Der US GP in Austin hatte sein Nachspiel eigentlich schon mit den Disqualifikationen von Lewis Hamilton und Charles Leclerc. Doch anderthalb Wochen nach dem Rennen könnte sich das Klassement erneut gravierend ändern. Grund dafür ist das Ersuchen von Haas, Track-Limit-Verstöße nachträglich zu bestrafen. Auto Motor und Sport hatte zuerst darüber berichtet, die FIA bestätigte den Vorgang inzwischen.

35 Rundenzeiten wurden während des Grand Prix bereits gestrichen worden. Alexander Albon wurde als einziger Pilot bestraft, weil er die Strecke zu oft verlassen hatte. Beim dritten Track-Limit-Vergehen spricht die Rennleitung eine Verwarnung aus, bei jedem weiteren Vergehen verhängen die Stewards eine Fünf-Sekunden-Strafe.

Nach dem Rennen musste Albon jedoch noch eine weitere Strafe fürchten, weil er offenbar in Kurve 6 mehrfach neben der Strecke war. Aus Mangel an Beweisen kam der Williams-Pilot davon. Die Streckenkamera war für die Überwachung der Track Limits in Kurve 6 nicht passend positioniert, die Onboard-Aufnahmen waren den Stewards nicht genau genug.

Im Rennen wurden nur Runden gestrichenen, in denen die Track Limits in den Kurven 1, 6, 9, 11, 12, 13, 19 oder 20 überschritten wurden. Haas wollte es dabei aber nicht belassen - schließlich wurde Nico Hülkenberg nach den beiden Disqualifikationen Elfter. Strafen könnten den Deutschen noch in die Punkteränge spülen. Nach dem US GP kam außerdem heraus, dass Albon nicht der einzige Pilot war, der wohl mehrfach in Kurve 6 innen abgekürzt hatte. Sergio Perez soll in der schnellen Rechtskurve sogar 21 Mal neben der Strecke gewesen sein.

Damit nicht genug: Laut Haas-Recherche fuhren neben Alexander Albon und Sergio Perez auch Lance Stroll und Logan Sargeant in Kurve 6 neben der Strecke. Nach Rechnung der US-Amerikaner könnte Nico Hülkenberg sogar um vier Positionen bis auf Platz sieben nach vorne rutschen.

Haas-Beweise signifikant und neu?

Haas hat vom sogenannten 'Right of Review', dem Recht auf Neubeurteilung, Gebrauch gemacht. Der International Sporting Code räumt hier eine 14-tägige Frist ein, in der 'neue und signifikante' Beweise eingebracht werden können.

Zunächst muss darüber geurteilt werden, ob die Haas-Beweise tatsächlich 'neu und signifikant' sind. Daran scheiterten derartige Vorgehen in der Vergangenheit häufig. Haas konnte in der Zwischenzeit sämtliche Onboard-Aufnahmen auswerten. Wie viele dieser Aufnahmen schon zum Zeitpunkt des Rennens vorlagen, ist unklar. Im Albon-Urteil ist jedenfalls die Rede davon, dass Videoaufnahmen gesichtet wurden - nur eben keine Streckenkameras zur Verfügung standen.

Nur wenn die Stewards die von Haas eingebrachten Beweise als sowohl neu als auch signifikant einstufen, werden die Fälle eröffnet und Strafen könnten ausgesprochen werden. Für Haas hätte das eine große Bedeutung in der Konstrukteurswertung, kämpft man doch mit AlphaTauri und Alfa-Sauber noch um Platz acht. Zwar würden auch die direkten Konkurrenten aufrücken, Haas aber wäre der größte Profiteur.

Österreich bisheriger Track-Limit-Tiefpunkt

Damit gehen die leidigen Track-Limit-Diskussionen in der Formel 1 weiter. Erst in Katar wurde die Strecke über Nacht verengt, weil die Reifen den Belastungen beim Überfahren der Kerbs nicht standhielten. In Austin wurde die weiße Linie teilweise verbreitert, um den Piloten mehr Spielraum zu geben.

Der bisherige Tiefpunkt war der Sprint zu Österreich GP. Dort legte Aston Martin Protest gegen das Ergebnis ein, weil nicht alle Vergehen geahndet worden waren. Die Stewards sprachen nachträglich noch Strafen aus und passten das Rennergebnis entsprechend an.