Kein Schlaf in Las Vegas: Ein Umstand, der in der 'Stadt der Sünden' keinesfalls unüblich ist. Doch den Formel-1-Piloten könnte das zum Verhängnis werden. Mit 22 Rennwochenenden ist die Formel-1-Saison 2023 anspruchsvoller denn je. Nach dem Triple-Header in Austin, Mexiko und Brasilien macht der Rennzirkus derzeit in Las Vegas Halt.

Und in nur wenigen Tagen kehrt die Königsklasse wie üblich auch schon für das Saisonfinale nach Abu Dhabi zurück. Für die Piloten stellt die Reise um die halbe Welt eine extreme Herausforderung dar: 12 Stunden Zeitunterschied trennen die beiden Strecken, hinzu kommt jeweils ein unterschiedlicher Zeitplan für das Grand-Prix-Wochenende. Die Umstellung sorgte bei einigen Fahrern für Kritik. Nur Lewis Hamilton hat keine Beschwerden.

Heftige Kritik an Las Vegas GP: Formel 1 wie eine Clown-Show! (10:00 Min.)

Verstappen: Jetlag erst in Abu Dhabi ein Problem

Max Verstappen wetterte am Donnerstag in Las Vegas noch heftig gegen den Ablauf des Rennwochenendes im Spielparadies der USA. Zu viel Show und zu wenig Racing, lautete sein Urteil. Obwohl der Medientag in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag abgehalten wurde, waren für den amtierenden Weltmeister die unüblichen Arbeitszeiten kein Problem - zumindest vorerst.

"Ich habe nach Brasilien schon versucht, mich an diese [Las Vegas] Zeitzone anzupassen. Auch als ich nach Hause kam. Ich bin für europäische Zeitstandards ziemlich spät ins Bett gegangen", erinnert sich der Red-Bull-Pilot. "Nach 00:00 Uhr ist es ein bisschen schwierig. Da muss man einfach durch." Auf dem Stadtkurs werden alle Sessions zu sehr später Stunde stattfinden. Im 2. Freien Training und Qualifying müssen die Piloten sogar um Mitternacht noch auf die Strecke.

Pressekonferenz mit Mercedes-Pilot Lewis Hamilton
Lewis Hamilton bleibt in Las Vegas vom Jetlag verschont, Foto: LAT Images

Lewis Hamilton ist sich mit seinem Rivalen einig: "Ich fühle mich ziemlich gut, ich habe gehört, dass sich die Fahrer über den Jetlag beschwert haben, aber ich hatte bisher keine Probleme, seit ich hier bin. Es ist anstrengend, aber wir wissen, was eine Saison mit sich bringt." Daraufhin scherzte Red-Bull-Pilot Sergio Perez: "Ich werde Lewis später nach seinen Pillen fragen, denn er scheint der Einzige zu sein, der keine Probleme mit dem Jetlag hat. Ich spüre es schon, aber ich habe mich daran gewöhnt, weil ich immer von Mexiko komme und es schon so oft erlebt habe, dass es sich normal anfühlt."

Gerade haben die Fahrer einen Triple-Header hinter sich gebracht, nun folgt das letzte Back-to-Back-Wochenende in Las Vegas und Abu Dhabi. Verstappen befürchtet, dass die Fahrer spätestens beim Saisonfinale im Wüstenstaat vom Schlafentzug eingeholt werden und hat dafür kein Verständnis: "Wenn man hier [in Las Vegas] ist, ist es kein Problem. Aber dann müssen wir nach Abu Dhabi fliegen, das ist ein Unterschied von 12 Stunden und eine völlig andere Zeitzone. Jetzt leben wir praktisch nach Japan-Zeit. Es ist fast ein anderer Tag, das verstehe ich nicht und am Ende einer Saison ist das auch sehr ermüdend."

Norris: Alter Schuld am Jetlag?

"Es [der Jetlag] ist nicht in Ordnung. Aber so ist es nun mal. Es ist ein harter Sport. Das ist kein Fußball", beklagte sich Altmeister Fernando Alonso in der Pressekonferenz. Sein Sitznachbar Lando Norris nimmt die Zeitverschiebung jedoch gelassen. "Mir geht's gut. Ich bin zum Glück noch jung. Ich bin inzwischen ein bisschen älter, aber im Vergleich zu diesem Kerl [Fernando Alonso], er hat vielleicht ein bisschen mehr damit zu kämpfen, keine acht Stunden Schlaf zu bekommen", scherzte der McLaren-Pilot.

