Die Entscheidungen der Stewards werden in der Formel 1 immer stärker diskutiert, und das nicht nur, weil Kevin Magnussen kurz vor einer Rennsperre steht. Vor dem Rennen in Imola beziehen mit Fernando Alonso, Carlos Sainz und besagtem Magnussen drei Fahrer klar Stellung. Ihre Anliegen sind vielfältig, aber wichtig für den Sport.

Carlos Sainz: Die bestrafen die Folgen, nicht die Aktion!

"Mir fällt es manchmal sehr schwer, es zu verstehen", meint Ferrari-Pilot Carlos Sainz in der Pressekonferenz in Bezug auf die Entscheidungen der Stewards. Und damit ist er nicht allein. "Ja, die Strafen waren wieder einmal inkonstant aus unserer Sicht", meint auch Landsmann Fernando Alonso. Dabei geht es nicht nur um eine Sache, sondern eine Vielzahl an Themen.

Polesetter Max Verstappen gewinnt im Red Bull den Start. Teamkollege Sergio Perez schießt Verstappen fast ab.
Sergio Perez bekam für einen massiven Verbremser in Kurve 1 keine Strafe, Foto: LAT Images

Zunächst einmal machte Sainz einen Punkt an seinem eigenen Rennen in Miami fest: "Checo [Perez] verbremste sich komplett am Start und nahm fast zwei Leute mit. Wir [er und Teamkollege Charles Leclerc, Anm. d. Red.] waren einfach im Glück, dass wir ausweichen konnten, und er verließ die Strecke. Es gab keine Konsequenzen im Sinne einer Kollision oder ähnlichem, aber es kostete mich eine Menge im Rennen. Er bekam keine Strafe."

Sainz selbst hingegen war später im Fadenkreuz der Stewards: "Ich verlor leicht die Kontrolle über das Auto, als ich Oscar [Piastri] überholte, und beschädigte leider seinen Frontflügel. Er verlor dadurch 15 Positionen und ich bekam eine 5-Sekunden-Strafe. Ich weiß, dass wir glauben, nicht auf die Konsequenzen zu blicken bei Strafen. Aber in diesem Fall war es aus meiner Sicht klar der Fall. Ich bin mir sehr sicher, dass ich ohne den Bruch an Oscars Frontflügel keine Strafe bekommen hätte und alle über ein gutes Überholmanöver sprechen würden." Nicht die Aktion wird bestraft, sondern deren Folgen, so also der Vorwurf.

Ferrari-Fahrer Carlos Sainz Jr. in der Pressekonferenz
Carlos Sainz versteht die Stewards immer weniger, Foto: LAT Images

'Let them race' war einmal: Magnussen will IndyCar als Formel-1-Vorbild

Perez bremste tatsächlich viel zu spät in Kurve 1, aber kam ohne Kollision davon. In anderen Fällen wird momentan jedoch scheinbar bei jedem kleinen Kontakt gleich untersucht und oftmals bestraft. Das ist auch Alonso nicht entgangen. "Wir hatten die Saison eigentlich unter dem Motto 'Let them race' begonnen", seufzte der zweifache Weltmeister. Kollisionen seien zumeist ohnehin in sich selbst eine Strafe: "Wir versuchen, keinerlei Kontakte zu haben. Wir wissen, wie sensibel diese Autos in der Aerodynamik sind. Selbst wenn wir durch das Kiesbett gehen - und das haben sie hier in Imola vergrößert - dann ist es fast wie ein Ausfall, weil du das Auto beschädigst und nur mehr sehr langsam bist. Also ist Kontakt auf der Strecke das letzte, was wir haben wollen."

F1-Sünder Kevin Magnussen stimmt mit ein: "Es wird zu kompliziert und es gibt zu große Konsequenzen. Man muss ein bisschen Raum lassen, dass man über das Limit gehen darf und dann wieder zurück." Der Däne erinnerte an die Ursprünge: "Wir alle kommen aus dem Kartsport und lernten dort, wie man gegeneinander Rennen fährt. Die Richtlinien dieses Jahr gehen teilweise gegen die natürlichen Dynamiken des Rennfahrens, die wir seit dem Kindesalter gelernt haben." Andere Rennserien hätten der Formel 1 da etwas voraus: "Ich bin in der IndyCar-Serie Rennen gefahren und da drüben sind die Regeln sehr einfach, aber klar. Und das Racing ist großartig."

Einfache Lösungen? Die gibt es nicht immer...

Im Falle seiner zahlreichen Strafen der letzten Wochen hat der Haas-Pilot einen Lösungsvorschlag: "Was Leute aufhalten und rausfahren uns so weiter angeht - also die Sachen, für die ich Strafen bekam -, kann das gelöst werden, indem sie uns einfach sagen, dass wir die Position wieder hergeben sollen. Und wenn wir das nicht machen, dann sollte die Strafe sehr hart sein."

Bei anderen Dingen wird es wohl mehr als einen einfachen Vorschlag brauchen. "Alle müssen das angehen: FIA, Teams und Fahrer müssen sich da einig werden, aber oft sind wir als Teams und als Fahrer uns schon nicht einig und bekämpfen uns gegenseitig. Das ist die größte Schwierigkeit, aber hoffentlich können wir das regeln", beschwört Alonso. Doch selbst im Falle einer Einigkeit der Fahrer und Teams ist nichts garantiert: "Es gab ein paar Fälle, besonders in den letzten zwei bis drei Jahren, wo beide Parteien sich einig waren, aber die Stewards dachten etwas anderes. Und das ist etwas Seltsames in diesem Sport." Das Thema Stewards wird also in Imola höchstwahrscheinlich nicht das letzte Mal besprochen worden sein.