Nico Hülkenberg hatte am Formel-1-Sonntag in Baku ein erkenntnisreiches Rennen, wenn auch der Ausgang mit Platz 17 alles andere als ertragreich war. Der Haas-Pilot und sein Team trafen für den Grand Prix eine radikale Entscheidung. Nach dem Sprint am Samstag steckten sie in einer Setup-Sackgasse. Der einzige Ausweg lag im Bruch des Parc-fermé-Reglements, um den VF-22 von Hülkenberg wieder auf Werkseinstellung zurückzusetzen. Die Strategie ging nicht auf, doch die Nullnummer war ihm immer noch lieber als ein ganzes Rennen mit Horror-Setup.

"Wir haben uns die Sachlage angeschaut. Ich wäre als 16. gestartet, aber wenn du mit dem Wissen ins Rennen gehst, dass du das falsche Setup hast, nichts funktioniert und dir 51 Runden voller Schmerzen bevorstehen, ist es für mich ein No-Brainer, das Auto zurückzubauen und aus der Boxengasse zu starten", erklärt Hülkenberg. Der Formel-1-Rückkehrer hatte sich an den ersten drei Rennwochenenden der Saison 2023 stets in guter Form präsentiert und kontinuierlich gesteigert. Auf dem Baku City Circuit wollte es hingegen von Anfang an nicht laufen.

Im Qualifying am Freitag kam er nicht über den besagten 16. Startplatz hinaus. Im Sprint fiel er von Startplatz zwölf auf die 15. Position zurück. Nach dieser misslungenen Generalprobe wollte Hülkenberg am Sonntag alles, nur keine Wiederholung. "Wir hatten hier etwas anderes versucht, von dem wir dachten, dass es gut wäre, aber es stellte sich heraus, dass es nicht so gut war. Deshalb entschieden wir uns gestern Abend, die Reißleine zu ziehen", so der 35-Jährige.

Teamchef Günther Steiner erklärte, dass die Ingenieure bei Hülkenberg nach dem Fehlschlag das Setup von Stallgefährte Kevin Magnussen übernahmen. "Wir haben das Auto wieder auf eine bekannte und konventionelle Konfiguration zurückgebaut, die wir in Jeddah und Melbourne gefahren sind", so Hülkenberg, der als einer von drei Fahrern auf dem harten Reifen in den Grand Prix ging.

Hülkenberg spekuliert auf Rennunterbrechung

In der Anfangsphase fuhr er ein unscheinbares Rennen. Als Nyck de Vries in der elften Runde eine Safety-Car-Phase auslöste, hatten ihn die Boxenstopps der Konkurrenz allerdings schon auf den zehnten Platz gespült. Dort machte es sich Hülkenberg für die nächsten 30 Runden hinter Esteban Ocon mehr oder weniger bequem. Der Franzose war ebenfalls auf dem harten Reifen aus der Boxengasse gestartet und neben ihm der einzige Fahrer, der nach der Neutralisierung noch keinen Reifenwechsel absolviert hatte.

"Es war ein Sprint, ich bin volle Kanne gefahren und musste volle Kanne fahren, um mitzukommen", erklärt Hülkenberg am Mikrofon von Sky. Trotz DRS fand er keinen Weg vorbei am Alpine-Fahrer, konnte sich nach hinten allerdings problemlos gegen die Verfolger verteidigen und lag damit kurz vor Schluss immer noch auf einem Punkterang. Um diesen zu halten, hätten er und sein Team allerdings eine späte Rotphase gebraucht, um so einen Reifenwechsel ohne Zeit- und Positionsverlust geschenkt zu bekommen.

"Wir hofften natürlich auf irgendeine Neutralisierung, aber das trat nicht ein", so Hülkenberg, der in Runde 45 eine Position an Lando Norris verlor und daraufhin durchgereicht wurde. "Die letzten zehn Runden sind mir die Reifen eingegangen. Dafür war die Pace über 40 Runden lang einfach etwas zu hoch für uns", sagt er. In der 49. Runde wechselte er für die letzten drei Runden des Rennens noch einmal zurück auf den weichen Reifen, doch als 17. gab es nichts mehr zu holen.

Lerneffekt in Baku wichtiger als Punkte

Unter dem Strich lohnte sich die Übung für ihn und das Team aber trotz des ausgebliebenen Resultats. "Es lief heute deutlich besser als gestern, auch wenn das Ergebnis nicht gekommen ist. Wir müssten den Resetknopf drücken. Das andere Setup hat im Simulator sehr gut funktioniert, aber in der Realität leider nicht. Das haben wir im Sprint auf die harte Tour gelernt und deshalb den Notausgang gewählt, um das Auto für heute wiederherstellen zu können und aus der Box zu starten."

Für ein Punkteresultat hätte es seiner Meinung nach aber sowieso kaum gereicht: "Wenn das Rennen einen verrückten Verlauf genommen hätte, wären wir mit unserer Pace wenigstens halbwegs mit einer Chance auf ein Resultat gewesen. Aber es war so oder so nicht unser bestes Wochenende. Selbst mit einem perfekten Wochenende wäre es gewagt gewesen, von Punkten zu sprechen."