Sebastian Vettel gefällt das: DHL verschärft sein Nachhaltigkeits-Bemühen und setzt für die Logistik im europäischen Formel-1-Stint eine neue LKW-Flotte ein. Besonderheit: Die 18 Trucks befördern die sensible Fracht mittels Biokraftstoff. Bis zu 60 Prozent weniger CO2-Ausstoß, wichtig für das Ziel der Formel 1, bis 2030 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Wichtig für Max Verstappen und Kollegen: Bei gleicher Leistung wie ihre dieselbetriebenen Pendants. Im Nachhaltigkeitsrennen der Teams liegt Mercedes auf Kurs zur Pole Position.

Die neue Formel 1: Jung, weiblich, nachhaltig

"Diese Saison ist unglaublich, so viel Momentum und Spannung. Dasselbe gilt für die Nachhaltigkeit", meint Ellen Jones. Teil des aufregenden Programmes sind erneuerbare Energie, Recycling und lokale Essensspenden. "Dasselbe versuchen wir auch beim Großen Preis von Las Vegas: Wir wollen, dass jüngeres und weibliches Publikum zu nachhaltigen Rennen kommen kann", verspricht die Nachhaltigkeits-Chefin der Formel 1.

Abseits der neuen Lkws wird im Technologiesektor fleißig nach Zukunftstechnologien geforscht. Im Transport nutzt Formel-1-Logistikpartner DHL multimodale Transportlösungen für Land- und Seefracht und Boeing-777-Flugzeuge. Allein deren Einsatz anstatt der alten Boeing-747 senkt den CO2-Ausstoß um 18 Prozent. Zusätzlich werden mit GPS in den LKWs der Treibstoffverbauch überwacht und Routen optimiert.

Formel-1-Boliden, Reifen, Ersatzteile und Treibstoff stellen einen Teil der Fracht dar. Nicht vergessen werden darf die Ausrüstung für TV und Medien, sowie die Team-Hospitality. In der Formel-1-Saison 2023 ergibt das für DHL rund 1.400 Tonnen Fracht pro Rennen. Gesamte zurückgelegte Distanz: 150.000 Kilometer. Oder auch genannt: "Das Rennen zwischen den Rennen."

Formel-1-Logistik: Ohne Perfektion keine Rennautos

Einher geht die Umweltstrategie mit zu 100 Prozent synthetischem Kraftstoff ab 2026. Mit generalsaniertem Motorenreglement wird auch im Rennen CO2-neutral gefahren werden. DHL betreibt ihre Trucks indes mit Biokraftstoffen, die zu 60 Prozent weniger Emissionen verbrauchen. "Wir haben viele Dinge mit der Formel 1 gemeinsam", bekräftigt Paul Fowler, Head of DHL Motorsports Logistics. "Geschwindigkeit, Genauigkeit und die Dinge gleich beim ersten Mal richtigzumachen."

"Alles muss perfekt funktionieren", beschreibt der DHL-Chef die Abläufe bei Double- oder gar Triple-Headern. "Zwei Wochen geben uns da ein bisschen mehr Rhythmus." Sonst haben Teams womöglich kein Equipment. Beispiel: Bei den Testfahrten in Bahrain stand Haas aufgrund einer Flugzeugpanne ohne Auto da. Mithilfe von DHL konnte die Fracht schließlich zuerst vom Teamstandort in Banbury nach Leipzig und dann nach Bahrain gebracht werden.

Geteilt wird ebenfalls die Verschreibung zur Nachhaltigkeit. "Unsere Strategie besteht aus drei Teilen: Bis 2030 Netto-Null-Emissionen erreichen, unsere Events nachhaltiger zu gestalten und den Sport diverser und inklusiver zu machen", führt Ellen Jones aus. "Wie machen wir das? Wir müssen die zurückgelegten Kilometer verringern, die Transportart und die Menge." Bei einem Formel-1-Kalender 2023 mit 22 Rennen (selbst nach Ausfall von China und Imola) nicht einfach.

Formel-1-Boliden für Umwelt unwichtig

Der genaue Plan sieht wie folgt aus: "Wir setzen uns mit allen zehn Teams und den Veranstaltern zusammen und überlegen uns: Wie können wir das erreichen?", so die Nachhaltigkeits-Chefin der Formel 1. "Das sind einerseits Dinge, die sich schnell ändern lassen. Zum Beispiel erneuerbare Energie: Diese benutzen wir in unseren Büros, gleich wie alle Formel-1-Teams."

Schwieriger sind große Veränderungen. Darunter auch das umstrittene Thema, TV-Übertragungen nicht mehr live von der Rennstrecke zu machen. Quasi Home-Office für Broadcaster. "Wir verändern die Art, wie wir arbeiten: Dinge, die wir früher direkt an der Strecke gemacht haben, werden ausgelagert. Produktion, Personal. Es müssen nicht alle herumreisen", ist Ellen Jones überzeugt.

