Die Formel-1-Piloten quälten sich beim Großen Preis von Katar in der vergangenen Saison durch die heißen und sehr schwülen Bedingungen auf der Rennstrecke von Losail, die mehrere Piloten in Kombination mit den starken G-Kräften an den Rande eines Zusammenbruchs brachte. Doch gab es in der Geschichte der Königsklasse eine noch brutalere Hitzeschlacht? Ein Kandidat für diese Kategorie: Der Große Preis von Argentinien 1955.

Argentinien GP 1955: Drei Stunden Rennen in der Hitze von Buenos Aires

Wir schreiben das Jahr 1955. Die Formel 1 ging in ihre erst sechste Saison überhaupt und Titelverteidiger Juan Manuel Fangio im Mercedes startete als absoluter Topfavorit in die Saison, die bereits im Januar begann. Der argentinische Sommer hielt für den Lokalmatador und die restlichen F1-Piloten die größte Herausforderung der Saison schon zum Auftakt bereit.

Je nach Quelle lagen die Temperaturen bei 37 Grad im Schatten oder überstiegen sogar die 40-Grad-Marke. Und das bei einem Rennen, das über eine deutliche längere Distanz ging als ein moderner Grand Prix. 96 Runden zu je 3,9 Kilometern standen auf der Strecke nahe Buenos Aires auf dem Plan - also in Summe 375 Kilometer. Heutzutage dauern Formel-1-Rennen mit Ausnahme von Monaco jeweils etwas mehr als 305 Kilometer.

Formel 1 wie Le Mans: Fahrerwechsel am laufenden Band

Für die damaligen Piloten wurde die Hitze jedoch zu viel. Der GP mutierte schon früh zu einem Langstrecken-Rennen. Fahrerwechsel waren in der Frühzeit der Königsklasse noch erlaubt und so gut wie alle machten von dieser Regelung Gebrauch. Auf den meisten Autos wechselten sich drei Fahrer ab.

Polesetter Jose Froilan Gonzalez übergab etwa seinen Ferrari an Nino Farina und später nahm auch noch Maurice Trintignant auf demselben Boliden Platz. Farinas eigentliches Startauto teilte sich der Italiener ebenfalls mit Trintignant und mit Umberto Maglioli. Zwischenzeitlich stand das letztendlich zweitplatzierte Auto etwa eine Runde an der Box, da sich kein Fahrer fand, der in der Lage war zu fahren. Doch trotz ihrer Rotationsstrategie reichte es für die beiden Ferraris nicht zum Sieg. Sie landeten nur auf den Rängen 2 und 3.

Kein Wasser! Kamel-Strategie führt Fangio zum Sieg

Denn einer hielt sich aus dem Wechselspiel vollkommen heraus. Juan Manuel Fangio hatte sich einen Monat lang auf das Rennen vorbereitet. Er verbrachte die Zeit in seiner Heimat und trank jeden Tag nur wenig Wasser, um für den Grand Prix gerüstet zu sein. Trinkflachen an Bord gab es damals übrigens noch nicht. Die einzige Erfrischung bot Fangio ein dreiminütiger Boxenstopp.

Wie Fangio später mitteilte, versuchte er sich mental damit abzukühlen, indem er an "meterhohen Schnee" dachte. Auf diese Art fühlte sich Fangio fit genug, um das drei Stunden dauernde Rennen im Alleingang nicht nur zu überstehen, sondern sogar mit 90 Sekunden Vorsprung als Sieger über die Linie zu kommen. Auf seiner Fahrt zum Sieg zog sich Fangio allerdings starke Verbrennungen zu, da der Auspuff einen Teil des Chassis stark zum Überhitzen brachte. Bis zum zweiten Saisonrennen in Mai war er aber wieder fit.

Juan Manuel Fangio war nach dem Sieg in Argentinien am Ende seiner Kräfte , Foto: LAT Images
Juan Manuel Fangio war nach dem Sieg in Argentinien am Ende seiner Kräfte , Foto: LAT Images

Außer ihm gelang es nur Maserati-Fahrer Roberto Mieres (ebenfalls Argentinier), die gesamte Renndistanz zu überstehen. Er landete mit fünf Runden Rückstand auf der fünften Position von sieben Autos, die es überhaupt ins Ziel schafften. Den meisten Rennwagen wurde die Hitze bereits schon früh zu viel und sie knickten schneller ein als ihre Piloten.

Das Rennen schrieb auch am Rande einige kuriose Geschichten. Stirling Moss wurde in einer Fahrpause sogar auf einer Trage abtransportiert. Nicht etwa, weil er verletzt war. Der spätere Vize-Weltmeister hatte sich nach einem harten Stint neben der Boxengasse zu einem Nickerchen hingelegt und einige übereifrige Sanitäter waren dem ihrer Ansicht nach kollabierten Briten zur Hilfe geeilt.

Lust auf mehr Geschichten aus der Historie der Formel 1? In unserer Geschichts-Sammlung könnt ihr zahlreiche spannende, kuriose und spektakuläre Rennen aus 73 Jahren Königsklasse nachlesen: