Mit einer souveränen Leistung schlug George Russell nach dem Samstags-Desaster in Barcelona zurück. Von Startposition zwölf aus kämpfte sich der Mercedes-Pilot im Rennen zurück auf den dritten Platz. Aber sein fahrerisches Können ist nach dem Spanien-GP nicht unbedingt das größte Thema. Stattdessen muss Russell einen bizarren Funkspruch aus dem Rennen erklären.

Mitten im Grand Prix überraschte Russell nämlich die ganze Formel 1 mit der Ansage, dass es in Kurve fünf regnen würde. Zuerst unerklärlich - nicht nur, weil kein anderer Fahrer davon berichtete, sondern auch, weil Kurve fünf inmitten der Strecke liegt. Dass die ersten Regentropfen ausgerechnet hier fallen sollten erschien fast unmöglich.

Ein paar Runden später kam Russell wieder am Funk - "Meldet sonst jemand Regen?" - und lieferte eine Erklärung ab, die in der Formel-1-Geschichte ihresgleichen sucht: "Ich denke, es ist Schweiß auf der Innenseite meines Helms." In der Pressekonferenz erklärte er - leicht peinlich berührt - wie das möglich war.

Russell erklärt: So lässt sich ein Formel-1-Fahrer täuschen

"Im ersten Stint sind meine Haare heruntergehangen, ich glaube, ich habe sie nicht ganz unter meine Balaclava bekommen", sagt Russell. Formel-1-Piloten tragen alle diese feuerfeste Sturmhaube, und üblicherweise werden alle Haare feinsäuberlich hineingeschoben. "Das hat mich genervt, weil es in meinem peripheren Sichtfeld war."

Mit fortschreitendem Rennen begann Russell dann selbstverständlich zu schwitzen: "Und weil die Haare nicht unter meiner Balaclava waren, hat es begonnen, runter auf mein Gesicht zu tropfen." Frei bewegliche Flüssigkeit während einem Formel-1-Rennen, bei dem die Fahrer beim Anbremsen dem Mehrfachen des eigenen Körpergewichts ausgesetzt sind, konnte nur zu einem führen: "Wenn ich gebremst habe, flog das vorwärts auf mein Visier."

Das ganze Rennen über gab es in Barcelona dunkle Wolken, Foto: LAT Images
Das ganze Rennen über gab es in Barcelona dunkle Wolken, Foto: LAT Images

In Wahrheit kam der Regen in Barcelona nie, obwohl am Start bis zu 40 Prozent Wahrscheinlichkeit ausgegeben worden waren. Was Russell weiter in den Irrtum trieb: "Mit den grauen Wolken und den Tropfen auf dem Visier dachte ich, dass es Regen sei. Das war ein bisschen ein peinlicher Moment."

Russell braucht keinen Regen für Barcelona-Comeback

Immerhin - fahrerisch hatte der Fauxpas für Russell keine Folgen. Überhaupt fuhr der Mercedes-Pilot ein exzellentes Rennen. In der ersten Runde verbesserte er sich bereits von seinem zwölften Startplatz auf den siebten Rang, indem er in der ersten Kurve dem Chaos vor ihm auch gekonnt auswich und dann in Kurve vier auch noch Nico Hülkenberg ausmanövrierte.

Auch danach fand seine ganze Aufholjagd eigentlich auf der Strecke statt: "Ich dachte, Platz drei wäre etwas zu weit weg - aber das Auto war richtig, richtig toll heute." Der Mercedes streichelte in Barcelona seine Reifen, und schon im ersten Stint wurde Russell klar, dass es tatsächlich viel weiter nach vorne gehen konnte: "Als ich die anderen in die Box kommen sah, und sich meine Reifen noch gut angefühlt haben."

George Russell am Start in Barcelona, Foto: LAT Images
George Russell am Start in Barcelona, Foto: LAT Images

Russell überholte schließlich Fernando Alonso, Esteban Ocon, Lance Stroll und Carlos Sainz allesamt auf der Strecke und hielt bis zum Schluss Sergio Perez hinter sich. "Hoffentlich ein Blick in die Zukunft", ist Russell optimistisch. Teamkollege Lewis Hamilton holte den zweiten Platz und sprach vom besten Auto in eineinhalb Jahren. Die in Monaco eingeführten Updates deuten einen klaren Schritt nach vorne an.

Trotzdem mahnt Russell am Ende, dass die kühleren Temperaturen womöglich dem Auto entgegenkamen. Das Problem mit dem schmalen Arbeitsfenster besteht noch immer, wie das Qualifying illustrierte: "Wir werden dieses eine Rennen nicht überbewerten, weil wir wissen, dass es in Zukunft anders kommen könnte. Und ich denke, generell waren Aston Martin und Ferrari etwas weiter hinten als sonst." Vorläufig hat sich Mercedes aber den zweiten WM-Platz gekrallt. Russell liegt hinter Hamilton auf P5.