Der Freitag und der Gulli-Zwischenfall beim Las-Vegas-GP haben ein Nachspiel. Nicht aber das, was auf der Strecke passiert ist. Sondern was wenige Minuten später dann in der Pressekonferenz folgte. Dort leisteten sich nämlich zwei Teamchefs, Ferrari-Boss Frederic Vasseur und Mercedes-Boss Toto Wolff, verbale Entgleisungen. Dafür gibt es von den Stewards jetzt einen Maulkorb, beide erhalten eine formelle Warnung.

Bei Vasseur waren die Nerven nach dem millionenschweren Schaden am Auto von Carlos Sainz von Beginn der Pressekonferenz an blank gelegen. Die Session sei im Arsch ("fucked up"), das Kaputtgehen eines Wasserventilrohres nach nur acht Minuten inakzeptabel, hatte Vasseurs größter Ausrutscher nicht lange auf sich warten lassen. Wiederholt mahnte er danach davor, dass die Show, die er eigentlich unterstützte, nicht zum Vernachlässigen der sportlichen Seite führen dürfe.

Toto Wolff bemühte sich erst, Vasseur zu beruhigen. Bald war er es aber, der heiß lief. Seine Feststellung, dass die Geschehnisse kein blaues Auge für die Formel 1 seien, hatte nämlich einen kurzen Zwischenruf eines weiteren Journalisten nach sich gezogen: "Das ist doch Mist!"

Daraufhin startete auch ein erhitzter Wolff mit einer Tirade. Verbaler Tiefpunkt dieser war sein Verweis auf einen verdammten Gullideckel ("fucking drain cover"), man solle nicht jammern, und eine persönliche Spitze in Richtung des Zwischenrufers: "Haben Sie je gut über jemanden gesprochen und ein gutes Wort geschrieben? Sie sollten, über die ganzen Leute, die da draußen sind."

Wolff & Vasseur kassieren in Abu Dhabi FIA-Maulkorb

Die Wortwahl und insbesondere die Schimpfwörter kamen bei der FIA schlecht an. Der Mediendelegierte des Verbandes leitete deshalb den Fall an die Stewards weiter. Die konnte diese Ermittlung am Sonntagmorgen in Las Vegas durch das Zeitzonen-Chaos dort nicht sinnvoll abhandeln und verschoben es daher auf Abu Dhabi.

Ermittlungsgegenstand ist Artikel 12.2.1.f des Internationalen Sportkodex, jenem Regelwerk, das für alle FIA-sanktionierten Rennserien gilt. Dort wird definiert, dass jegliche Worte, Taten oder Schriften verboten sind, welche der FIA und ihren Offiziellen und Mitgliedern sowie dem generellen Wohl des Motorsportes und seinen Werten Schaden zufügen können.

FIA mahnt Wolff & Vasseur: Wortwahl Inakzeptabel

Beide Teamchefs wurden am Donnerstagnachmittag schnell schuldig gesprochen. "Die FIA sieht diese Sprache als inakzeptabel an, besonders wenn sie durch Beteiligte am Sport verwendet wird, welche ein sehr öffentliches Profil haben und die von vielen, besonders jungen, Fans des Sports als Vorbilder gesehen werden", halten die Stewards in ihrer Entscheidung fest.

Vasseur führte seinen großen Frust nach dem Trainingscrash ins Feld, der die für ihn ungewöhnlich heftige Wortwahl auslöste. Wolff verwies wiederum auf den plötzlichen Einwurf des Journalisten. Auch er hielt fest, dass solche Worte für ihn nicht typisch seien. Die Stewards akzeptierten beides als mildernde Umstände und beließen es bei einer formellen Warnung.

Wolff und Vasseur sind nicht die ersten Teamchefs, die in der Formel-1-Saison 2023 Ärger für Interviews bekommen. Günther Steiner bezeichnete die Stewards des Monaco-GPs in einer Wutrede nach einer Strafe gegen Nico Hülkenberg als Laien und wurde dafür des Fehlverhaltens gegenüber Offiziellen (12.2.1.k) schuldig gesprochen und verwarnt. In der jüngeren Vergangenheit erhielt auch Christian Horner 2021 in Katar eine Warnung als er einem Streckenposten eigenwilliges Handeln mit einer gelben Flagge unterstellt hatte.