Für Logan Sargeant war das Formel-1-Wochenende in den Niederlanden eine mindestens so wilde Achterbahnfahrt wie der Dünenkurs von Zandvoort selbst. Der Rookie zeigte zur Rückkehr aus der Sommerpause seine bis dato beste Leistung in der F1, doch sowohl das Qualifying als auch das Rennen endeten für ihn mit einem Unfall. Der US-Amerikaner hatte nicht viel Zeit, die Enttäuschung zu verarbeiten. Vor dem Start ins Monza-Wochenende gibt er sich reflektiert. Er will negative Gefühle nicht an sicher heranlassen und baut auf die Rückendeckung von Williams-Teamchef James Vowles sowie auf seinen eigenen mentalen Ansatz.

"Es fühlte sich natürlich schrecklich an. Hauptsächlich deshalb, weil jeder Einzelne im Team geholfen hatte, das Auto für Sonntag bereit zu machen, nur damit dann doch alles umsonst war. Das war schlimm", so Sargeant, der es in Zandvoort erstmals in seiner jungen Formel-1-Laufbahn ins Q3 geschafft hatte. Dort unterlief ihm allerdings der erste folgenschwere Fehler, als er in Kurve zwei bei noch feuchten Bedingungen die Linie nicht optimal traf und abflog.

Im Rennen kam er ebenfalls auf keinen grünen Zweig. In der Startrunde verlor er vier Positionen, dann trafen er und sein Team beim Regenguss in der Anfangsphase die falsche Entscheidung und blieben auf Slicks draußen. Ein durch einen Hydraulikdefekt begünstigter Unfall in der 14. Runde beendete seinen Sonntag vorzeitig. Die erstmals konkurrenzfähige Pace des 22-Jährigen wurde letztendlich von Fehlschlägen überschattet.

Vor dem Hintergrund der Spekulationen um seine Zukunft ein denkbar ungünstiger Ausgang, doch das Williams-Team stärkt Sargeant nach Kräften den Rücken. "James [Vowles] unterstützt mich von Beginn an und das tut er weiterhin. Er gibt mir immer gute Ratschläge und hilft mir, mich in die richtige Richtung zu entwickeln", sagt der Youngster, der den Ernst der Lage längst begriffen zu haben scheint.

Sargeant blendet Misserfolge, Albon-Vergleiche und Zukunftsängste aus

Seine bisherigen Leistungen gaben in der Königsklasse nicht die beste Visitenkarte ab, doch Sargeant weiß, dass der Blick zurück seiner mentalen Verfassung nur Schaden würde. "Es ist keine ideale Situation aber letztendlich musst du es wegstecken und den Deckel draufmachen. Du musst die Lehren daraus ziehen und den Rest hinter dir lassen", erklärt er. Etwas, das vor allem in dieser Phase der Saison wichtig ist, denn der dicht gedrängte Kalender lässt kaum Zeit, mit der Vergangenheit zu hadern.

"Ich muss sicherstellen, dass ich vor diesem Wochenende nicht mehr an das vorangegangene denke, denn das würde es nur negativ beeinflussen", so Sargeant. Dasselbe gilt für ihn was den Blick auf den Teamkollegen angeht. Alex Albon trägt Williams mit seinen Leistungen dieses Jahr praktisch im Alleingang. Im direkten Vergleich besteht Sargeant gegen den Briten nicht. Nach Punkten steht es 15:0, im Qualifying war er bisher noch nicht gegen den Stallgefährten erfolgreich.

"Ich versuche, da nicht zu viel hineinzuinterpretieren. Jedes Wochenende ist anders und ich beginne jedes mit einem weißen Blatt Papier. Ich versuche, den Fokus auf mich zu legen. Das ist für mich wichtig, um das Wochenende vom ersten Training an aufzubauen", so Sargeant. "Ich muss mich dort schon gut fühlen und in den Sessions weitere Fortschritte machen, damit ich im Qualifying möglichst wenig Arbeit habe. Ich muss vorher herausfinden, was ich im Qualifying zu tun habe, und es dann nur noch abrufen. Natürlich will ich so nah wie möglich [an Albon] sein, aber ich versuche lieber den neuen Ansatz, bei dem ich mich nur auf mich konzentriere."

