Die Formel 1 wartet geduldig auf den nächsten großen Paukenschlag auf dem Fahrermarkt für 2025, doch der lässt auf sich warten. So munter sich das Fahrerkarussell im Verlauf der ersten Hälfte der diesjährigen Formel-1-Saison drehte, so still stand es in der Sommerpause. Abgesehen vom Sainz-Williams-Deal fiel kein weiterer Dominostein. Red Bull ließ vorerst alles beim Alten und Daniel Ricciardo warten. Sein Platz in der Bullen-Familie und in der Formel 1 überhaupt bleibt in der Schwebe.
Am Donnerstag vor dem Großen Preis der Niederlande strahlte Ricciardo trotz des Ausharrens die gewohnte Gelassenheit aus, was die Entscheidung über seine Zukunft betrifft: "Ich habe nicht erwartet, dass [über die Sommerpause; Anm. d. Red.] etwas passiert", erklärte er. "Ich mache einfach weiter wie bisher und wenn ich einen Anruf bekomme, dann ist es so. Das war's."
Ricciardo sieht Chance auf Formel-1-Verbleib: Seit Montreal auf Top-Niveau
Gelegenheit, nach dem Formel-1-Wochenende in Belgien mit seinem Team im Gespräch zu bleiben, gab es für Ricciardo trotzdem. Die Sommerpause startete für den RB-Fahrerkader nämlich verspätet. Daniel Ricciardo, Yuki Tsunoda, Liam Lawson und Ayumu Iwasa absolvierten noch einen Film- und Testtag in Imola, der möglicherweise nicht ganz unbedeutend für die anstehende Fahrerentscheidung war. Viele vermuteten dahinter einen Shootout zwischen den teilnehmenden Piloten um die verbleibenden Sitze in den Teams des Energydrink-Konzerns.
Obwohl eine Fahrerverkündung für 2025 nicht unmittelbar folgte, lässt sich konstatieren: Ricciardos Sitz wackelt gewaltig und seine Zukunft in der Formel 1 ist mindestens fraglich. Für den 35-Jährigen ist das aber noch lange kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. "Ich denke, es ist deutlich, dass ich seit Montreal mehr von den Ergebnissen geliefert habe, die von mir erwartet wurden", hob er den Positivtrend hervor.
Das Mindeste, was vom ehemaligen Red-Bull-Piloten erwartet wurde, war, dass er mit Yuki Tsunoda auf Augenhöhe fahren würde. In dieser Hinsicht enttäuschte er jedoch anfangs der Saison. Zweifel wurden laut, ob er noch das Niveau eines Formel-1-Fahrers besitze. Erst seit dem Kanada-Wochenende zeigt der Australier eine bessere Form, wurde den Erwartungen gerecht und holte in den letzten vier Rennen genauso viele Punkte wie sein Teamkollege.
"Es geht vor allem darum, so weiterzumachen, weiter auf diesem Niveau zu performen, von dem wir wissen, dass wir es können, und dann werden sich die Dinge von selbst ergeben", zeigte sich Ricciardo bei aller Ungewissheit zuversichtlich. Der achtfache Grand-Prix-Sieger ist von seinen Fähigkeiten überzeugt und richtet seinen Fokus darauf, sich in der Königsklasse zu behaupten: "Leistung ist alles. Ich muss selbst weiter dranbleiben und dann wird das meine Chancen, in der Startaufstellung zu bleiben, erhöhen."
Ricciardo setzt alles auf Red Bull: Trotz inkonstanter Leistung gewappnet für Verstappen?
Denn wenngleich Ricciardos Verbleib einerseits auf der Kippe steht, besteht andererseits immer noch die Option, dass es für ihn in der Formel 1 weitergeht - und zwar weiter nach oben. Schließlich wackelt der Sitz von Sergio Perez bei Red Bull mindestens genauso sehr wie der von Ricciardo. Aber ist die Formsteigerung, die Ricciardo seit dem Kanada-GP bemerkt, ausreichend für den Aufstieg ins Top-Team Red Bull?
"Ich denke, es hat auf jeden Fall geholfen", schätzte der RB-Pilot die Situation ein. Er sieht allerdings ein erhebliches Problem und das heißt Inkonstanz. Denn seine Leistungen waren nicht über die gesamte erste Saisonhälfte hinweg stabil, sondern steigerten sich erst gegen Sommer. "Es ist zwar besser geworden, aber ich kann nicht behaupten, dass das definitiv genug ist", gab Ricciardo zu.
Für seine Zukunft setzt der Australier weiterhin alles auf eine Karte: Entweder Red Bull oder gar nicht. "Ich möchte eigentlich nirgendwo anders sein", stellte Ricciardo in Zandvoort klar. Er sei glücklich über seine Rückkehr zur Red-Bull-Familie und wolle sich nicht durch andere offene Türen ablenken lassen. "Es ist eine Alles-oder-nichts-Strategie, aber ich denke, dass diese Herangehensweise auch das meiste aus mir herausholen wird, und wenn das immer noch nicht reicht, dann c'est la vie."
Von Liam Lawson verdrängt? Ricciardo: Performance ist mein bester Freund
Ein fehlendes Bekenntnis zu seinem Team lässt sich dem 35-Jährigen jedenfalls nicht vorwerfen. Ebenso wenig wie mangelndes Selbstvertrauen im Angesicht des potenziellen Erben seines Formel-1-Wagens. Liam Lawson, der Ricciardo in der vergangenen Saison verletzungsbedingt bei Racing Bulls ersetzte, erhielt von Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko bereits eine feste Zusage für ein Cockpit in der kommenden Saison. Gut möglich, dass es sich dabei um das RB-Cockpit von Ricciardo handelt, da man die Philosophie eines Junior-Teams wieder stärker verfolgen möchte.
Markos Zusage an den 22-jährigen Neuseeländer befürwortete der Australier dennoch: "Er [Lawson; Anm. d. Red.] hat einen großartigen Job gemacht und verdient einen Platz in der Startaufstellung. Wenn ihm der Platz im nächsten Jahr garantiert ist, finde ich das gut."
Aufstieg zu Red Bull? Verbleib bei Racing Bulls? Karriereende? Was das Versprechen des Red-Bull-Motorsportchefs gegenüber Lawson für Ricciardo selbst bedeutet, ist noch offen. Er vertraut unterdessen unbeeindruckt von der jungen Herausforderung weiter auf das, was in seiner eigenen Macht steht: "Performance ist mein bester Freund. Wenn ich das tue, was ich kann und wozu ich fähig bin, dann denke ich, dass ich in einer sehr guten Position bin, um im nächsten Jahr in der Familie zu bleiben. Wenn ich meine Leistung bringe, werden sie irgendwo einen Platz für mich finden."
Bleibt der Honey Badger der Formel 1 erhalten oder wird er nach dieser Saison das Lenkrad an den Nagel hängen? Die Meinung unserer Redaktion zu diesen und weiteren brennenden Fragen gibt es in diesem Video:
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