Ein dritter Platz für Carlos Sainz, ein vierter für Charles Leclerc - die Ausbeute von Las Vegas ist für Ferrari enttäuschend. Schlimmer noch: Beide Fahrer sind nach dem Rennen schlechter Laune. Nicht bloß, weil sie als Favoriten gestartet waren. Die Art und Weise, wie Team und Fahrer Strategie und Teamorder managten, trieb innerhalb von vier Runden erst Sainz, dann Leclerc zur Weißglut.
Leclerc war jener, der am Ende deshalb nicht am Podium stand, nachdem er zu Rennbeginn sogar bis auf den zweiten Platz vorgefahren war. Also platzte ihm am Funk auf der Auslaufrunde der Kragen: "Ja, ja, ja. Ja, ich habe meinen Job erledigt, aber nett zu sein fickt mich jedes verdammte Mal. Es geht nicht einmal darum, nett zu sein. Es geht einfach darum, respektvoll zu sein. Ich weiß, ich muss ruhig sein, aber an einem Punkt ist es immer dasselbe, gottverdammt."
Ein Wutausbruch, der keine gute Idee war, so Leclerc unmittelbar danach: "Jedes Mal, wenn es diese Art von Frust gibt, dann kennt nicht jeder den ganzen Hintergrund. Also gibt es keinen Grund für mich, weitere Details zu nennen." Eine Zurückhaltung, die er schließlich doch nicht ganz aufbringen kann: "Es geht nicht um Bevorzugung. Es geht um Dinge, die uns gesagt und die nicht respektiert wurden."
Zweimal Teamorder für Sainz, einmal ignoriert: Was tat Ferrari hier?
Alles aufzurollen ist etwas kompliziert. Es beginnt am Start: Leclerc nahm Sainz in der ersten Kurve den zweiten Platz ab. Dann scheiterte er mit seinem Versuch, die Führung zu übernehmen, und musste Sainz noch vor dem ersten Boxenstopp den Platz zurückgeben. Doch nach dem Wechsel von Medium auf Hard wandelte sich das Bild. In Runde 26 war es Sainz, dem die Reifen eingingen. Jetzt wurde es kompliziert, als Leclerc mit Lewis Hamilton im Schlepptau schnell aufschloss.
"Ich habe das Team zwei oder drei Mal gebeten, mich zu stoppen, damit ich aus dem Weg bin und keine Rennzeit durch das Vorbeilassen von Charles und das Kämpfen mit Lewis verliere", erklärt Sainz. Das Team lehnte erst ab, weil es ihn nicht in Mittelfeld-Verkehr hineinstoppen wollte. Schließlich kam in Runde 27 die Stopp-Order - direkt gefolgt von der Anweisung, den nun bereits zu nahen Leclerc vorbeizulassen: "Eine Runde später als geplant, das hat mir viel Rennzeit gekostet."
Obendrauf wurde ein sich dann bereits in der Boxeneinfahrt befindender Sainz per hektischem "Stay out" plötzlich aufgefordert, doch weiterzufahren. Die Ferrari-Mechaniker waren nicht bereit. Relativ zu Leclerc verlor Sainz in dem Chaos drei Sekunden. Was Ferrari nun dazu bewog, Leclerc möglichst lange draußenzulassen. Erst in Runde 31 wurde er zum Stopp gerufen.
Versucht es Spanisch! Leclerc sauer über Sainz-Attacke
Mit seinen neuen Reifen hatte Sainz in der Zwischenzeit die drei Sekunden wieder aufgeholt. Damit war klar, dass beide am Boxenausgang wieder zusammenkommen würden. Die Box wies Sainz daraufhin in Kurve drei an, den eben vor ihm einbiegenden Leclerc nicht zu attackieren, damit der seine Reifen sachte auf Betriebstemperatur bringen konnte.
Nur wenige Sekunden nach diesem Funkspruch setzte sich Sainz auf der Geraden hin zu Kurve fünf daneben und ging vorbei. Leclerc fand die Verteidigung der Box, dass die Teamorder ausgesprochen worden sei, nicht besonders hilfreich: "Versucht es vielleicht auf Spanisch!" Danach waren die Plätze bezogen. Beide fingen noch Max Verstappen ab, waren aber zu weit von Mercedes weg. Nur für Sainz blieb ein Podium übrig.
Leclerc und Sainz im Streit? Viel Klärungsbedarf bei Ferrari
Auch Sainz sieht nach dem Rennen erfolgreich davon ab, den Streit medial auszutragen: "Ich nutze nur ungern den Funk, um mich zu beschweren, oder die Medien, um zu kritisieren oder zu zeigen, dass ich unglücklich bin. Ich bleibe lieber hinter verschlossenen Türen. Sonst kommt da nichts Gutes raus." Man darf nicht vergessen: Der Funk ist nicht allumfassend. Es kann auch noch Absprachen vor dem Rennen gegeben haben.
Teamchef Fred Vasseur bemüht sich, Tempo rauszunehmen: "Es geht darum, dass die Lage für alle schwierig war. Aber das werden wir am Abend diskutieren. Da wird es keine Probleme geben." Es wird ein hartes Debrief für die Scuderia werden. Die mehrfachen Team-Anweisungen sind nur ein Teil von einer chaotischen Strategie.
"Einfach gesagt haben wir kein sehr gutes Rennen exekutiert", bemängelt Sainz. "Eine Runde zu lange auf dem Medium, zwei Runden zu lange auf dem Hard." Obendrauf bleibt die Frage: Warum war der Medium-Stint am Start ein Desaster? Nach dem ersten Boxenstopp lag Sainz 11,233 Sekunden zurück. Und im Ziel? 11,906 Sekunden. Ferrari riss den kompletten Rückstand auf Rennsieger George Russell in den ersten zehn Runden auf.
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