"Es ist zwar wundervoll, wenn uns DHL überall hinbringt, aber wenn wir weniger reisen, reduzieren wir den CO2-Ausstoß", so Jones. Der nächste Schritt ist die neue LKW-Flotte für Europa-Rennen. "Der Treibstoff der Formel-1-Boliden macht weniger als ein Prozent aus. Es ist zwar ein wichtiger Teil von Nachhaltigkeit, weil es weltweit Autos betrifft. Aber zwei Drittel machen Reisen und Logistik aus." Diese müssen verringert werden, und bei einer immer weiteren Expansion des Rennkalenders, stellt sich die Frage, wie.

"Wir müssen die Emissionen mindestens um 50 Prozent verringern, damit wir unser Netto-Null-Ziel bis 2030 erreichen. Das ist eine Menge Arbeit in sieben Jahren", so Jones. Dabei könnte sich die Formel 1 nicht auf Zukunftstechnologien verlassen, sondern müsse die Kultur ändern. "Wir müssen weniger Fracht produzieren, kürzere Distanzen reisen, leichter packen und lokale Ressourcen verwenden."

Tabuthema Regionalisierung des Formel-1-Kalenders

Eine Lösung würde die Regionalisierung des Rennkalenders darstellen. Back-to-Back Rennen von Baku und Miami oder Las Vegas und Abu Dhabi bringen (unnötig) viele Flugkilometer. Problem dabei: Es ist nicht so einfach, die Rennveranstalter davon zu überzeugen. "Das ist ein sehr emotionales Thema", so Jones. GP-Promoter beharren oft auf ihrem fixen Datum. "Sei es wegen eines Feiertages, dem Wetter oder einfach, weil es schon immer so war."

Mercedes mit Öko-Flotte bei Formel-1-Rennen in Europa

Mercedes ist schon einen Schritt weiter. 2022 fand ein Probelauf zur Emissionsreduktion statt, nun soll es auch in Europa möglichst klimaneutral weitergehen. Über 200 Tonnen CO2 und 60 Prozent Emissionseinsparungen sollen durch die Verwendung vom Biokraftstoff HVO100 erreicht werden. "Bei jeder Fahrt unserer Trucks ist eine Emissionsreduzierung von 89 Prozent möglich", berichtet Alice Ashpitel, Head of Sustainability bei Mercedes.

Toto Wolff und Mercedes setzen ebenfalls auf Biokraftstoff, Foto: Mercedes
Toto Wolff und Mercedes setzen ebenfalls auf Biokraftstoff, Foto: Mercedes

"Allerdings ist uns bewusst, dass die Beschaffung von HVO100 in ganz Europa nach wie vor ein großes Problem darstellt", merkt Ashpitel an. Auch die Stromgeneratoren von Mercedes an der Rennstrecke sollen damit betrieben werden. Neben dem W14 ein weiteres Projekt, nachdem mit nachhaltigem Kerosin bereits Flugtransitemissionen um die Hälfte reduziert wurden. "Der Rennsport wird durch Leidenschaft angetrieben, um nicht nur führend zu sein, sondern Pionierarbeit zu leisten", betont Toto Wolff.

Formel 1 Kalender 2023, Termine und Strecken

  • 23. - 25. Februar: Testfahrten in Bahrain
  • 05. März: Großer Preis von Bahrain (Sakhir)
  • 19. März: Großer Preis von Saudi Arabien (Jeddah)
  • 02. April: Großer Preis von Australien (Melbourne)
  • 30. April: Großer Preis von Aserbaidschan (Baku)
  • 07. Mai: Großer Preis von Miami
  • 28. Mai: Großer Preis von Monaco
  • 04. Juni: Großer Preis von Spanien (Barcelona)
  • 18. Juni: Großer Preis von Kanada (Montreal)
  • 02. Juli: Großer Preis von Österreich (Spielberg)
  • 09. Juli: Großer Preis von Großbritannien (Silverstone)
  • 23. Juli: Großer Preis von Ungarn (Budapest)
  • 30. Juli: Großer Preis von Belgien (Spa)
  • 27. August: Großer Preis der Niederlande (Zandvoort)
  • 03. September: Großer Preis von Italien (Monza)
  • 17. September: Großer Preis von Singapur
  • 24. September: Großer Preis von Japan (Suzuka)
  • 08. Oktober: Großer Preis von Katar
  • 22. Oktober: Großer Preis von USA (Austin)
  • 29. Oktober: Großer Preis von Mexiko (Mexiko Stadt)
  • 05. November: Großer Preis von Brasilien (Sao Paulo)
  • 19. November: Großer Preis von Las Vegas
  • 26. November: Großer Preis von Abu Dhabi

Diese Wochenenden finden im Sprint-Format statt