Nach dem Qualifying sah es düster aus für Lando Norris. Selbst nach mehreren Strafen blieb ihm im Rennen der Formel 1 in Baku nur der 15. Startplatz. Max Verstappen schien mit Startplatz 6 prädestiniert dafür, die WM wieder außer Reichweite zu bewegen. Doch es kam völlig anders. Am Rennende lacht Norris - denn er rang Verstappen doppelt auf der Strecke nieder, holte einen vierten Platz, die schnellste Runde, und verkürzte seinen Rückstand sogar auf 59 Punkte.
Eine gelbe Flagge in Q1 am Samstag hatte Norris bei ablaufender Uhr zum Rausnehmen gezwungen und ihm damit den Q2-Aufstieg verwehrt. McLarens Simulationen hatten nach diesem Debakel eigentlich einen achten Platz als bestmögliches Resultat im Rennen ausgespuckt. Norris bestätigt: "Wir haben erwartet, dass die anderen aus den vier Top-Teams davonfahren." Aber schon am Start lief es für ihn viel besser als erwartet.
Norris setzte auf die Alternativ-Strategie mit einem Start auf harten Reifen. Trotzdem rückte er schon in der ersten Runde um zwei Plätze vor. In Runde drei war er Elfter, in Runde acht Zehnter, dann begannen vor ihm die ersten Piloten zu stoppen. Nur Alex Albon, der wie Norris auf dem Hard-Reifen plante, bis in die Dreißiger zu fahren, stand Norris danach im Weg.
"Er hat mein Leben schwer gemacht", meint Norris. Die Hoffnung schwand. Weit vor ihm stoppte die Spitzengruppe. Allerdings war sie noch nicht so weit entfernt. Carlos Sainz und Max Verstappen kamen mit ihren neuen Hard-Reifen hinter Norris wieder auf die Strecke. Sainz konnte er in Runde 23 nicht halten - aber sein Freund und Ex-Teamkollege spielte im Kampf gegen Verstappen eine nennenswerte Nebenrolle.
Lando Norris manövriert Max Verstappen in Baku gekonnt aus
"Ich konnte mich gegen Max verteidigen, weil er gut sechs Runden mit Aufholen verbracht hat", fasst Norris zusammen. "Ein paar Runden hinter dem Ferrari, also wusste ich, dass seine Reifen heiß wurden und sich dem Punkt näherten, an dem er nicht mehr angreifen konnte." Ähnlich war es ihm selbst hinter Albon ergangen. Die Reifen ließen nur beschränkt Angriffe zu. Einmal überhitzt, hatte man den größten Vorteil verspielt.
"Ich wusste, ich würde Carlos nicht abwehren können, aber Max schon", so Norris. Rabiat schmiss er dem Red Bull in Runde 24 die Tür zu. Eine Schlüsselszene - Verstappen hatte seine einzige Chance nicht umsetzen können. Jetzt war sein Vorteil auf den neuen Reifen dahin. Ab da kam er nicht am McLaren vorbei, obwohl der noch immer auf seinen zwölf Runden älteren Startreifen unterwegs war.
Norris hatte sich damit ins Spiel um mehr gebracht. In Runde 31 tat ihm endlich auch Albon einen Gefallen und bog zum Boxenstopp ab. Damit hatte er erstmals freie Fahrt: "Sobald Alex stoppte, war meine Pace glaube ich die beste auf der Strecke, selbst auf den Hard-Reifen vom Rennstart."
Der Schlüssel liegt für Norris darin, dass er die Graining-Phase der Reifen überstand: "Da fühlen sie sich ein bisschen beschissen an. Aber du fährst da durch, und irgendwann beginnt es sich aufzulösen und du kommst an einen Punkt, wo es dir wieder entgegenkommt." Ab Runde 31 begann sich abzuzeichnen, dass Norris seine Karten perfekt ausgespielt hatte. Noch immer konnte er Verstappen auf Abstand halten.
Norris beendet perfektes Rennen mit perfektem Schluss-Stint
Als er schließlich in Runde 37 stoppte, kam er nur 15 Sekunden hinter Verstappen mit frischen Medium für einen Schluss-Sprint zurück auf die Strecke. Die Aufgabe war klar, und er setzte sie perfekt um. Innerhalb von 12 Runden fuhr er die Lücke zu und ging an seinem WM-Rivalen vorbei. Ein Crash am Schluss weit vorne zwischen Sainz und Sergio Perez beschenkte ihn dann noch reicher.
Denn zum einen rückte er von P6 auf P4 vor. Zum anderen torpedierte das dadurch ausgelöste Virtuelle Safety Car Verstappens Versuch, sich nach einem Zusatz-Stopp mit Soft-Reifen noch die schnellste Runde von Norris zu holen. So beendete Norris ein herausragendes Rennen zwei Plätze vor Verstappen und holte drei Punkte mehr als der Red-Bull-Pilot.
"Es war brillante Umsetzung", ist McLaren-Teamchef Andrea Stella begeistert. "Ich sehe keinen einzigen Punkt im Rennen, wo er heute einen besseren Job machen hätte können." Norris letztendlich nicht ganz: "Das Auto war sensationell. Und weil es so gut war, bin ich nur noch mehr von gestern genervt, und wie dumm die gelbe Flagge war." Teamkollege Oscar Piastri gewann.
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