Diesem Ansatz entsprechend lässt er auch die Spekulationen um seine Zukunft lieber links liegen. "Ich denke ehrlich gesagt nicht darüber nach. Ich will keine Energie damit verschwenden. Ich brauche all meine Energie dafür, um mental und körperlich vorbereitet ins Wochenende zu gehen", stellt er klar. "Ich weiß, was ich zu tun habe, wie ich mich verbessern und die bestmögliche Position bringen kann. Mir Sorgen darüber [Zukunft] zu machen, wird mir auf der Rennstrecke nicht helfen also macht es keinen Sinn, sich damit zu beschäftigen."

Sargeant in Monza ohne Kopfschmerzen wegen Williams-Defekt oder Wetterchaos

So bitter der Ausgang des Zandvoort-Wochenendes war, so lehrreich war auch diese Erfahrung für den Williams-Rookie. "Ich muss diese kleinen Fehler vermeiden, die sehr kostspielig sind. Ich persönlich sehe bei mir große Fortschritte und wenn ich diese Fehler vermeiden und die Qualifyingrunden fahren kann, die ich brauche, werde ich in einer viel besseren Position sein und mehr Möglichkeiten haben, um Punkte zu kämpfen und das Auto dort zu bewegen, wo es hingehört", sagt er.

Dass ihm das bisher nicht gelang, sieht er auch im unbeständigen Wetter in der ersten Saisonhälfte begründet. "So etwa habe ich selbst in der Formel 3 oder Formel 2 nicht erlebt", so Sargeant. "Es ist eine Frage der Erfahrung und der Übersicht. Ich habe am Samstag die Situation etwas falsch eingeschätzt und muss verstehen, warum das so war - und ich denke, das tue ich. Die Bedingungen könnten kaum schwieriger sein, denn es gab kaum eine trockene Linie auf einer Strecke, die keine Fehler verzeiht. Nächstes Mal werde ich sicher etwas mehr Luft lassen."

Der Wetterbericht für Monza bereitet ihm in dieser Hinsicht keine Kopfschmerzen, denn für das 14. Rennwochenende der Saison sind sommerliche Temperaturen von bis zu 30 Grad Celsius und Sonnenschein vorhergesagt. Der Defekt, der in Zandvoort zu seinem Unfall im Rennen führte, sollte ebenfalls keine Rolle mehr spielen. "Ich erwarte nicht, dass sich das Problem wiederholt und das Team auch nicht. Es wird noch analysiert, aber es war wohl einfach unglücklich. Wenn alles funktioniert hätte, hätte dieser Kerb nichts kaputtmachen dürfen. Ich habe ihn das ganze Wochenende überfahren und er hätte kein Problem darstellen sollen", sagt er.

Nach der Zandvoort-Sensation geht er außerdem völlig ergebnisoffen ins Monza-Wochenende, nachdem die Prognosen bei Williams diese Saison nicht allzu akkurat waren. "Wir dachten in Spa, dass wir gut wären und hatten Schwierigkeiten. In Zandvoort erwarteten wir, richtig mies zu sein und waren ziemlich gut", so Sargeant. "Letztes Jahr war es [in Monza] ziemlich gut und wir hoffen, dass es wieder so sein wird. Für mich ist aber unabhängig von der Pace des Autos das Ziel, alles herauszuholen, egal ob es um Platz 18 oder Platz 7 geht. Ich will einfach nur das Maximum herausholen, dann ist das für mich ein Erfolg." Alle News und Stimmen zu den Formel-1-Trainings heute in Monza gibt es im Live-Ticker.