Die Krise von Sergio Perez in der Formel 1 hält 2024 seit Wochen an. Nachdem der Red-Bull-Pilot zu Saisonstart eigentlich zuerst mit Podien in Serie den Eindruck hinterließ, dass er seine monatelangen Probleme aus dem Vorjahr hinter sich gelassen hat, kehrten diese inzwischen mit Vehemenz zurück. Sodass selbst Gerüchte um einen Austausch in der Sommerpause aufkommen.

Bei Red Bull gäbe es Präzedenzfälle. Max Verstappen kam 2016 für den fehleranfälligen Daniil Kvyat, und Pierre Gasly musste sein Cockpit 2019 an Alex Albon abtreten. Motorsport-Magazin.com analysiert die Zahlen, um den Ernst der Perez-Lage klar darzustellen.

Perez raus, Ricciardo rein?! Kommt es zum Red-Bull-Fahrerknall? (10:00 Min.)

Böse Vergleiche: Wenn Sargeant & Hülkenberg besser sind

Was an den letzten Wochenenden aufkam, das sind inzwischen die ganz üblen Statistik-Anomalien. Etwa die nüchterne Feststellung, dass Logan Sargeant im Qualifying-Vergleich mit Perez mit 3:11 aussteigt. Beide haben drei Q1-Exits. Damit steht Sargeant gegen Perez besser da als gegen Alex Albon (3:11).

Ebenso böse sind Vergleiche mit Nico Hülkenberg. Der hat in den letzten sechs Rennen mehr Q3-Auftritte als Perez (3 zu 2) und hat um einen Punkt mehr als Perez (16 zu 15). Das sind aber wie festgehalten statistische Anomalien am Rande, oft erzeugt durch Fehler. Wie sieht es in den zählbaren Metriken aus? Und wie schneidet Perez im Vergleich zu seinen Red-Bull-Vorgängern ab?

Sergio Perez wird durch miserablen Rückfall 2024 nur schwer tragbar

Das zweite Saisonviertel ist Perez' Problem. Lag er im ersten noch im Plansoll als Verstappens Nummer zwei, so ist er in den letzten sechs Rennen mit 15 Punkten neuntbester Fahrer. Verstappen und Lando Norris, die Top-Scorer, holten in diesem Zeitraum im Gegenzug nur an je einem Wochenende weniger als 15 Punkte. Neunter bei Vier Top-Teams - es taucht Hülkenberg wieder auf. Der ist Achter, holte in nur zwei Rennen 16 Zähler.

Haas-Pilot Nico Hülkenberg verteidigt Platz 6 vor Sergio Perez im Red Bull
Sergio Perez musste in Österreich auch auf der Strecke gegen Nico Hülkenberg kämpfen, Foto: LAT Images

Offensichtlicher wird die Perez-Belastung bei einem Blick auf die Entwicklung der Konstrukteurs-Punkte in diesen sechs Rennen. McLaren gewann trotz bei weitem nicht optimierten Wochenenden auf Red Bull 37 Punkte, Mercedes 23. Im Schnitt muss McLaren ab jetzt 7 Punkte pro Rennen aufholen, um Weltmeister zu werden.

TeamPunkte seit ImolaGewinn/Verlust auf RBRverbleibender Rückstand
Red Bull134--
McLaren171+ 3778
Mercedes157+ 23152
Ferrari115- 1971

Nur eine fehleranfällige McLaren-Mannschaft und ein stets wechselndes Kräfteverhältnis erkaufen Red Bull aktuell Zeit. Ferrari, im ersten Viertel erster Jäger, stürzte ab, verlor im zweiten sogar 19 Punkte. Dafür sind McLaren und Mercedes Red Bull jetzt grundsätzlich ebenbürtig.

Muss Red Bull Perez austauschen? Vergleiche mit Verstappen-Opfern

Damit ist statistisch klar, dass Red Bull als One-Man-Show die Konstrukteurs-WM zu entgleiten droht. Und damit sind auch die Spekulationen über einen Perez-Austausch in der Sommerpause gegen Daniel Ricciardo oder Liam Lawson erklärt. Zuletzt griff Red Bull 2019 zu diesem drastischen Mittel und schoss Pierre Gasly ab.

Alex Albon stolperte im zweiten Cockpit danach jedoch ebenfalls eineinhalb Jahre nur von Rennen zu Rennen, ehe er gegen Perez ausgetauscht wurde. Albon hielt sich damals nur so lange, weil Red Bulls Juniorkader zu dem Zeitpunkt ausgedünnt war, und im zweiten Team mit Gasly und Daniil Kvyat zwei bereits Gescheiterte saßen. Es bietet sich also ein Vergleich der ersten 12 Rennen der jeweiligen Krisenjahre an. Mit dem Rückstand pro Grand-Prix-Qualifying auf Max Verstappen.

Die Saison begann Perez wie angesprochen in annehmbaren Rahmen. 3 Zehntel Rückstand auf Verstappen hätten Red Bull gereicht. Es ist der Schnitt, den er in seiner besten Saison beim Team, 2022, hatte. Es war damals die statistisch beste Qualifying-Saison gegen Verstappen seit Daniel Ricciardo 2018. Der strich damals zwar ebenfalls eine klare Niederlage ein, hielt den Verlust aber in Grenzen.

Max Verstappen vs. Alle Red-Bull-Fahrer seit 2018 im Qualifying

FahrerEndstandRückstandin %Startplatz
vs. Ricciardo '1811:50,1530,18 %5,6 zu 5,5
vs. Gasly '1910:10,4260,54 %4,1 zu 7,7
vs. Albon '197:00,6090,67 %3,1 zu 7
vs. Albon '2016:00,6490,75 %3,1 zu 6,9
vs. Perez '2120:10,5280,62 %2 zu 6,4
vs. Perez '2218:40,3220,43 %2,6 zu 5
vs. Perez '2325:20,5890,72 %2,3 zu 8,2
vs. Perez '2415:00,4970,67 %1,9 zu 7,5

Perez' Problem ist, dass er 2023 und 2024 nun auf jenem Niveau fährt, welches einst Albon den Job kostete. Tatsächlich ist Gaslys 2019er-Statistik nach wie vor die zweitbeste seit dem Ricciardo-Abgang, nur von Perez' 2022 getoppt. 2024 ist Perez' Qualifying-Bilanz übrigens die schlechteste im Feld. Kein anderer Fahrer liegt im Schnitt fast fünf Zehntel zurück und konnte weder in einem Sprint- noch GP-Qualifying einen Stich machen.

Natürlich illustrieren diese Qualifying-Statistiken auch, wie schwer es ist, im zweiten Red Bull zu bestehen. Ricciardos 2018 ist schon lange her, und seitdem ist Verstappen als Fahrer zweifelsohne gewachsen. Perez' 2022 aber zeigt: Eine halbe Sekunde muss nicht sein. Und 2024 hat der Red Bull RB20 sicher keine halbe Sekunde Vorsprung auf alle im Qualifying, um Problem-Tage von Perez in der Ergebnisliste zu kaschieren.

In diesem Fenster sitzen mindestens zwei McLaren, zwei Mercedes und zwei Ferrari. Das Perez es besser kann, hat er sogar 2024 bereits im ersten Saisonviertel bewiesen. Aber das ist inzwischen lange her. Und die Statistik zeigt: Tatsächlich sind eher 2022 und die ersten sechs Rennen 2024 positive Ausreißer. Und das Negative das Standard-Programm. So kann es aus Team-Sicht nicht weitergehen.