"Flexi-Flügel", also sich verbiegende Flügel-Elemente, sind in der Formel 1 seit Jahren heißes Thema. 2023 geht es in die nächste Runde. Ab dem Singapur-GP verschärfen die Regelhüter des Automobilverbands FIA die Richtlinien. Es geht der Verdacht um, dass schon wieder getrickst wird.

Ab dem Singapur-Wochenende soll eine neue Technische Direktive greifen, also eine ergänzende Klarstellung zum Technischen Reglement der Formel 1. Denn an und für sich ist die Sachlage klar: Biegen oder Bewegen aus aerodynamischen Zwecken darf nicht sein. Egal, ob das Auto die im Reglement festgelegten Tests besteht oder nicht.

Suspekte Flügel im Formel-1-Fahrerlager?

Das Grundproblem ist stets ähnlich: Das Technische Reglement fordert, dass sich alle aerodynamisch relevanten Komponenten zum einen nicht verbiegen dürfen, und sich zum anderen nicht relativ zu anderen Komponenten bewegen dürfen. Verkleidung und Flügel an einem F1-Auto können bei der immensen Belastung aber nicht völlig steif sein. Und außerdem kann während der Fahrt nicht einfach gemessen werden, ob sich etwas verbiegt.

Also gibt es Limits. Um die zu überprüfen, verlässt sich die FIA daher zuerst einmal auf im Reglement festgeschriebene Belastungstests am stehenden Auto. Die FIA-Techniker gehen aber auch mit Überraschungs-Inspektionen über diese vorgegebenen Tests hinaus. Bei solchen Inspektionen kamen bei mehreren Autos jüngst Zweifel auf, ob alle Teams das Reglement gleich interpretieren.

Ein F1-Heckflügel: Endplatten sind die äußeren vertikalen Teile, Pylone bezeichnen die schwarze schwanenhalsartige Halterung in der Mitte, Foto: LAT Images
Ein F1-Heckflügel: Endplatten sind die äußeren vertikalen Teile, Pylone bezeichnen die schwarze schwanenhalsartige Halterung in der Mitte, Foto: LAT Images

Die neue Technische Direktive soll diese Graubereiche eliminieren. Die Teams müssen bis zum Singapur-Freitag zu diesem Zweck ihre Flügel-Designs an die FIA übermitteln und damit zeigen, dass sie dem Reglement entsprechen. Das beinhaltet Querschnitts-Zeichnungen und Fotos davon, wie die Frontflügel-Elemente an der Nase und wie die Heckflügel-Elemente an der hinteren Crash-Struktur und an den Pylonen befestigt sind.

FIA schließt Flexi-Flügel-Lücken: Breites Eingreifen

Neue Tests gibt es keine. Die FIA definiert jetzt in "TD018" viel mehr im Detail, was sich denn nun verbiegen darf und was nicht. Hervorgehoben wird: Das Verbiegen oder möglicher Spielraum bei Komponenten darf nicht durch darauf abzielende Designs ausgenutzt werden.

In vier Punkten werden mehrere Möglichkeiten unmissverständlich als "nicht erlaubt" abgestempelt. Es wird klargestellt, dass sich Flügel-Elemente relativ zur Referenz (das ist zum Beispiel die Nase oder die Flügel-Endplatte) nicht nach oben, längs, oder seitwärts bewegen dürfen. Genauso wenig dürfen sie rotieren.

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Verboten sind außerdem Flügel, die sich durch biegsame Komponenten verschieben oder von der Referenzebene wegbewegen könnten. Hervorgehoben werden elastische Leisten, biegsame Bereiche des Flügelprofils, oder dünne flexible Laminierungen an Übergängen. Auch explizit verboten sind jetzt "weiche" Flügel-Oberkanten, welche Risse bei der Montage verhindern sollen.

Nur eine Handvoll Ausnahmen gibt es, wo sich an Verkleidung und Flügel eines Formel-1-Auto noch etwas bewegen darf. Am Unterboden sind biegsame Materialien noch erlaubt, um hier Fahrer, Chassis, Motor und Getriebe vor Stößen zu schützen, wenn das Auto aufsitzt. Außerdem darf sich eine Lücke an den verstellbaren Frontflügel-Flaps bewegen, aber nicht um mehr als einen Millimeter bei Volllast öffnen.

Das Problem der flexiblen Aerodynamik ist seit Jahren vorhanden. 2021 wurden die statischen Belastungstests deutlich verschärft. Teams hatten es mit ausgefallenen Karbonstrukturen geschafft, dass die Heckflügel bei den statischen Tests steif blieben, sich aber bei der realen Belastung auf der Strecke verbogen. Im gleichen Jahr wurden auch Markierungen auf den Heckflügeln eingeführt, um die Biegsamkeit mittels der Onboard-Kameras zu checken.