Weiter hätten zwei Teamkollegen im Q3 nicht auseinanderliegen können: Während Lando Norris sich mit der Qualifying-Bestzeit die Pole Position für den Großen Preis von Spanien sicherte, konnte Oscar Piastri überhaupt keine Zeit setzen. Bei beiden Versuchen, eine schnelle Runde zu fahren, unterlief dem jungen Australier im letzten Sektor ein Fehler. Damit machte er sich eine bessere Startposition für das Rennen der Formel 1 am Sonntag zunichte.

Oscar Piastri: Pole Position war unmöglich

Die Erwartungen hatte Piastri nach den durchwachsenen Trainingsergebnissen ohnehin nicht allzu hoch gesteckt: "Es war sicher nicht zu erwarten, dass ich die Pole hole. Es wäre vielleicht bestenfalls P7 oder P8 gewesen. Dementsprechend habe ich nicht das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben, der mich ein großartiges Ergebnis kostete."

Dass die Pole Position mit dem McLaren durchaus erreichbar war, zeigte sein Teamkollege Norris mit einer fehlerfreien Vorstellung. Woran es aber lag, dass es auf seiner Seite in der Qualifikation so viel schlechter lief, kann sich Piastri selbst nicht erklären. "Ich war einfach nicht auf der Höhe mit meiner Pace", lautete die ehrliche Einschätzung seines bisherigen Wochenendes.

"Andere Teams haben ein bisschen schneller losgelegt. Red Bull war von Anfang an stark. Sie kämpften nicht wie an den vorherigen Wochenenden damit, die Pace zu finden", so Piastri. Währenddessen kam der McLaren-Pilot nicht schnell genug auf Betriebstemperatur und fand keinen Rhythmus. Auch seinem Teamkollegen hinkte er in Barcelona schon das ganze Wochenende deutlich hinterher. Die Resultate von Piastri in den Trainings (P6 in FP1, P7 in FP2 und P10 in FP3) lassen das Qualifikationsergebnis nicht überraschend erscheinen.

Sabotage-Vorwürfe bei Mercedes und Comeback von Flavio Briatore bei Alpine - in der Formel 1 ging es am Trainingsfreitag auch abseits der Strecke richtig rund. Außerdem: Was bringen die Updates bei Ferrari & Co. und welchen Herausforderungen begegnet Red Bull in Spanien? Alle News aus der F1-Welt fasst Christian in diesem Video zusammen:

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Im Qualifying-Duell steht es bei McLaren jetzt 7:3 für Norris. Nur die Qualifyings in Saudi-Arabien, Imola und Monaco hat Piastri auf der Haben-Seite. An den Wochenenden, an denen Norris schneller als Piastri war, qualifizierte sich Piastri aber oft nur eine oder zwei, maximal drei Positionen hinter Norris. Demnach ist Spanien das erste Wochenende in der Formel-1-Saison 2024, an dem Piastri eine ernsthafte Niederlage einstecken muss.

Ratlosigkeit bei Piastri: Woher kommt das fehlende Vertrauen?

Piastri deutete an, dass sich das Auto an diesem Wochenende von Anfang an nicht so natürlich angefühlt hätte wie in den letzten vier bis fünf Rennen. Somit hätte er nicht das volle Potenzial ausschöpfen können. Mit den Upgrades stehe das unnatürliche Fahrzeuggefühl aber nicht in Zusammenhang - ganz im Gegenteil: "Seitdem die Upgrades ans Auto gebracht wurden, war es in Miami und dann in Imola wirklich gut zu fahren. Vor allem in Imola habe ich mich von der ersten Runde an sehr wohl gefühlt. Das Auto hat sich seitdem nicht verändert. Aber an diesem Wochenende, woran auch immer es liegt, ist es viel schwieriger zu fahren."

Ebenso konnte Piastri keinen spezifischen Streckenabschnitt identifizieren, der ihm Probleme bereite: "Es war ein bisschen willkürlich, was für mich ein Indikator dafür ist, dass ich einfach nicht viel Vertrauen in das Auto hatte. In einer Session war es die eine Kurve, in der nächsten eine andere. Der letzte Sektor war ein bisschen schwierig, aber nie aus demselben Grund." Dass ihm letztlich immer der dritte Sektor zum Verhängnis wurde, fällt auch in einer detaillierteren Betrachtung von Piastris Q3-Versuchen auf.

