Am zweiten Testtag in Barcelona sorgten Onboard-Aufnahmen von Lewis Hamiltons Mercedes für großes Aufsehen. Aufmerksame Beobachter konnten erkennen, wie Lewis Hamilton auf manchen Geraden das Lenkrad zum Körper zog und vor dem Anbremsen wieder zurückschob.

Die Konkurrenz war von den Aufnahmen ähnlich überrascht. Offenbar steuert Hamilton über das Lenkrad nicht nur den Lenkeinschlag, sondern auch die Spur der Vorderachse. Zieht er das Lenkrad zurück, drehen sich die Reifen leicht zueinander, die Spur wird verändert. Drückt er das Lenkrad zurück, entsteht wieder eine Nachspur.

Eine Nachspur ist im Motorsport beim Fahrzeugsetup üblich. Dadurch wird ein besseres Einlenkverhalten erreicht. Allerdings erzeugen die auseinanderzeigenden Reifen auf den Geraden auch mehr Reibung. Der Vorteil von Mercedes könnte also sein, dass sich die Reifen auf den Geraden in die Neutral-Position stellen, der Rollwiderstand sinkt und die Höchstgeschwindigkeit steigt.

Mercedes nennt Lenkungs-System DAS

Mercedes Technik-Chef James Allison gab sich bei der Pressekonferenz am Donnerstagmittag in Barcelona bedeckt: "Wir haben ein neues System im Auto, eine neue Idee. Es fügt der Lenkung für den Fahrer eine Dimension hinzu. Aber wie es funktioniert und warum wir es haben, das behalten wir für uns."

Immerhin den Namen des Systems wollte Allison noch verraten. Intern sprechen die Mercedes-Ingenieure unter dem Akronym DAS darüber, wobei 'S' für Steering - also Lenkung - steht. Die Buchstaben D und A stehen für 'Dual' und 'Axis'. Es handelt sich also um eine Zwei-Achsen-Lenkung.

Ist die Mercedes-Lenkung legal?

So schnell sich die Videos vom dreidimensionalen Lenkrad verbreiteten, so schnell wurde über die Legalität des Systems diskutiert. Bei Mercedes gibt es darüber keine Bedenken. "Es ist nichts Neues für die FIA, wir sprechen seit geraumer Zeit mit ihnen darüber. Das Reglement ist ziemlich klar, was am Lenkungssystem erlaubt ist und ich bin zuversichtlich, dass wir das einhalten", Allison.

An die Legalität glaubt sogar die Konkurrenz - schließlich wird das Lenkrad zum Steuern der Räder benutzt. Die Erfindung ist also auch im Geiste des Reglements in Ordnung, solange sie kein Sicherheitsrisiko darstellt. Lenkt das System nicht nur die Räder, sondern auch den Fahrer ab? Lewis Hamilton wiegelt ab: "Ich bin nur einen Morgen damit gefahren, kann also nicht viel dazu sagen. Wir versuchen noch, es zu verstehen. Aber bei der Sicherheit ist es kein Problem."

Ob die Konkurrenz schnell nachziehen kann, ist fraglich. Das System an sich scheint kein Hexenwerk zu sein. "Man braucht im Lenkgetriebe noch eine zusätzliche Dimension, das ist eigentlich nicht so schwer", meint ein Teamchef. Trotzdem müsste das Lenkungssystem relativ aufwendig umgebaut werden. Schnelle Nachbauten sind also eher unwahrscheinlich.