Austin, USA. Noch fünf Grands Prix, dann ist die Formel-1-Saison 2023 vorbei. Ein sehr ungewöhnlicher Zeitpunkt, um das Auto noch einmal radikal umzubauen. Trotzdem macht Haas mit dem viel gescholtenen VF-23 genau das. An diesem Wochenende gibt es für die Autos von Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen einen Komplett-Umbau.

Fünf Rennen vor Schluss. An einem Sprint-Wochenende mit nur einem Training, ehe das Setup nicht mehr verändert werden darf. Für Teamchef Günther Steiner alles schlechte Argumente: "In Mexiko ist es die Höhenlage, in Brasilien … manchmal musst du es einfach machen, statt herumzudrucksen und dir einen Grund dagegen zu suchen."

Was am Haas in Austin neu ist - und was nicht

Es geht eigentlich um 2024. Das Austin-Update als 'B-Spec' zu titulieren ist deshalb wohl eigentlich zu hoch gegriffen, weil Chassis, Crash-Struktur und Aufhängung eigentlich für den beabsichtigten Wechsel auf ein Red-Bull-artiges Downwash-Konzept der Seitenkästen neu gebaut werden müssten. In der Saison ist das unverhältnismäßig. Das Chassis müsste neu homologiert werden. Die Aufhängung wird sowieso von Ferrari gekauft.

Der Haas VF-23 in seiner neuen Austin-Spezifikation mit Downwash-Seitenkästen am Donnerstag bei einer Präsentation
Das Downwash-Konzept beim neuen Seitenkasten ist offensichtlich, Foto: Motorsport-Magazin.com

Diese Teile wird Haas erst 2024 ändern. Was kommt in Austin also ans Auto? Unterboden, Verkleidung und Seitenkasten, die prinzipiell auf das Downwash-Konzept umschwenken, aber nicht optimiert sind. Auch die Kühler bleiben an Ort und Stelle, nur Kühlschläuche wurden angepasst. Das folgende Bild zeigt deutlich: Der "Undercut", die Einbuchtung unter dem Kühleinlass, ist verglichen zu anderen Autos am VF-23 sehr gering ausgeprägt. Kühler und Chassis lassen mehr nicht zu. Auch braucht der Seitenkasten wie der Ferrari eine seitliche Beule, weil die Crash-Struktur am falschen Ort sitzt.

Der Haas VF-23 in seiner neuen Austin-Spezifikation mit Downwash-Seitenkästen am Donnerstag bei einer Präsentation
Man beachte die Beule an der Spitze des unteren, blauen Sterns, Foto: Motorsport-Magazin.com

Wie inzwischen ein großer Teil des Feldes hat auch Haas außerdem keine Red-Bull-Kopie angefertigt. Stattdessen hat die Abwärtsrampe des Seitenkastens eine Einbuchtung.

Der Haas VF-23 in seiner neuen Austin-Spezifikation mit Downwash-Seitenkästen am Donnerstag bei einer Präsentation
Die Abwärtsrampe hat auch bei Haas eine Einbuchtung, Foto: Motorsport-Magazin.com

Was sich Haas davon erhofft? Keinen riesigen Sprung wie etwa McLarens Österreich-Update. Sondern Daten. "Anstatt bis Februar zu warten und womöglich eine böse Überraschung zu erleben, testest du es jetzt", erklärt Steiner die Logik dahinter. "Wir gehen natürlich nicht komplett blind rein, aber du kannst dir nie sicher sein, ob du die Windkanal-Daten auf der Strecke bekommst. Du musst aufpassen. Der Windkanal korreliert nicht immer."

Der Haas VF-23 in seiner neuen Austin-Spezifikation mit Downwash-Seitenkästen am Donnerstag bei einer Präsentation
Der hintere Teil des Haas-Seitenkastens im Detail, Foto: Motorsport-Magazin.com

Haas hat nichts zu verlieren: Bester Test ist das Rennen

"Wir hatten die letzten fünf, zehn Rennen zu kämpfen. Wir haben nichts zu verlieren." So heißt es von Steiner. Der VF-23 an sich hatte sich als Sackgasse erwiesen. Da zieht es das Team vor, diesen improvisierten Konzeptwechsel noch vor der Winterpause durchzudrücken. "Wo wollen wir nächstes Jahr hin?", stellt Nico Hülkenberg die entscheidende Frage. "Wir brauchen eine Richtung, einen Weg."

Mit dem VF-23 gab es keinen Weg mehr. Jetzt zählt für Haas jedes Rennen, um wertvolle Daten zu sammeln. Die Autos und die neuen Teile wurden schon letztes Wochenende nach Austin geflogen, um sich den Umweg über das Werk in Großbritannien zu ersparen. Man darf nicht vergessen: Das kleinste Team im Feld hat bei weitem nicht die gleichen Simulations-Kapazitäten wie eine Spitzenmannschaft. Streckenzeit ist dann erst recht durch nichts zu ersetzen.

Die Fahrer erwarten trotz der widrigen Umstände aber einen Schritt nach vorne. Einen Schritt zurück, um 2024 dann zwei nach vorne zu machen, das hat Nico Hülkenberg nicht im Plan: "Das wäre nicht so gut. Aber wir werden Zeit brauchen, um das Paket zu erkunden. Oft musst du das Setup ändern, Höhe, mechanische Balance, alles. Ich wäre überrascht, wenn wir hier loslegen würden und es wäre am Optimum."

Auch wenn dieses Update auf dem Papier etwa keine massiven Abtriebsgewinne aufweist, so erwarten sich Hülkenberg und Kevin Magnussen davon ein positives Signal. Ein berechenbareres Auto, in den Kurven besser ausbalanciert, seine Reifen weniger hart rannehmend.