Der Formel 1 steht eine wichtige Reifenentscheidung bevor. Nach dem Rennen in Silverstone testet Pirelli noch Dienstags und Mittwochs auf der britischen Traditionsrennstrecke. Neben des Versuchs mit Kotflügeln für weniger Spray im Regen zu sorgen, ist dieser Test für eine weitere geplante Neuerung des Jahres 2024 entscheidend. Es ist weiterhin angedacht, dass ab nächster Saison auf Heizdecken verzichtet wird. Entschieden ist das aber noch nicht. Es gibt auch Kritik an dem Plan. Pirelli fordert eine Entscheidung.
Nach dem Silverstone-Test, bei dem Daniel Ricciardo den Red Bull testet, erhalten die Teams einen zusammenfassenden Bericht von Pirelli. Außerdem werden die Reifenexperten der Mannschaften mit Daten versorgt. Auf dieser Grundlage sollen sie dann in der F1-Kommision abstimmen, ob das Heizdeckenverbot kommt, oder eben nicht. Pirelli-Boss Mario Isola hat mit beiden Wegen kein prinzipielles Problem, aber er will endlich Klarheit: "Ich hoffe, dass sie auf der Grundlage dieser Daten entscheiden werden. Wenn wir ein weiteres Jahr mit Heizdecken fahren wollen, werden wir das tun."
Reifen, die ohne vorherige Erwärmung durch Heizdecken funktionieren sollen, müssen logischerweise anders konstruiert sein und werden demnach vermutlich sportliche Konsequenzen haben. Der Grund für ihre Einführung ist aber nicht sportlich motiviert. Pirelli entwickelt aktuell das, was ihnen aufgetragen wurde: "Wir müssen uns damit abfinden, dass die Reifen, wenn sie ohne Heizdecken betrieben werden, anders sind. Wir müssen verstehen, wie sich das auf die Rennstrategien auswirkt - denn wir wollen natürlich nicht, dass die Show durch die neue Situation beeinträchtigt wird -, aber die Richtung, auf die wir uns mit allen Interessenvertretern der Formel 1 geeinigt haben, besteht darin, die Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren und den Sport nachhaltiger zu machen, und das tun wir."
Keine Heizdecken: Sicherheitsbedenken bei Formel-1-Fahrern und -Teams
Trotz des im Paddock anerkannten Umweltkurses der Königklasse hat die Neuerung einige Kritiker unter Fahrern und Teams. Es geht dabei ums Thema Sicherheit. Ferrari-Teamchef Fred Vasseur sprach die Sorgen vieler im Fahrerlager aus: "Wenn wir auf eine Strecke gehen, die wenig Energie in den Reifen bringt, und dann kalte Bedingungen haben - im extremen Fall zum Beispiel in Las Vegas in der Nacht bei 4 Grad - was könnte dann passieren? Ich denke bei 95% der Bedingungen wird es ok sein und sie machen einen guten Job. Ehrlicherweise haben schon ein paar Teams einen Test gefahren und es lief ziemlich gut, aber wir können nicht voraussehen, wie die Lage unter extremen Bedingungen aussieht." Zu kalte Reifen führen zu wenig Grip und damit zu erhöhter Unfallgefahr, so die Rechnung.
Diese Einwände gegen das Heizdeckenverbot häuften sich zuletzt. Kritik von George Russell hatte Pirelli bereits vor einigen Wochen gekontert. Isola kennt solche Stimmen zur Genüge und weiß sie in vielen Fällen auch durchaus zu schätzen: "Ich glaube, dass es ganz normal ist, wenn man der einzige Lieferant ist, Kritik zu erhalten. Ich sage immer: Wenn die Kritik gut ist oder der Verbesserung dient, ist sie mehr als willkommen."
Pirelli will keine Wankelmütigkeit mehr: Entscheidung für Reifenentwicklung soll her
An einem anderen Fall machte er aber auch klar, wie schwer es für Pirelli manchmal ist: "Letztes Jahr hatten wir zum Beispiel das erste Jahr mit den neuen Autos und den neuen 18-Zoll-Reifen, und ich erinnere mich, dass alle Fahrer glücklich waren. Sie sagten: 'Endlich haben wir keine Überhitzung mehr, wir können angreifen', und wir hatten viele Rennen mit viel Action auf der Strecke. Und dieses Jahr kommen sie wieder und kritisieren die Überhitzung. Und wir haben die gleichen Reifen wie letztes Jahr."
Ein Reifen, der vor einem Jahr noch gepriesen wurde, ist jetzt auf einmal schlecht. Isola scheint langsam genug von der Wankelmütigkeit der Formel-1-Fahrer und -Teams zu haben. Auch beim Thema Heizdecken keimt dies wieder auf. Der Reifenhersteller will eine Entscheidung, denn die Zeit drängt: "Wir können uns [beim aktuellen Reifenmodell, Anm. d. Red.] natürlich verbessern, aber wir müssen jetzt einen Reifen entwickeln, der auch ohne Heizdecken funktioniert. Wenn wir an einem Reifen mit weniger Überhitzung arbeiten müssen, ist das eine andere Entwicklungsrichtung. Das können wir tun. Wir tun das gerne. Aber wir müssen uns auf eine einzige Richtung einigen. Denn mit 25 Testtagen pro Jahr können wir nicht alles machen." Die Formel 1 muss sich langsam entscheiden, was sie in Sachen Reifen eigentlich will.
Formel 1 WM-Stand 2023: Die Fahrer-Tabelle
- 1. Max Verstappen (255 Punkte)
- 2. Sergio Perez (156 Punkte)
- 3. Fernando Alonso (137 Punkte)
- 4. Lewis Hamilton (121 Punkte)
- 5. Carlos Sainz (83 Punkte)
- 6. George Russell (82 Punkte)
- 7. Charles Leclerc (74 Punkte)
- 8. Lance Stroll (44 Punkte)
- 9. Lando Norris (42 Punkte)
- 10. Esteban Ocon (31 Punkte)
- 11. Oscar Piastri (17 Punkte)
- 12. Pierre Gasly (16 Punkte)
- 13. Alexander Albon (11 Punkte)
- 14. Nico Hülkenberg (9 Punkte)
- 15. Valtteri Bottas (5 Punkte)
- 16. Zhou Guanyu (4 Punkte)
- 17. Yuki Tsunoda (2 Punkte)
- 18. Kevin Magnussen (2 Punkte)
- 19. Logan Sargeant (0 Punkte)
- 20. Nyck de Vries (0 Punkte)
Formel 1 WM-Stand 2023: Die Team-Tabelle
- 1. Red Bull (411 Punkte)
- 2. Mercedes (203 Punkte)
- 3. Aston Martin (181 Punkte)
- 4. Ferrari (157 Punkte)
- 5. McLaren (59 Punkte)
- 6. Alpine (47 Punkte)
- 7. Williams (11 Punkte)
- 8. Haas (11 Punkte)
- 9. Alfa Romeo (9 Punkte)
- 10. AlphaTauri (2 Punkte)
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