Nur 43 Überholmanöver gab es beim Großen Preis von Japan 2024. Der Suzuka International Racing Course gilt gemeinhin als wenig überholfreundliche Strecke. An den Autos mit der Nummer 10 und 31 schienen die Kontrahenten trotzdem immer wieder problemlos vorbeizukommen. Auf dem Papier haben sich die Endpositionen von Esteban Ocon und Pierre Gasly gegenüber ihrer Startposition zwar nicht verschlechtert. Bedenkt man allerdings, dass drei Autos ausgefallen sind, ist das Ergebnis des französischen Formel-1-Teams auf Platz 15 und 16 in einem ganz anderen Licht zu sehen.

Haben die Updates von Alpine nichts gebracht?

Dabei startete Alpine, die mit Updates im Gepäck nach Japan gekommen sind, eigentlich vielversprechend ins Wochenende und Teamchef Bruno Famin berichtete zuversichtlich von der Entwicklungsarbeit, die auf Hochtouren laufe. Ebenso äußerte sich Pierre Gasly im Nachgang des Rennens positiv über die Upgrades, die sein Team für Japan am Wagen vorgenommen hat: "Sie scheinen zu liefern, was wir erwarten, aber es ist trotzdem immer noch nicht genug. Wir wissen, dass es uns an Performance fehlt und dass wir mehr davon [Upgrades, Anm. d. Red.] brauchen, denn es fehlt uns an Grip."

Weiter führte der 28-Jährige aus, dass es wichtig sei, das Momentum beizubehalten, einen kühlen Kopf zu bewahren und kontinuierlich neue Teile ans Auto zu bringen - am besten so schnell wie möglich. "Auch wenn es kleine Schritte sind, sind es kleine Schritte in die richtige Richtung", zeigt sich Gasly motiviert. Er verweist auf den Entwicklungsplan, der in ein paar Wochen weitere neue Teile vorsehe. Was es allerdings wirklich braucht, betonte der Alpine-Pilot, ist ein großes Update-Paket. "Es ist etwas Grundsätzliches, das im Moment mit dem Auto nicht so richtig klappt. Wir sind im Vergleich zum letzten Jahr ziemlich weit zurück. In der Fabrik tut sich offensichtlich viel und ich weiß, dass sie etwas finden werden." Teaminterner Zusammenhalt und Geduld seien das A und O.

Teamchef Bruno Famin legt den Fokus ebenfalls auf die Weiterentwicklung und stimmt mit ein: "Es fehlt uns an Pace. Wir müssen uns in allen Bereichen weiter verbessern und das Auto aufrüsten."

Differenzierter betrachtet Ocon nach dem Rennen den Entwicklungsstand: Die Fortschritte, die Alpine in der Qualifikation auf eine schnelle Runde gemacht hat, lobt er anerkennend. Dahingegen habe das Rennen gezeigt, wo sie wirklich stehen - nämlich ganz hinten, wo sie auch beim Saisonauftakt in Bahrain standen. "Es gibt einige Ähnlichkeiten zwischen hier [Japan, Anm. d. Red.] und Bahrain", stellt Ocon fest. Dies müsse sich das Team ansehen und daran arbeiten. Das Japan-Wochenende betrachtet er als guten Test, auf dem Alpine aufbauen könne, um "hoffentlich beim nächsten Rennen in Shanghai stärker zurückzukommen".

Welche Rolle spielte die teaminterne Startkollision für die Japan-Pleite?

Am Rennsonntag in Japan ging es für die Franzosen gleich unglücklich los: Bereits beim Restart nach der roten Flagge kamen sich ausgerechnet die beiden Teamkollegen Gasly und Ocon in die Quere. Nachdem Gasly der stehende Start beide Male hervorragend gelungen ist und er einige Positionen gut machen konnte, schilderte er die Situation beim zweiten Start folgendermaßen: "Ich bin an Esteban vorbeigekommen und ins Sandwich zwischen Yuki und Esteban geraten. Unglücklicherweise war ich in der Mitte. Yuki lenkte nach links ein, Esteban nach rechts und es kam zum Kontakt an der linken Seite mit Esteban."

