Am letzten Tag der Wintertests 2024 in Bahrain überraschte Mercedes mit einer neuen Vorderradaufhängung. Der F1 W15 hatte plötzlich den oberen hinteren Querlenker deutlich weiter unten am Chassis angebracht. Der Rest der Radaufhängung blieb identisch. Doch wie konnte Mercedes über Nacht so große Änderungen am Monocoque vornehmen?

Das Geheimnis wurde wohl schon bei der Präsentation des Autos verraten. Wer auf den Renderings genau hinschaute, konnte dort einen zusätzlichen Querlenker erkennen. Direkt unter dem gut sichtbaren Querlenker war ein deutlich dunkleres Exemplar angebracht.

Technik-Geheimnis bei der Präsentation des Mercedes-Formel-1-Autos F1 W15 für die Saison 2024.
Der 'Extra'-Querlenker war sogar aus mehreren Perspektiven zu sehen (Bild aufgehellt), Foto: Mercedes

Viele beachteten die Doppelung nicht. Einerseits war das Zusatz-Exemplar schwer zu erkennen, andererseits dachte man, dass Mercedes hier in die Irre leiten will. Man nahm das Computer-generierte Bild gar nicht richtig ernst, weil die Bremsbelüftung darauf komplett durchsichtig war und weil der Frontflügel dort noch konventionell gestaltet war. Beim Rollout am gleichen Tag zeigte das echte Auto einen Trick am Frontflügel, den es im Rendering nicht gab.

Nun ist aber klar, dass der zusätzliche Querlenker tatsächlich mehr zeigte, als Mercedes wohl wollte. Mercedes fährt nicht mit einem zusätzlichen Querlenker, kann den Anlenkpunkt am Chassis aber verschieben. Offenbar gibt es zwei unterschiedliche Aufnahmepunkte am Chassis.

Mercedes, Technik, Aufhängung
Die ersten Tage fuhr Mercedes mit weniger Anti-Dive, Foto: LAT Images
Mercedes, Technik, Aufhängung
An Testtag 3 war der Querlenker weiter unten angebracht, Foto: LAT Images

Dadurch kann die Fahrzeugkinematik relativ stark verändert werden. Durch den tieferen Punkt erreicht man einen stärkeren Anti-Dive-Effekt. Das bedeutet, dass das Auto beim Anbremsen vorne nicht so stark einfedert und dadurch eine stabilere aerodynamische Plattform bietet. Die Radlasten werden dadurch in der Bremsphase anders verteilt. Auch auf die Aerodynamik hat der anders angeordnete Querlenker einen Einfluss.

Das System hat aber seine Grenzen, wie immer gibt es keinen Vorteil ohne Nachteil. Je stärker die Anti-Dive-Ausrichtung ist, desto stärker neigen die Vorderräder zum Blockieren. Mercedes kann nun offenbar die Fahrwerkskinematik als Setup-Tool am Rennwochenende verwenden. Normalerweise sind solche Änderungen größere Eingriffe in die strukturell Fahrzeugarchitektur, weil dabei Kräfte anders eingeleitet werden.

Inzwischen hat Mercedes die Renderings überarbeitet. Beim einstigen Dauerweltmeister sind nur noch Bilder abrufbar, die den dunklen Extra-Querlenker nicht zeigen. Mercedes überrascht damit nach DAS erneut mit einer Innovation am Fahrwerk. Anders als beim Dual Axis Steering kann das Setup hier aber nicht während der Fahrt verändert werden.