An jedem Donnerstag gibt es für die ganze Formel 1 einen Pflichttermin im Ferrari-Motorhome. Carlos Sainz spricht. Inzwischen ist fast ein halbes Jahr vergangen, seit er sich aufgrund von Ferraris Verpflichtung von Lewis Hamilton auf die Suche nach einem neuen Job machte. Während andere Fahrer und Teams zunehmend unruhig werden, kehrt Sainz seinen inneren Egoisten hervor - und macht den Prozess noch langsamer.
Fest steht: Mindestens Audi-Sauber, Williams und Alpine haben Interesse daran, Sainz für 2025 zu holen. Da der Spanier klar die beste Option auf dem Markt ist, sind alle drei Teams bereit, sich Sainz' Hinhalte-Taktik zu fügen. Diese Tatsache kostet Sainz inzwischen voll aus. Vor einem Monat verkündete er noch: "Ich will nicht mehr viel länger warten." Davon ist am Donnerstag vor Ungarn nichts mehr zu hören.
Wird die Hinhalte-Taktik von Carlos Sainz für 2025 belohnt?
"Ja, die Teams sind sehr geduldig, und dafür bedanke ich mich, aber ich muss auch geduldig sein", meint Sainz. "Ist ja nicht so, dass ich hier der Einzige bin, der etwas entscheidet. Ich musste meine Geduldspille nehmen, Geduld haben." Seine Geduld wurde wohl erst vor wenigen Wochen damit belohnt, dass sich auch Alpine ihm annäherte.
Obendrauf scheint auch Mercedes erneut Interesse am Spanier zu zeigen. Mangels Alternativen, falls man den Teenager Andrea Kimi Antonelli doch noch nicht im Schnellverfahren ins Werkscockpit neben George Russell stecken möchte.
Die Optionen unterscheiden sich stark. Ist Mercedes tatsächlich interessant, so wäre Sainz dort wohl nur eine Brückenlösung, um Antonelli andernorts besser vorzubereiten. Die anderen Teams würden den Spanier gerne langfristig binden, und er hätte auch gerne einen langfristigen Deal - nur gibt es keine Garantie, dass Sauber, Williams oder Alpine beim Regel-Umschwung 2026 auch den versprochenen Schritt nach vorne machen.
Besonders die langfristigen Optionen verlangen daher ein sorgsames Evaluieren. Auch, wie die langfristigen Pläne dieser Teams aussehen, um sich in ein paar Jahren zu Siegern zu wandeln. Sainz weicht in Ungarn entsprechend der Frage aus, ob er einen Vertrag bei einem Top-Team mit kurzer Laufzeit oder einen langfristigen Platz bei einem (zumindest gegenwärtigen) Hinterbänkler lieber hätte: "Alles macht Sinn."
Sainz lassen ungeduldige Kollegen kalt: Muss egoistischer sein
Die auf ihn wartenden Teams und Fahrerkollegen werden währenddessen etwas frustriert. Sainz ist das egal: "Sicher bin ich mir dem bewusst, aber ich wüsste nicht, was sich ändern würde. Ich ändere nur das Timing. Ich glaube nicht, dass ich bei irgendwem das Ergebnis ändere. Alle Teams haben inzwischen wohl ihre Prioritäten und ihre vorbereiteten Entscheidungen für jedes Szenario, oder?"
Besonders Williams soll Alternativen sondieren. Sainz bleibt ruhig: "Dieser Sport und diese Welt haben mich gelehrt, ein bisschen egoistischer zu sein, auf mich selbst zu schauen und dann eine Entscheidung zu treffen, wann ich sie treffen muss. Wenn ich alle Optionen auf dem Tisch habe. Wenn ich bereit bin, eine Entscheidung zu treffen. Wenn ich nichts überstürze, was ich nicht muss."
"Ich verstehe auch nicht wirklich, warum der Markt sich dieses Jahr so früh dreht", wundert sich Sainz. "Warum alle so einen Stress haben. Ich weiß noch, dass es früher rund um die Sommerpause war. September, Juli, das waren die Zeiten, zu denen diese Dinge abliefen."
Inzwischen ist Sainz, anders als noch vor ein paar Wochen, komplett davon abgerückt, einen Zeitrahmen öffentlich zu machen. Er reagiert nur mehr mit Humor: "Auf jeden Fall komme ich mit jeder Woche, oder mit jedem Tag der Entscheidung näher! Aber ich war mit der Fußball-EM beschäftigt, also konnte ich noch keine Entscheidung treffen, sorry!"
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