Außer Frage steht, dass McLaren in Saudi-Arabien glasklarer Favorit auf den Sieg ist und der Rest der Formel 1 sich an diesem Wochenende warm anziehen muss. Doch zur McLaren-Doppelführung im 2. Freien Training in Jeddah gibt es ein kurioses Detail: Auf seiner schnellsten Runde kürzte Lando Norris die Strecke ab.

Es war ein unschuldiger kleiner Ausrutscher in der ersten Kurve für Norris. Der hatte davor schon mit 1:28,340 die FP2-Bestzeit sicher, versuchte aber auf alten Reifen noch einmal nachzusetzen. Dabei bekam er den McLaren in Kurve 1 nicht um die Ecke, machte die Lenkung auf und fuhr schlicht hinter dem Kerb durch die Auslaufzone. Die Onboard-Telemetrie zeigt relativ zu seiner ersten Runde einen Zeitgewinn von über eineinhalb Zehntel.

Meistens brechen F1-Fahrer in so einem Fall die Runde gleich ab. Norris aber blieb am Gas und zog sie durch. Tatsächlich sogar auf Bitten seines Renningenieurs, der ihn kurz vor Schluss explizit noch ermahnte, nicht an die Box zu kommen, weil man einen Daten-Test auf der Inlap machen wollte. So kreuzte Norris die Linie und verbesserte sich tatsächlich trotz alter Reifen auf 1:28,267.

Kurioserweise blieb die Runde in der Wertung. Denn die Handhabung von Track Limits wird in den Event-Notizen des Rennleiters definiert, und dort steht seit Jahren: Zeiten werden nur im Qualifying und im Rennen, sprich in Wettbewerbssessions gestrichen. Im Freien Training bleiben alle Runden in der Wertung.

Für Norris hatte die Angelegenheit sowieso keine nennenswerte Auswirkung. Er hätte die Bestzeit auch mit seiner "legalen" ersten Runde geholt. Und tatsächlich verschwand die gewonnene Zeit bis zum Ende des ersten Sektors schon und wandelte sich in einen Rückstand um. Norris holte sich im Vergleich mit seiner eigenen ersten Runde die letzten nötigen Hundertstel für die Verbesserung dann mit dem besten Mittelsektor des Tages.

McLaren fährt der Formel 1 in Saudi-Arabien davon

Für Norris war das Trainieren des Qualifying-Modus in Saudi-Arabien auch eine klare Priorität. Aktuell hadert er damit, den McLaren samstags am absoluten Limit zu bewegen. In den letzten Tagen verbrachten er und das Team viel Zeit damit, an seinem Fahrstil zu arbeiten. Norris hielt am Donnerstag schon fest, dass er das Auto am Limit auf eine Art und Weise bewegen müsse, wie er davor noch nie ein Rennauto gefahren sei.

"Heute ging es wirklich darum, an meinem Fahrstil zu arbeiten, mehr an mir selbst als am Auto", bestätigt Norris nach dem 2. Training. Dabei wuchs das Vertrauen in den MCL39 für ihn merklich: "Ich bin auf dem richtigen Weg, was die Dinge angeht, die ich heute erreichen wollte."

So ließ er Teamkollege Oscar Piastri um etwas mehr als eine Zehntel hinter sich. Piastri tat sich am ersten Tag in Saudi-Arabien noch etwas schwerer: "Ein paar Kurven gibt es noch, wo ich einen besseren Job machen muss. Aber insgesamt war es ein guter Tag."

Gemeinsam scheint das McLaren-Duo aber dem F1-Feld davonzufahren. "Aber die anderen sind nicht so weit dahinter", spielt Norris die Doppelspitze dennoch herunter. "Wahrscheinlich haben wir auf eine größere Lücke gehofft." Doch wie die Trainings-Analyse hier zeigt: Red Bull und Max Verstappen müssen noch einiges aussortieren, bis sie auch wirklich so nah ranfahren können wie im Trainings-Ergebnis.