Die Erwartungen von Ferrari waren bei der Formel 1 in Zandvoort eigentlich schon sehr, sehr tief angesetzt. Doch mit dem Ergebnis des Qualifyings schaffte man es, selbst hinter diesen zurückzubleiben. Charles Leclerc war als abgeschlagener Sechster nicht einmal mehr in der Spitzengruppe - er führte das Mittelfeld an. Carlos Sainz richtete sich dort mit einem Q2-Aus häuslich ein.

Nur 51 Tausendstel landete Leclerc vor dem Aston Martin von Fernando Alonso. Nicht gerade ein Spitzen-Umfeld. Der Rückstand auf Pole-Mann Lando Norris betrug 0,909 Sekunden. "Wir haben mit vier oder fünf Zehnteln gerechnet", ist Sainz geschockt.

"Die Runde war gut, und wir sind neun Zehntel weg", resigniert Leclerc. "Auf so einer kurzen Strecke ist das richtig viel. Zu viel." Und es geht inzwischen nicht einmal mehr um das Bouncing-Problem, welches die Ferrari-Geschichten der letzten Rennen beherrschte. Das Auto war in Zandvoort ohne Hüpfen langsam.

Ferraris riesiges Zandvoort-Defizit im Qualifying erklärt

Wobei es sehr wohl eine Rolle spielt. Das kleine Update von Ungarn mag es verbessert, aber nicht gelöst haben. "Man kann sagen, dass Bouncing momentan nicht da ist, aber man kann auch sagen, dass wir vielleicht das Auto nicht so optimieren können, wie wir wollen", gesteht Leclerc auf Nachfragen schließlich indirekt, dass man ein schlechtes Kompromiss-Setup fahren muss. Das bedeutet, dass die Schwächen des SF-24 im Qualifying brutal offengelegt werden.

Mit den Problemen des Vorjahres hat es nichts zu tun. Auch 2023 schnitt Ferrari in Zandvoort miserabel ab. Doch damals aufgrund von andersartigen Setup-Experimenten und einer extremen Windanfälligkeit. "Verglichen mit dem haben wir relativ zum Vorjahr einen großen Schritt nach vorne gemacht", so Leclerc. Durch den Schmerz der Setup-Experimente ging man 2024 bereits in Silverstone.

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"Leider haben wir keine so schnelle Lösung, die wir für die letztjährigen Probleme hatten", räumt Leclerc ein. Ein konzeptuelles Grundproblem wiegt dieses Jahr schwer. Langgezogene Kurvenkombinationen waren schon immer Gift für den SF-24. "Ich gehe davon aus, dass wir in Monza und Singapur wettbewerbsfähiger sein werden", meint Sainz.

Sainz erholt sich von Getriebe-Defekt nicht mehr

Sainz' noch schlechterer Auftritt - er startet nach einer Disqualifikation vor ihm trotzdem nur von P10 - ist nicht nur diesen Problemen geschuldet. Er hatte am Freitag das einzige Trocken-Training wegen eines Getriebeschadens verpasst. Schlimmer noch: Am Samstag kam er fast nicht zum Fahren, weil der größte Teil von FP3 durch eine rote Flagge eliminiert wurde.

Und noch schlimmer: Ferrari schickte als einziges Team seine Fahrer in den letzten 10 trockenen FP1-Minuten am Freitag auf Medium los. Das bedeutete, dass Sainz das Qualifying mit null Kilometern auf dem Soft-Reifen begann. Es zeigte sich schon in Q1, als er im ersten Versuch nicht einmal schnell genug für die Top-15 war.

In Q2 konnte er sich noch retten: "Dann fehlte mir einfach die Erfahrung von gestern. Das Wissen, was ich mit dem Frontflügel mache, mit den Einstellungen im Cockpit, um das Auto für den neuen Soft in Q2 anzupassen. Dafür habe ich den Preis bezahlt. Nach der Sommerpause keine Runden in FP1, FP2 und FP3 zu drehen und dann direkt mit dem Soft in Zandvoort in ein Qualifying zu starten."

Der Circuit Zandvoort gehört generell zu den schwierigeren Strecken im Kalender. Auf seinem letzten Q2-Versuch klagte Sainz dann noch über Verkehr - Nico Hülkenberg, in den schnellen Passagen. Keine Behinderung, aber verwirbelte Luft. 69 Tausendstel fehlten ihm am Ende.

Die Erwartungen für das Rennen bleiben auf beiden Seiten der Ferrari-Garage niedrig. "Platz sechs ist an so einem Wochenende das Maximum", prognostiziert Leclerc. Und hat gleichzeitig Angst vor dem von P14 kommenden Mercedes von Lewis Hamilton: "Er könnte mit seiner Rennpace vorfahren. Aber für uns - wir haben keine Rennpace, um irgendwas Besseres zu schaffen."