Charles Leclerc entfesselte nach dem Formel-1-Rennen in Monza am Sonntag einen Sturm. Der Sieg beim Ferrari-Heimspiel unter den Augen der Tifosi glich einer Meisterleistung. McLaren sah mit Oscar Piastri und Lando Norris lange wie der sichere Sieger aus, doch die Scuderia schlug in der Schlussphase mit einer schon totgeglaubten Strategie gnadenlos zu. Leclerc ist nach seinem zweiten Triumph in Monza auf einem Höhenflug. Emotionen wie beim ersten Mal, zweiter Heimsieg in einem Jahr nach Monaco-Erfolg.

"Ich denke, McLaren war auf dem Papier schneller aber wir haben sie unter Druck gesetzt und bei der Strategie in einen Fehler getrieben", so Leclerc gegenüber Sky Sports UK. Für den Sieg musste er seinerseits dem Druck von Piastri standhalten, dabei hatte er bis zum entscheidenden Strategie-Call nicht wie ein Sieganwärter ausgesehen. Der Monegasse hatte in der Startphase einen Zweikampf zwischen den McLaren-Teamkollegen genutzt, um Norris für Platz zwei zu überholen. Im darauffolgenden Rennverlauf blieb er als einziger Fahrer am McLaren-Duo dran, doch der Kampf um Platz eins fand zwischen Piastri und Norris statt.

In Runde 15 wechselte Leclerc von Medium auf Hard, womit alle Zeichen auf eine Zweistopp-Strategie hindeuteten. Als im letzten Renndrittel die zweite Runde der Pitstops anstand, blieb er jedoch draußen. Norris und Piastri stoppten in den Runden 32 beziehungsweise 38 zum zweiten Mal. Leclerc übernahm die Führung und versuchte mit 18 Sekunden Vorsprung auf Piastri das Unmögliche.

Reifenflüsterer Leclerc schlägt McLaren ein Schnippchen

"Es war vor dem Rennen unsere bevorzugte Wahl, aber dann bekamen alle Zweifel. Wir haben bei Red Bull am Anfang gesehen, wie der harte Reifen zu grainen begann und dachten, dass das vielleicht doch kein guter Reifen ist und wir vielleicht zwei Boxenstopps machen sollten", sagt Leclerc mit Blick auf die Einstoppstrategie. Doch nach dem Wechsel auf den harten Reifen bot sich ihm ein anderes Bild.

"Als ich den harten Reifen aufgezogen habe, hatte ich ein ziemlich gutes Gefühl", so Leclerc, der den Anschluss an den Zweitplatzierten Norris trotz höheren Reifenalters hielt und in Runde 31 hinter dem Briten ins DRS-Fenster vorstieß. "Ich wollte einfach nur Druck auf McLaren und Lando ausüben und dann ist er genau vor mir an die Box abgebogen. Als er weg war, hatte die Vorderachse wieder etwas mehr Grip und ich wusste, dass mir das helfen wird, diese Reifen durchzubringen."

Piastri lehnte die Einstopp-Variante nach Rücksprache mit seinem Team im Funk ab. Als er in Runde 39 auf frischen Hard-Reifen die Box verließ, war Leclerc bereits seit 23 Runden auf seinem Satz der gleichen Mischung unterwegs. "Mein Auto ging dann noch besser, ich konnte es rotieren, wie ich wollte. Von dem Moment an wusste ich, dass der Sieg möglich war", sagt der 26-Jährige.

Zweiter Monza-Sieg versetzt Leclerc in Ekstase

In der Schlussphase holte Piastri konstant über eine Sekunde pro Runde auf, doch Leclerc hatte die Zeit auf seiner Seite. Nach 53 Runden sah er die Zielflagge zweieinhalb Sekunden vor seinem Verfolger und die Tifosi drehten durch. "Es ist ein unglaubliches Gefühl! Ich dachte, dass sich nur das erste Mal so anfühlt und dass es sich beim zweiten Mal, sofern es eines geben sollte, nicht so speziell anfühlt", erklärt der siebenfache Grand-Prix-Sieger, der bereits 2019 bei seinem ersten Auftritt für Ferrari in Monza triumphierte. "Die Emotionen waren auf den letzten Runden genau dieselben wie 2019, als ich neben der Strecke die Tribünen gesehen habe. Es ist unglaublich."

Im Mai hatte Leclerc seinen Monaco-Fluch besiegt und erstmals sein Heimspiel im Fürstentum gewonnen. Dass ihm im selben Jahr auch noch der Sieg in Monza gelingt, ist für ihn das höchste der Gefühle: "Monaco und Monza sind die beiden Rennen, die ich jedes Jahr gewinnen will. Natürlich will man immer so viele Rennen wie möglich gewinnen, und so schnell wie möglich eine Weltmeisterschaft, aber das sind die zwei wichtigsten Rennen der Saison und die habe ich dieses Jahr gewonnen."