabien blieb Sainz gegen Lewis Hamilton und Lando Norris passiv. Ab Runde 7 waren dann die beiden Williams auf den Plätzen 8 und 9 sehr gut aufgestellt. Der erwartete Gegner Pierre Gasly war beim Start-Crash ausgeschieden. "Wir konnten eine Lücke auffahren und das Mittelfeld im ersten Teil dominieren", meint Sainz nach dem Rennen zu Sky UK. Doch hinter Albon tauchte bald ein neuer Herausforderer auf.
Isack Hadjar und die Racing Bulls hatten auf eine alternative Strategie gesetzt und waren auf Hard statt auf Medium losgefahren. Hadjar war trotz anfänglichem Grip-Defizit am Start gut durchgekommen und begann ab Runde 15 mächtig Druck auf Albon auszuüben: "Gegen Ende von Albons Stint spürte ich, dass wir sehr viel Pace hatten. Er hatte sehr zu kämpfen, und ich kam gerade erst in Schwung."

Die Williams tauschten daraufhin in den Runden 21 und 22 ihre Start-Medium gegen Hard. Langsame Stopps bei beiden Fahrern - 6,44 Sekunden für Sainz, 4,44 für Albon - warfen sie noch weiter als antizipiert in langsamen Hinterfeld-Verkehr zurück. Hadjars Stunde schien gekommen. Mit jetzt freier Fahrt verlängerte er seinen ersten Stint und begann tatsächlich sich der nötigen Lücke von 20 Sekunden zu nähern, um bei seinem Boxenstopp vor Sainz zu bleiben.
Doch er schaffte es nicht ganz. Sainz und Albon ihrerseits kämpften sich mühsam, aber doch durch langsameren Verkehr und kamen dann wieder in Fahrt. Trotzdem - als Hadjar stoppte, bekam er in Runde 34 jetzt um einiges frischere Medium-Reifen, während Sainz und Albon auf ihren alten Hard angreifbar wurden. Als Hadjar schnell wieder zu Albon aufschloss, griff die Williams-Box zum Funkgerät. Sainz wurde angewiesen, sich zurückfallen zu lassen. Um Albon DRS zu geben.
Sainz & Albon liefern trotz Stress Hadjar ans Taktik-Messer
Das ist jene Taktik, die Sainz 2023 in Singapur aus freien Stücken im Tandem mit Lando Norris anwandte, um seine Führung gegen frisch bereifte Mercedes zu verteidigen. "Wenn die Box es dir sagt, dann bist du immer weniger zuversichtlich, als wenn du die Idee selbst hast!", schildert er nach dem Rennen die stressige Situation. "In Singapur fühlte ich mich komfortabel. Hier schlitterte ich einfach in die Situation rein."
"Wir haben das vor dem Rennen besprochen", erklärt Albon. Geplant hatte man die Taktik ursprünglich gegen Pierre Gasly, nun aktivierte man sie gegen Hadjar. "Wir haben die Pace vielleicht etwas stärker verlangsamt als nötig, um den DRS-Zug zu garantieren", schätzt Albon. "Spaß hat das nicht gemacht! Du ruinierst dir im Zug die Vorderreifen."
"Für den Großteil des Rennens hatten wir Pace in der Hinterhand, aber wir wollten uns nicht angreifbar machen", so Albon. "Wir haben das ganze Wochenende gesehen, dass die Racing Bulls starke Traktion aus der letzten Kurve raus hatten. Das ist gefährlich hier." Für beide war es nervenaufreibend. "Gerade hier in Jeddah, wo du im Falle eines Fehlers sehr verwundbar bist", meint Sainz. "Aber wir haben es abgesprochen. Ich wusste, dass Alex wusste, was ich tun würde."
Hadjar versauerte infolgedessen 11 Runden lang hinter Albon und wurde für ein starkes Rennen mit nur einem Punkt entlohnt. "Als ich beide Williams vor mir sah, wusste ich, dass ich geliefert war", lacht er nach dem Rennen gequält. "Es war so offensichtlich. Ich wusste es!"

Williams in Hochform: Jetzt liefert auch Carlos Sainz
Williams stockt damit in Saudi-Arabien das Punktekonto um sechs weitere Zähler auf 25 auf und liegt auf dem fünften Rang in der Konstrukteurs-WM der Formel 1. In einer kritischen Phase für das Team, das bereits plant, sehr früh bei der Entwicklung auf 2026 umzuschwenken. "Du weißt nie, wann die anderen das nächste Update bringen und dieser Lauf vorbei ist", weiß Albon. "Bis jetzt haben wir eines der stärksten Autos. Diese Situation müssen wir ausnutzen."
Da ist es genauso wichtig, dass Sainz endlich einmal ein komplettes Wochenende das Maximum aus dem für ihn noch immer fremden Williams extrahieren kann: "In Suzuka war ich ein halbes Zehntel von Q3 weg. In Bahrain maximierte ich Qualifying, aber nicht das Rennen. Hier beides. Es geht in die richtige Richtung. Sicher wird es noch Rückschritte geben, härtere Strecken, Setup-Änderungen, an denen ich scheitere, Dinge, die ich lernen muss. Aber das ist Teil der Anpassung. Nach fünf Rennen schon so abzuliefern ist gut."
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