Auch 2023 nutzt Motorsport-Magazin.com die Sommerpause, um sich die zehn Formel-1-Teams der Reihe nach genau vorzunehmen. Wer hat seine Ziele erfüllt, wer liegt hinter den Erwartungen zurück? Weiter geht es mit Williams. Der Traditionsrennstall aus Grove erlebt 2023 einen kleinen Aufschwung und liegt derzeit auf Platz sieben in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft. Die Punkte sammelte allesamt Alexander Albon.

Ziel vs. Realität:
Übergangssaison: Die Ziele der ehemaligen Weltmeister aus Grove waren nach der mageren Saison 2022 bescheiden. Im vergangenen Jahr wurde das Team abgeschlagen Letzter. Nicholas Latifi und Alex Albon hatten regelmäßig mit dem FW44 zu kämpfen. Acht Punkte konnten die beiden Piloten und Ersatzfahrer Nyck de Vries einfahren. Dazu verließ Teamchef Jost Capito das Team. Der Ersatz: James Vowles, ein als Teamchef noch unbeschriebenes Blatt.

Die Ziele für 2023 waren demnach niedrig. Eine Übergangssaison, in der der Anschluss an das Mittelfeld hergestellt werden sollte, war das Ziel. Stand Sommerpause 2023 hat Williams allerdings schon elf Punkte auf dem Konto, mehr als im gesamten Vorjahr. Damit liegt das Team in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft auf Platz sieben. Der FW45 funktioniert besser als erwartet, schon beim Debüt in Bahrain punktete Albon mit dem neuen Boliden, der auf einigen Strecken zumindest im Kampf um die hinteren Punkteränge konkurrenzfähig erscheint. Die ohnehin niedrigen Ziele für diese Saison konnte das Team aus Grove damit sogar übertreffen.

Entwicklung 2023:
Der FW45 erhielt im Laufe der Saison ein paar Updates, das vermutlich größte erhielt Alex Albon in Kanada, Logan Sargeant erst ein Rennen später in Österreich. Dieses bestand aus einem komplett überarbeiteten Unterboden, einem neuen Diffusor, einer neuen Version der Seitenkästen und der Motorabdeckung, sowie vielen anderen kleinen Änderungen.

Die Auswirkungen zeigten sich noch am selben Wochenende. Albon fuhr mit dem FW45 auf Platz sieben und ließ damit beide Apine, Lance Stroll und auch Oscar Piastri hinter sich. Dazu erhielt Albon in Silverstone einen weiteren überarbeiteten Frontflügel. Auch in Großbritannien punktete der Lokalmatador mit Platz acht. Der Trend ist positiv.

Williams seit Kanada im Aufwärtstrend

Höhepunkt 2023: Update führt Albon in Montreal auf Platz 7
Die Highlights der bisherigen Williams-Saison waren wohl die Wochenenden in Silverstone und Montreal. Zehn von elf Punkten sammelte das Team in diesen Rennen. In Kanada stoppte Albon gar nur einmal und versammelte bis zur Ziellinie sechs Autos hinter sich. Gegen Alpine-Pilot Esteban Ocon musste er sich mehrere Runden auf älteren Reifen zur Wehr setzen. In Silverstone spülte ein spätes Safety-Car Albon hingegen ein paar Positionen nach vorne. Die Überraschung: Nach Ende der Safety-Car-Phase schien Albon im Pace-Vergleich sogar gegenüber Fernando Alonso im Aston Martin die Oberhand zu haben. Für ein Überholmanöver und damit den zweiten siebten Platz reichte es jedoch nicht mehr. Dafür schlug er beide Ferrari.

Tiefpunkt 2023: Bremsversagen und P16 in Saudi-Arabien
Bremsversagen bei Alexander Albon, Platz 16 für Logan Sargeant. Nach dem Höhenflug beim Saisonauftakt in Bahrain inklusive erstem Punkt wurde Williams in Saudi-Arabien auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Katastrophal war die Pace des Autos zwar nicht, das bekräftigten auch beide Piloten im Nachgang.

Für Albon war allerdings schon nach 27 Runden dank Bremsversagen am FW45 schluss. Die darauffolgende Safety-Car-Phase nutzte Teamkollege Sargeant für einen Wechsel auf neue Mediums. Rückblickend die falsche Wahl, denn der Amerikaner musste das gesamte Rennen auf den mittleren Pneus haushalten - und fiel gegen Ende des Rennens bis auf Platz 16 zurück. Ein gebrauchter Tag in der Williams-Garage.

Williams-Fahrer: Albon dominiert Rookie-Teamkollege Sargeant

Alexander Albon
WM: 13. Platz (11 Punkte)
Note im MSM-Ranking: 2,47 (5. Platz)
Alex Albon fährt wohl die bisher beste Saison seiner Formel-1-Karriere. Der Brite sammelte 100% aller Punkte seines Teams und musste im Qualifying-Duell gegen Logan Sargeant keine einzige Niederlage einstecken. Das spiegelt sich auch im MSM-Fahrerranking wider, dort liegt der Punktehamster auf dem insgesamt 5. Platz. Der einzige Makel einer bisher astreinen Albon-Saison bleibt das Rennen in Australien.

Der Brite verlor auf Platz sechs liegend die Kontrolle über seinen FW45 und landete folglich in der Mauer. Der Ausrutscher wird jedoch von starken Fahrten in Kanada oder Silverstone überschattet. Wenn Albon in der zweiten Saisonhälfte noch mehr solcher Leistungen abrufen kann, dürften noch weitere Punkte auf das Team aus Grove warten.

Logan Sargeant
WM: 19. Platz (0 Punkte)
Note im MSM-Ranking: 3,84 (21. Platz)
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Bei Williams ist dieser auf der Garagen-Seite von Logan Sargeant zu finden. Der Formel-1-Rookie sieht gegen Teamkollege Albon kein Land. Keinen einzigen Punkt konnte er einfahren und sowohl im Renn-, als auch Qualifying-Duell zieht er nahezu immer den kürzeren. Dazu gesellen sich Unfälle in Spanien, Aserbaidschan und Belgien. Der US-Amerikaner hat keine leichte erste Saisonhälfte hinter sich. Die einzigen Highlights blieben ein zwölfter Platz beim Debüt in Bahrain und ein elfter Platz in Silverstone. Das half allerdings nicht genug, denn im MSM-Fahrerranking liegt Sargeant auf Platz 21, sogar hinter Ex-AlphaTauri-Pilot Nyck de Vries.

Fazit und Ausblick:
Nach der ersten Saisonhälfte 2023 scheinen sich erste Verbesserungen beim lange so strauchelnden Traditionsteam abzuzeichnen. Teamchef James Vowles möchte die Basis für ein langfristig wieder erfolgreiches Williams legen. Dieser Plan scheint bis jetzt aufzugehen. Das Auto hat einen Schritt nach vorne gemacht, mit Alex Albon sitzt ein performanter Teamleader im FW45 und mit Pat Fry wurde auch ein neuer Technikchef verpflichtet.

Platz sieben in der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft zu halten scheint derzeit realistisch, insbesondere da Monza dem auf den Geraden pfeilschnellen Williams entgegenkommt. Nur Logan Sargeant muss noch an seiner Performance arbeiten, dann könnte es eine sehr versöhnliche Saison für das Team werden.