In der Formel 1 ändert sich technisch viel - aber eine Konstante ist seit Jahren, ja seit Jahrzehnten, allgegenwärtig. Biegsame Aerodynamik. Das Reglement lässt eigentlich keinen Spielraum, aber seit Ewigkeiten suchen die Teams Mittel und Wege, um die Tests der Regelhüter FIA auszutricksen. In Spa wurde der jüngste FIA-Konter gestartet. Ein Blick auf die Details.
Kurz eine technische Einführung: Biegsame oder bewegliche Aero-Elemente sind in der Formel 1 (abgesehen vom DRS-Element) verboten. Flügel müssen sich bis zu einem gewissen Grad aber verbiegen. Ein völlig steifer Flügel ist bei den hier vorherrschenden Kräften nicht möglich. Also definiert das Technische Reglement Limits.
Überwacht werden kann das aber nur schwierig. Lange setzte die Technik-Abteilung der FIA primär auf sogenannte "Statische Belastungstests." Wie der Name suggeriert, werden Flügel und dergleichen bei stehenden Autos belastet. Fahrende Autos kann man - natürlich - so nicht testen. Hier liegt das Problem. Teams begannen (angeblich) Flügel zu bauen, welche die Tests bestanden, sich aber trotzdem auf der Strecke verbogen.
FIA kämpft mit Onboard-Kameras gegen Flügel-Tricks
Daraus entstand eine prinzipiell simple Idee: Die Flügel an den fahrenden Autos mittels Onboard-Kameras zu überwachen. Bei den zuletzt 2021 groß im Fokus stehenden Heckflügeln konnte das ohne großen Aufwand eingeführt werden. Denn jedes Auto hat in der ganz oben auf der Airbox angebrachten sogenannten "T-Cam" sowohl eine nach vorne als auch eine nach hinten blickende Kamera.
Ein sich einfach nur sichtbar biegender Flügel ist aber kein Beweis - das kann auch innerhalb der Limits stattfinden. Um mittels dieser Aufnahmen die Biegsamkeit des Heckflügels verlässlich zu bewerten, wurden die Teams dazu verpflichtet, Markierungen auf ihren Heckflügeln anzubringen. Das sind die in klar sichtbaren Farben gehaltenen Punkte. Sie dienen als Referenz.
2023 begann sich die Flexi-Flügel-Debatte nach vorne zu verlagern. Schon für den letztjährigen Singapur-GP wurden verschärfte Maßnahmen angekündigt. Die Lösung der Onboard-Kameras ist vorne jedoch nicht so einfach möglich. Zwar gibt es auch an der Nase montierte Onboard-Kamera-Gehäuse. Doch der daraus mögliche TV-Ausschnitt blickt direkt nach vorne. Vom Frontflügel ist nur wenig zu sehen.
So sehen die neuen Frontflügel-Kameras aus
Weil die Zweifel 2024 weiter anhielten, wurde eine technische Lösung entwickelt. Die normale Nasen-Kamera wird mit einer schräg nach vorne auf die Endplatte schielenden FIA-Kamera ersetzt. Die wird von den Regelhütern bereitgestellt, ist 50 Gramm schwer. Die Referenzpunkte werden innen auf die Endplatte platziert.
Weil das kleine Umbauten verlangt, und obendrauf ein Entfernen der eigentlich für die internationale TV-Regie gedachten Onboard-Kameras, sind diese neuen Checks allerdings auf Freitagstrainings beschränkt. Mindestens drei Tage vorab wird die FIA sich bei jenen Teams melden, die am nächsten Wochenende für die Checks ausgewählt werden.
Für Samstag werden die Kameras wieder zurückgetauscht. Hat ein Team etwa bestimmte Aero-Testprogramme vor und möchte dafür das Auto in seiner tatsächlich für das Qualifying und Rennen relevanten Form belassen, kann es um eine Ausnahme ansuchen. Davon gibt es aber für den Rest des Jahres nur mehr eine pro Team.
Weitläufiger Kampf gegen Tricks der Formel-1-Teams
Es sei an dieser Stelle festgehalten, dass trotz regelmäßiger Verschärfungen seit 2021 keine einzige Strafe, ja nicht einmal eine einzige Ermittlung wegen biegsamer Aero-Elemente eingeleitet würde. Und an dieser Stelle sei wiederum festgehalten, dass alle dieser Änderungen immer eine Vorlaufzeit haben. Teams werden nicht über Nacht mit neuen Kameras oder verschärften Tests konfrontiert.
Wittert ein Team also Gefahr, dann gibt es normalerweise genug zeitlichen Puffer, um neue Teile zu bringen. Bis auf Spekulationen kam daher in den letzten drei Jahren der Flexi-Flügel-Jagd nichts zustande. Trotzdem äußern die Teams immer wieder Zweifel. Wenn schon nicht öffentlich, so ist es zumindest gebräuchlich, Hypothesen an die FIA zu übermitteln, um verschärfte Tests zu provozieren.
In der jüngeren Vergangenheit kam das wieder regelmäßiger vor. 2021 kamen neben den Heckflügel-Punkten auch verschärfte statische Tests mit teils Verdopplung der angelegten Kräfte. 2023 wurden in einer Technischen Direktive - einer nicht öffentlichen Klarstellung des Technischen Reglements - umfangreiche Definitionen dargelegt, was genau "Verbiegung" denn umfasst, und damit Grauzonen geschlossen.
Auch die Flügel-Kameras von 2024 wurden per Technischer Direktive, TD034, eingeführt. Verschärfte Belastungstests sind nicht dabei. Könnten aber eingeführt werden, wenn entsprechende Beobachtungen des Video-Materials Verdachtsmomente aufkommen lassen.
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