Las Vegas spaltet die Formel 1: Zwischen Show und Exzess

Auch Carlos Sainz macht der Schlafentzug deutlich mehr zu schaffen als noch zu Beginn seiner Karriere. "Ich denke, wenn der Freitag, Samstag oder Sonntag kommt, beseitigen Koffein Shots, Espressi oder das Adrenalin den Jetlag. Heutzutage habe ich an langen Donnerstagen mehr zu kämpfen." Nicht nur der Ferrari-Pilot beschwert sich über den straffen Zeitplan am Donnerstag, auch andere Piloten stören die immer mehr werdenden Medienverpflichtungen.

Gasly reist mit Jetlag-Plan an

Pierre Gasly blieb bisher vom Jetlag verschont. Dafür schwört der Franzose auf einen Jetlag-Plan, den er sich für die letzten beiden Rennen erstellen hat lassen. Denn auch der Alpine-Pilot befürchtet ein böses Erwachen beim Saisonfinale in Abu Dhabi: "Nächste Woche wird eine große Herausforderung sein. Ich habe versucht, meinen Jetlag-Plan so gut wie möglich zu befolgen."

"Wir werden von Ärzten und Leistungstrainern unterstützt. Alle geben ihr Bestes, um uns bestmöglich vorzubereiten. Den Jetlag bekämpft man nicht an dem Tag, an dem man hierherkommt. Ich habe mich schon letzte Woche, als ich in Paris war, auf diese Woche vorbereitet", so der Alpine-Pilot.

Gleichzeitig gesteht er, dass der Sprung von Las Vegas nach Abu Dhabi, die erste Reise sein wird, bei der er innerhalb weniger Tage von der einen Seite des Globus auf die komplett andere Seite fliegen muss. "Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen werde. Aber ich weiß, dass ich meine Strategie habe, und ich werde versuchen, sie so gut wie möglich durchzuziehen", sagte Gasly.

Ricciardo: Zum Glück werden wir von Red Bull gesponsort

Doch einige Piloten wurden schon in Las Vegas vom Jetlag eingeholt. Dabei kommt für Daniel Ricciardo die Rückkehr zu AlphaTauri gerade recht: "Zum Glück werden wir von einem Energy-Drink-Hersteller gesponsort. Diese Woche werde ich der beste Red-Bull-Markenbotschafter sein, den man finden kann", scherzte der Australier.

Teamkollege Yuki Tsunoda macht der Schlafmangel ebenfalls zu schaffen: "Ich bin im Moment ziemlich schläfrig. Bei mir schlägt es ein bisschen an. Aber ich habe mich in den letzten drei Jahren daran gewöhnt. Die letzten drei Grands Prix waren definitiv hart für mich." Vor dem Abu Dhabi GP macht sich der AlphaTauri-Pilot aber keine allzu großen Sorgen.

"Ich weiß nicht, wie groß der Zeitunterschied ist, aber man gewöhnt sich daran. Sobald ich fahre, sollte es in Ordnung sein", so der Japaner. Dem stimmt auch Alfa-Sauber-Pilot Guanyu Zhou zu: "Der Jetlag ist da. Wir haben gerade einen Triple-Header hinter uns. Man fährt eine Woche lang nach Hause, dann wieder in die Fabrik zum Simulator und dann kehrt man wieder hierher [Las Vegas] zurück."

Piastri: Im Auto einschlafen eine Gefahr?

Dass der Jetlag im Auto extreme Konsequenzen haben kann, bekam Oscar Piastri bereits zu spüren. "Ich war schon mal sehr müde [im Auto], aber nur an einem Testtag. Da ist der Adrenalinspiegel viel niedriger. Ich glaube, ich bin in der Garage einmal eingeschlafen", erzählte der Australier.

Am GP-Wochenende macht er sich darüber aber keine Sorgen: "Wenn wir erst einmal fahren, denke ich, dass alles passen wird." Der Straßenkurs lässt den Piloten nämlich nahezu keinen Spielraum für Fehler. "Wenn man ein Formel-1-Auto bei 350 km/h zwischen den Mauern fährt, dann hält dich das normalerweise wach", so Piastri. "Das Jetlag-Management wird aber bei vielen auf die Probe gestellt."

In Singapur müssen sich die Piloten einer ähnlichen Herausforderung stellen. Das Wochenende auf dem Marina Bay Street Circuit findet ebenfalls unter dem Nachthimmel statt. "Hier [in Las Vegas] liegen wir im Vergleich zur europäischen Zeit acht bis neun Stunden zurück. Wir müssen uns aber acht bis neun Stunden vorwärts anpassen", so Piastri. "In Singapur gibt man sich einfach dem Jetlag hin, anstatt ihn zu bekämpfen."