Zum zweiten Mal gastiert die Formel 1 an diesem Wochenende auf dem Las Vegas Strip Circuit. Bei der ersten Ausgabe im vergangenen Jahr hielt sich die Vorfreude bei Motorsport-Enthusiasten in Grenzen. Die ersten beiden Besuche in der Stadt der Sünde auf dem Parkplatz des Caesars Palace 1981 und 1982 und die großen Show-Ankündigungen für die Premiere auf dem Strip ließen nicht nur Puristen Böses erahnen.

Tatsächlich gab es zu viel Show, eine bittere Panne an der Strecke und ein Fan-Fiasko, aber der Grand Prix erwies sich als Erfolg: Die Fans sahen das wohl beste Rennen der Saison. Entsprechend mischt sich in das Las-Vegas-Wochenende neben Skepsis inzwischen auch Vorfreude. Wird der Grand Prix wieder ein solches Spektakel? Wer ist Favorit? Und wird schon der Formel-1-Weltmeister 2024 gekrönt? Motorsport-Magazin.com liefert die Brennpunkte vor dem Showdown in der Wüste Nevadas.

Verstappens erster Matchball: So wird er in Las Vegas Weltmeister

Ausgerechnet Las Vegas, dürfte sich Max Verstappen denken. Nach seinem Sieg in Brasilien könnte er sich schon zwei Rennen vor dem Ende der Saison zum Weltmeister krönen. Es ist sein erster Matchball in dieser Saison. Dabei ist der Red-Bull-Pilot der wohl größte Kritiker der amerikanischen Formel-1-Inszenierung. Am Ende wird es ihm egal sein.

Verstappen kann den Titel sogar schon aus eigener Kraft gewinnen. Siegt Max Verstappen in Las Vegas, ist er auf jeden Fall Weltmeister, egal was Lando Norris macht. Siegt der McLaren-Pilot, ist die Entscheidung vertagt. Grundsätzlich gilt: Norris muss mindestens drei Punkte auf Verstappen aufholen, um zumindest theoretisch im Rennen zu bleiben.

Startzeiten: Formel 1 lernt (ein wenig) dazu

Das Rennen findet auch in diesem Jahr am Samstag statt. Über diese Tatsache dürfen Traditionalisten nicht schimpfen, schließlich fand das erste Formel-1-Rennen überhaupt ebenfalls an einem Samstag statt. Aber an die Startzeiten wird man sich wohl nie so richtig gewöhnen. Um 22:00 Uhr Ortszeit gehen in Las Vegas die Lichter der Startampel aus. In Mitteleuropa ist das am Sonntagmorgen um 07:00 Uhr.

Immerhin: Das 2. Freie Training ist nicht mehr um Mitternacht angesetzt, sondern ebenfalls "schon" um 22:00 Uhr. Tatsächlich begann das Training nach der Kanaldeckel-Affäre im letzten Jahr erst um 02:30 Uhr. Die irren Startzeiten haben auch damit zu tun, dass die Strecke vor und nach den Sessions wieder für den öffentlichen Verkehr freigegeben wird. Dadurch sollen die Beeinträchtigungen für die Stadt so gering wie möglich gehalten werden.

Ferrari wieder Vegas-Favorit?

Im letzten Jahr war es einfach: Max Verstappen war immer Favorit. Tatsächlich aber hätte es in Las Vegas eine Sensation geben sollen. Ferrari zeigte sich in Top-Form, Charles Leclerc hätte den Grand Prix unter normalen Umständen gewonnen. Die Streckencharakteristik mit vielen Geraden und langsamen Kurven sollte dem Ferrari auch in diesem Jahr liegen.

Doch Ferrari warnt selbst: Die Stärke im vergangenen Jahr war vor allem auf starkes Graining zurückzuführen, mit dem alle Teams zu kämpfen hatten. Ferrari konnte mit dem Problem am besten umgehen. Auch in diesem Jahr könnte Graining wieder ein entscheidendes Thema sein. "Aber unser Auto geht in diesem Jahr ganz anders mit den Reifen um", hört man aus dem Ferrari-Lager unisono.

Was in der bisherigen Saison ein großer Fortschritt im Renntrimm war, könnte in Las Vegas einen Nachteil bedeuten. Aber in Melbourne, als Graining auch schon ein Problem darstellte, holte Ferrari einen Doppelsieg.

Red Bull und McLaren in Problemen?

Auf dem Highspeed-Kurs rund um und auf dem Strip könnten Red Bull wieder ähnliche Probleme wie in Monza einholen, als man den Tiefpunkt der bisherigen Saison erlebte. Bei wenig Abtrieb kommt die unschöne Charakteristik des RB20 besonders stark zum Vorschein. Hinter McLaren, die in Baku, dem Vegas-ähnlichsten Kurs des Kalenders, die Scuderia unter Druck setzen und schließlich auch gewinnen konnten, steht ein großes Fragezeichen. Denn der Heckflügel, dessen Aero-Elastizität in Baku für großes Aufsehen sorgte, darf nicht mehr eingesetzt werden. Gerade in Las Vegas hätte das wieder einen größeren Vorteil bedeutet.

Das Vegas-Wetter: Taupunkt statt Brennpunkt

In der Wüste kann es nachts ganz schön kalt werden. Die Formel 1 fürchtete sich im ersten Jahr vor Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt. Ganz so schlimm kam es 2023 nicht. Für die Trainingsnacht werden an diesem Wochenende Tiefsttemperaturen um die 4 Grad Celsius erwartet. Allerdings dürfte der Tiefpunkt erst Stunden nach dem Training erreicht werden. Für die Qualifying-Nacht sagen die Meteorologen 6 Grad Celsius voraus, in der Renn-Nacht wird mit moderaten 10 Grad gerechnet.

Rennen 1 nach Niels Wittich: Neuer Rennleiter wechselt Zocker-Metropole

FIA-Rennleiter Niels Wittich wurde in der Pause zwischen Brasilien und Las Vegas völlig überraschend mit sofortiger Wirkung entlassen. Sein Nachfolger Rui Marques war am vergangenen Wochenende noch beim Macau GP im Einsatz. Für den Portugiesen geht es nun vom chinesischen ins amerikanische Zocker-Paradies. Für die Formel-1-Premiere ist der 6,201 Kilometer lange Stadtkurs wohl ein denkbar ungünstiger Ort. Immerhin: Mit Regen braucht er in der Wüste Nevadas genauso wenig zu rechnen wie eine Woche später in Katar und zwei Wochen später in Abu Dhabi.

Hat Williams zwei Autos am Start?

Williams ist in der Formel-1-Saison 2024 schwer von Unfällen gebeutelt - auch in der Post-Sargeant-Ära. In Brasilien verunfallten im Sonntags-Qualifying beide Piloten. Alexander Albon konnte gar nicht erst am Rennen teilnehmen, Franco Colapinto schmiss seinen Boliden erneut in die Mauer.

Nach einem Reparatur-Marathon in der Fabrik in Grove kann das Team in Las Vegas beide Autos an den Start schicken. Auch Ersatzteile soll es für die letzten drei Rennen ausreichend geben. "Ich denke, dass wir jetzt sogar besser für Las Vegas gerüstet sind als für das letzte Rennen", meint Chef-Mechaniker Ben Howard. Fraglich ist noch, ob beide Autos mit den aktuellsten Teilen fahren können.

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