Die Berührung mit seinem Teamkollegen ist für Gasly nicht ohne Konsequenzen geblieben. Der linke Teil seines Unterbodens wurde dabei weggerissen. "Ich hatte das ganze Rennen über eine schlechte Fahrzeugbalance. Es ging nur noch darum, auf der Strecke zu überleben und aus potenziellen Fehlern der anderen zu profitieren", klagt er und fügt hinzu: "Von da an war es ein sehr schwieriges Rennen, in dem wir nicht viel tun konnten, außer so hart wie möglich zu pushen." Auch Ocons Auto war nach dem Zwischenfall nicht mehr ganz intakt. "Beide Autos haben deutlich an Abtrieb verloren, was uns Leistung und Rundenzeit gekostet hat", erklärt Teamchef Famin. Das Rennen war somit für beide Alpine-Fahrer gelaufen.

Während Gasly im anfänglichen Rennunfall "einen massiven Einfluss" auf sein Rennen sieht, schätzt Ocon den Leistungsverlust durch die Beschädigungen, die beide Autos erlitten haben, nicht als enorm ein. Am miserablen Gesamtbild des Rennens hätte es seiner Meinung nach nichts verändert: "Letztendlich waren wir heute nicht schnell genug, um mit den anderen zu konkurrieren und sie nach dem Neustart hinter uns zu halten", legt der 27-Jährige die Karten offen auf den Tisch.

Was wurde bei der Strategie falsch gemacht?

Ocon benennt zudem die Reifen als große Problematik im Rennen: Der Verschleiß sei viel zu hoch gewesen. Obwohl er versucht habe, die Reifen so zu verwalten, dass sie am Ende noch Grip haben, hätten sie sehr schnell abgebaut. Die aggressiveren Strategieversuche des Rennstalls sind nicht aufgegangen. Am Funk reagierte er infolge der Aufforderung seines Renningenieurs, dass er jetzt pushen müsse, empört: "Ich pushe, wovon redest du?!"

Nach einer guten Anfangsphase, in der Ocon auf dem 11. Platz kurzzeitig an den Punkten schnupperte, musste er sich ab Runde 15 nach hinten orientieren. In Runde 19 wechselte er von Soft auf Hard. Die letzten 19 Runden bestritt er dann auf den Medium-Reifen. Im Ziel hatte der Franzose 22 Sekunden Rückstand auf Valtteri Bottas vor ihm.

Für Gasly, der auf Soft-Reifen startete, ging es schon ab Runde 13 ebenfalls nur noch nach hinten. In Runde 16 wurde er vom Team zum ersten Stopp reingeholt, fuhr 16 Runden lang harte Reifen und schließlich weitere 20 Runden bis zum Schluss auf neuen Hards.

Alpine-Fahrer Pierre Gasly
Der Soft-Reifen brach bei Gasly bereits nach wenigen Runden ein, Foto: LAT Images

Ab der Hälfte des Rennens ging für Ocon und Gasly nichts mehr vorwärts und die beiden letzten Plätze waren fest in ihrer Hand. Auf P16 und P17 bildete das Alpine-Duo lange Zeit das Schlusslicht der verbliebenen Rennteilnehmer, nachdem Alexander Albon und Daniel Ricciardo bereits nach einem Unfall beim ersten Start aus dem Rennen waren und Guanyu Zhou sein Auto wegen eines Getriebeproblems in der Garage abstellen musste. Nur Logan Sargeant, der nach seinem Ausritt ins Kiesbett in Runde 41 noch hinter den beiden Alpine-Piloten ins Ziel kam, schenkte ihnen schließlich jeweils einen Platz. Das Team aus Enstone bleibt beim WM-Stand nach dem vierten Saisonrennen weiterhin ohne Punkte auf Rang 10.

Alpine steht zurzeit definitiv nicht da, wo sie es dem Anspruch eines Werksteams nach eigentlich sollten. In diesem Performance-Check, in dem wir nach drei Rennen die erste Zwischenbilanz für die F1-Saison 2024 ziehen, entpuppen sie sich als klare Verlierer:

F1 Performance-Check 2024: Alpine & Mercedes enttäuschend! (15:00 Min.)