Eine schwarze Andretti-Wolke schwebt über der Formel 1. Monate sind seit der offiziellen Ablehnung von Michael Andrettis F1-Team vergangen, doch so einfach nimmt die amerikanische Mannschaft das nicht hin. In den letzten Wochen spitzt sich die Lage nun mit Rechtsstreit-Potenzial zu. Und nun werden Anschuldigungen um ein kontroverses Treffen erhoben.

Es geht um ein Meeting, das am Rande des Miami-GPs anberaumt wurde. Zum einen mit Vertretern von Liberty Media, dem kommerziellen Rechteinhaber der Formel 1. Eben jenem Unternehmen, das Andretti den Einstieg verweigerte, nachdem der von ihren Partnern im Internationalen Automobilverband FIA schon angenommen worden war. Auf der anderen Seite des Tisches saß Mario Andretti, Weltmeister von 1978, und Vater von Teameigentümer Michael Andretti.

F1-Boss droht Andretti?! Fährt das Team nie in der Formel 1? (09:14 Min.)

Gegenüber dem US-Medium NBC deponiert Andretti Senior nun seine Version der Ereignisse. Am Samstagmorgen habe sich das Treffen zugetragen, ein Frühstück in Miami mit ihm, F1-CEO Stefano Domenicali, und Domenicalis Boss Greg Maffei, dem CEO von Liberty Media. Die beiden Liberty-Vertreter wollten von Andretti mehr über dessen Besuch beim US-Kongress wissen.

Andretti schiebt Untersuchungen in der US-Politik gegen die Formel 1 an

Denn Ende April war Andretti nach Washington gereist, um Mitgliedern des US-Repräsentantenhauses den Fall darzulegen. Wenige Tage später wurde eine erste Untersuchung angekündigt. Diese ist zwar nicht strafrechtlich, sondern informativ, aber die Formel 1 wurde bereits in die Pflicht genommen. Es wurden Dokumente und ein Briefing eingefordert. Mehr dazu gibt es hier:

Am 21. Mai wurde diese Untersuchung im Repräsentantenhaus durch eine erste Wortmeldung aus dem Senat ergänzt: Die vorsitzende Senatorin aus dem Justiz-Unterausschuss für Kartellrecht und fünf ihrer Kollegen übermittelten laut NBC einen Brief an die Kartellrechtsabteilung des Justizministeriums und an die Bundeshandelskommission FTC. Diese beiden Körper hätten sehr wohl die Möglichkeit, Ermittlungen mit Straffolgen durchzuführen.

Die Anschuldigung: Die Formel 1 schützt ihre bestehenden zehn Teams und ausländische Hersteller vor Wettbewerb. Und benachteiligt damit ein amerikanisches Team, das außerdem mit einem amerikanischen Hersteller (General Motors und Cadillac) zusammengespannt hat. Das könnte gegen US-Kartellrecht verstoßen, argumentieren die Senatoren. Zwei von ihnen vertreten Michigan, den Heimat-Bundesstaat von General Motors. Ein weiterer vertritt Andrettis Heimatstaat Indiana.

Gerieten Andretti und Formel-1-Management in Miami aneinander?

Andretti will im Miami-Treffen mit Domenicali und Maffei dargelegt haben, dass diese Initiativen nicht von ihm ausgingen. Vielmehr hätten die US-Politiker sich bei ihm gemeldet, nachdem Red Bull in Washington einen F1-Showrun veranstaltet hatte. Das habe laut Andretti das F1-Interesse der Politiker geweckt, und sie wollten nun von ihm eine Wasserstandsmeldung.

"Und just, als ich das Stefano erklären wollte, hat Greg Maffei, Mr. Maffei das Gespräch unterbrochen und gesagt: 'Mario, ich möchte dir sagen, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um sicherzustellen, dass Michael nie in die Formel 1 einsteigt", so Andretti. Danach sei Maffei gegangen.

Mario Andretti, Dan Towriss und Michael Andretti (Andretti Global) bei Fabrik-Eröffnung von Andretti-Cadillac in Silverstone.
Mario Andretti (l.) und Michael Andretti (r.) bei der Eröffnung der neuen Fabrik in Großbritannien, Foto: Andretti Global

Andretti war schockiert vom Verhalten: "Ich konnte es nicht glauben. Das hat mich umgehauen. Wir sprachen über Geschäftliches. Ich wusste nicht, dass es so persönlich war. Das war wirklich, mein Gott, ich konnte es nicht glauben. Es war wie eine Kugel durch mein Herz."

Vonseiten des Formel-1-Managements wird diese Darstellung in Zweifel gezogen. NBC zitiert auch eine anonyme Quelle aus dem Liberty-Umfeld, laut der Andretti das Gespräch beim Frühstück initiiert habe. Dabei habe Maffei ihm gegenüber erklärt, dass man die Bewerbung seines Sohnes aus guten wirtschaftlichen Gründen abgelehnt hätte.

Wie geht es für Andretti und die Formel 1 weiter?

Das politische Spielfeld blieb in den letzten Wochen überwiegend Andretti Senior überlassen, obwohl es das Team seines Sohnes Michael ist. Der hielt sich mit öffentlichen Bekundungen bisweilen zurück.

Stattdessen lässt er Taten sprechen. In den letzten Wochen wurde in Großbritannien eine Zweigniederlassung des in Indianapolis beheimateten Teams mit Fokus auf den Formel-1-Einstieg gegründet. Erst vor wenigen Tagen bestätigte Andretti außerdem die Verpflichtung des Technik-Veteranen Pat Symonds als Berater. Ausgerechnet Symonds, der davor jahrelang als Chief Technical Officer der Formel 1 tätig war.

Vonseiten der Formel 1 gibt es keinen offiziellen Kommentar, seit man Andretti Ende Januar 2024 abgelehnt hat. Aus gutem Grund. Wie bereits erwähnt wurde bislang nur eine Kongress-Ermittlung angestoßen, kein Strafverfahren. Es heißt abwarten, wie in den nächsten Wochen und Monaten Justizministerium und Bundeshandelskommission reagieren.