Der Spanien-GP 2023 wartet mit einer Veränderung der Strecke auf. Die Formel 1 fährt nun wieder auf dem alten Layout des Circuit de Barcelona-Catalunya, welches letztmals 2006 zur Anwendung kam. Es war seitdem weiterhin bei Motorradrennen in Betrieb. Bei diesem Layout wird die flüssigere Kurvenform am Ende der Gegengeraden in Kurve 10 gewählt. Die wichtigere Veränderung ist jedoch der Wegfall der Schikane zwischen den Kurven 11 und 13. Anstatt einer winkeligen Passage mit darauffolgender Vollgaskurve leiten nun zwei schnelle Kurven den Weg zur Start-/Zielgeraden ein. Wir sehen uns an, was sich die Teams davon Erwarten.

"Die Entfernung der Schikane in Barcelona wird nicht ohne Folgen bleiben. Sie war die langsamste Kurve der Strecke mit hohen Randsteinen, und man musste dafür Kompromisse bei der Abstimmung eingehen. Jetzt, wo sie weg ist, wird sich der Charakter der Strecke leicht verändern. Statt einer mittelschnellen Kurve und einer Schikane wird es nun zwei Hochgeschwindigkeitskurven geben", analysiert Riccardo Musconi von Mercedes. Eine Folge dessen ist für den Ingenieur aus Italien klar: "Was die Rundenzeit angeht, wird die Strecke ziemlich schnell sein, weil es ein langsamer und kurviger Abschnitt war, der jetzt wegfällt."

Kurve 12 wurde letztmals 2006 befahren, Foto: Sutton
Kurve 12 wurde letztmals 2006 befahren, Foto: Sutton

Der Rundenrekord im Qualifying auf dieser Variante liegt bei 1:14.637 Minuten, aufgestellt von Michael Schumacher im Ferrari im Q2 von 2006. Der Sieger des damaligen Rennens war im Übrigen der einzige Fahrer, der auch heute noch am Start steht. Es handelt sich natürlich um Lokalmatador Fernando Alonso. Der Aston-Martin-Pilot ist bereits gespannt auf die Änderung und erhofft sich dadurch eine bessere Show: "Es wird interessant sein, wieder ein Rennen ohne Schikane am Ende der Runde zu fahren, und hoffentlich ergeben sich dadurch mehr Überholmöglichkeiten."

Alonsos ehemaliger Renningenieur und heutiger McLaren-Teamchef Andrea Stella stimmt zu: "Diese Änderungen sollten uns ein schnelleres, spannenderes Rennen mit tollen Überholmöglichkeiten bescheren." Die Idee ist simpel: Wenn die Autos mit mehr Geschwindigkeit auf die Gerade kommen, so wird auch der DRS-Effekt für den Verfolger größer. Andererseits müssen sie aber durch mehr verwirbelte Luft in den Zielkurven fahren. Ob die Rechnung aufgeht, muss sich noch zeigen.

Das letzte Rennen auf dem alten Layout gewann Fernando Alonso, Foto: Sutton
Das letzte Rennen auf dem alten Layout gewann Fernando Alonso, Foto: Sutton

Neues Formel-1-Layout wird Belastungsprobe für die Pirelli-Reifen

Die Ingenieure der Formel 1 denken aber ohnehin nicht nur an die Show, sondern an die Folgen für Auto und Setup. Dave Robson von Williams sieht vor allem einen entscheidenden Faktor: "Es ändert sich eine Menge, aber immerhin auf eine Konfiguration, die wir bereits aus der Vergangenheit gut kennen. Ich glaube, besonders interessant wird, wie die Reifen durchalten, insbesondere der linke Vorderreifen. Man hat vier schnelle langgezogene Rechtskurven. Ich denke, das wird diktieren, was man für das Auto im Rennen braucht. Der Level an Abtrieb und die Balance wird bestimmen, wie sich der Vorderreifen verhält."

Ferrari-Teamchef Fred Vasseur vermutet ebenfalls, dass die ohnehin schon große Reifenthematik in Barcelona damit verstärkt wird: "In Barcelona bist du immer am Limit, je nachdem ob die Kurven 3 und 9 mit Vollgas gehen. Es ist eine Strecke, wo du viel Abtrieb brauchst. Die vorletzte Kurve wird nicht mehr die Schikane, sondern eine Medium- bis Highspeed-Kurve sein, die allerdings nicht mit Vollgas durchfahren wird. Das wird den Zugang auf der Strecke verändern. Es ist schwer, Voraussagen zu treffen. Es wird am Limit sein, aber das war es schon immer dort. Das liegt an den Bedingungen, den Temperaturen."

Für den Franzosen macht das aber auch den Reiz des Wochenendes aus, denn ein Allzweck-Setup ist wohl unmöglich: "Das macht Barcelona so interessant. Im Qualifying gast du komplett an, kannst es aber im Rennen nicht. Das Level an Abtrieb, dass du für das Qualifying brauchst, könnte anders sein als für den Renntrimm." Gut möglich, dass die Teams also auf mehr Abtrieb und damit weniger Reifenverschleiß setzen könnten, zumal Pirelli mit C1 bis C3 nicht einmal die härteste Mischungswahl nominiert hat (seit diesem Jahr gibt es auch den C0). Die vermeintlich bessere Überholchance im Rennen könnte das Qualifying weniger bedeutend machen, als es normalerweise in Barcelona ist. Rein statistisch ist die Pole hier sogar wichtiger als in Monaco.

Die Teams bereiten sich auf solche Streckenänderungen intensiv vor. Zwar gibt es aus Barcelona noch alte Daten aus den 2000ern, aber das waren völlig andere Autos. Für Lizzie Thompson aus dem Simulator-Team von Mercedes fängt die Arbeit schon lange vor dem Wochenende an: "Wenn wir eine Layout-Änderung wie den Wegfall der Schikane in Barcelona haben, ist es für uns sehr wichtig, dass wir die aktuellsten Informationen über die Änderungen an der Strecke erhalten. Wir können sie dann in den Simulator einbauen, den Fahrern die Möglichkeit geben, sich mit der neuen Strecke vertraut zu machen, und ihr Feedback dazu einholen, wie sich das Setup des Autos dadurch verändern könnte." Barcelona ist als langjähriger Teststandort die Strecke, die alle Teams in und auswendig kennen. In der Ausgabe von 2023 könnte es scheinbar aber dennoch die ein oder andere Überraschung geben.