Q3-Drama: Fehler kosten Piastri gute Rundenzeit

Bei seinem ersten Run auf Soft-Reifen kam er wegen eines kleinen Fehlers in Kurve 10 zu weit raus und seine Rundenzeit von 1:12:542 wurde wegen Überschreitung der Track Limits gestrichen. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Referenzzeit von Verstappen 1:11:673 und Norris fuhr eine 1:11:796, was den nicht unerheblichen Pace-Unterschied offenbart. Piastris Rundenzeit hätte, nachdem alle Zehn ihren ersten Q3-Versuch absolviert hatten, theoretisch für Platz 7 gereicht.

Mit noch knapp zwei Minuten auf der Uhr setzte der Australier zu seinem zweiten Versuch einer fliegenden Runde an. Bei diesem Versuch passierte ihm sogar ein noch gröberer Schnitzer in Kurve 12. Piastri rutschte kurzzeitig ins Kiesbett und war daraufhin gezwungen, seine Runde abzubrechen. Zuvor sahen seine Sektor-Zwischenzeiten dieser Runde recht ordentlich aus. Er fuhr mindestens auf Augenhöhe mit Sergio Perez, war zeitweise sogar minimal schneller, womit er mutmaßlich eine Top-8-Platzierung hätte erreichen können.

Was den Ausrutscher betrifft, geht die Ratlosigkeit bei Piastri weiter. Denn nicht einmal hierfür hatte er eine eindeutige Erklärung parat: "Meine Runde war zu diesem Zeitpunkt nicht besonders gut, also wusste ich, dass ich nicht wirklich etwas zu verlieren hatte. Das Auto hat einfach massives Untersteuern bekommen. Ich weiß nicht, ob ich versucht habe, ein bisschen zu viel Geschwindigkeit mitzunehmen oder ob es eine Windböe war oder was auch immer. Aber ja, es war einfach kein vorhersehbarer Tag, was das Verhalten des Autos anging."

McLaren-Pace macht Mut: Müssen Punkte holen!

Obwohl sie über Nacht nichts Gravierendes an den Abstimmungen des MCL38 geändert hätten, sei das Gefühl im Auto am Freitag besser gewesen als am Samstag. Für die Schwierigkeiten gebe es daher keine wirkliche Erklärung, so Piastri. Klar sei aber, dass die teaminterne Aufarbeitung des verpatzten Tages unmittelbar erfolgen muss: "Wir müssen uns die Dinge jetzt ansehen und morgen versuchen, ein paar Punkte gutzumachen."

Oscar Piastri in der Garage vor dem Qualifying zum Großen Preis von Spanien 2024
Nach Qualifying-Enttäuschung setzt Oscar Piastri seine Hoffnung in den McLaren-Renntrimm, Foto: LAT Images

Die gute Longrun-Pace, die er im zweiten Training am Freitag fahren konnte, gibt dem Formel-2-Meister von 2021 Zuversicht für das Rennen. Nichtsdestotrotz ist er sich bewusst, dass es von Position 9 aus (wegen einer Startplatzstrafe wird Perez um drei Plätze nach hinten versetzt) ein hartes Rennen auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya wird. Der Kurs ist weniger für seine Überholfreudigkeit denn für Strategie-Schlachten bekannt. Dass es zwischen den vier Top-Teams Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes zurzeit so eng wie schon lange nicht mehr zugeht, erschwert die Sache mit dem Überholen zusätzlich.

Mut macht der McLaren-Teamchef Andrea Stella trotzdem: "Wir wissen, dass die Pace da ist, und morgen ist die Situation eine ganz andere. Wir werden uns neu aufstellen und schauen, was wir verbessern müssen. Wir freuen uns darauf, das Rennen in einer besseren Position zu beenden als wir es beginnen und wichtige Punkte für das Team zu holen."