Nachdem sich am Ende des Australien GP die Ereignisse überschlagen hatten, ging ein Zwischenfall fast unter. Schon vor dem ersten stehenden Restart hätte es in der Runde in die Startaufstellung fast mehrere Auffahrunfälle gegeben. Beim Fahrerbriefing in Baku kam die Thematik erneut auf den Tisch. FIA-Rennleiter Niels Wittich reagierte umgehend und änderte mit einem Kniff die Regeln provisorisch.

In den Event Notes fügte Wittich in Version vier unter Punkt 23 noch diverse Zusätze hinzu. Darin werden genauere Anweisungen für eine Rennunterbrechung gegeben. Für den Fall, dass es in Baku einen stehenden Restart gibt, müssen die Piloten nur noch auf dem Papier hinter dem Safety Car zurück in die Startaufstellung fahren.

Russell sorgt in Australien fast für Massen-Crash

Das Reglement schreibt eigentlich vor, dass die Fahrer bei der Wiederaufnahme des Rennens die Boxengasse hinter dem Safety Car verlassen. Anschließend fahren sie eine Einführungsrunde hinter Bernd Mayländer, ehe der wieder in die Boxengasse abbiegt und sich das Feld wieder in der Startaufstellung einfindet.

Magnussen blieb in Australien nur der Weg durchs Kiesbett, um eine Kollision zu vermeiden, Foto: LAT Images
Magnussen blieb in Australien nur der Weg durchs Kiesbett, um eine Kollision zu vermeiden, Foto: LAT Images

Genau dieses Prozedere hatte in Australien fast zu einem mehrfachen Auffahrunfall geführt. Weil in der Runde in die Startaufstellung einige Autos fast zum Stillstand kamen, musste Zhou Guanyu kurzfristig mehrere Boliden rechts überholen, um niemandem ins Heck zu fahren. Als nächster Pilot lief Logan Sargeant auf. Der Williams-Pilot musste mangels Platz schon links neben dem Kerb an zwei Fahrern vorbeigehen, um eine Kollision zu vermeiden. Als Kevin Magnussen als Letzter mit riesigem Überschuss ankam, blieb ihm nur noch der Weg durch das Kiesbett an sechs Autos auf einmal vorbei.

Die Rennleitung ließ den Fall von den Stewards untersuchen, die in George Russell zwar den Hauptschuldigen sah, ihn aber nicht bestrafte. Russell ließ beim Start aus der Boxengasse einen recht großen Abstand auf seinen Vordermann und fuhr deshalb verhältnismäßig schnell, um das Feld wieder einzuholen.

Währenddessen machte das Safety Car an der Spitze des Feldes die Lichter aus und Hamilton durfte als Führender die Pace diktieren. Weil der Brite extrem langsam machte, fuhren Russell und alle Piloten hinter ihm mit hohem Überschuss auf das Feld auf.

Regeln schreiben Safety Car vor, aber...

Um eine Wiederholung zu vermeiden, wurde das Prozedere nun angepasst. Das Safety Car schaltet nun eine Sekunde nach dem Verlassen der Boxengasse die Lichter aus. Die Piloten dürfen die Boxengasse nicht mehr direkt hinter Bernd Mayländer verlassen, sondern müssen 30 Sekunden warten.

Weil das Reglement nicht kurzfristig angepasst werden kann, hat Rennleiter Niels Wittich einen Workaround gefunden, Foto: LAT Images
Weil das Reglement nicht kurzfristig angepasst werden kann, hat Rennleiter Niels Wittich einen Workaround gefunden, Foto: LAT Images

Damit schafft der Rennleiter einen Workaround. Das Reglement kann auf die Schnelle nicht verändert werden. Durch Wittichs Instruktionen werden die Regeln eingehalten, gleichzeitig wird aber das Problem gelöst. Indem das Safety Car die Lichter sofort ausmacht, darf der Führende das Tempo vorgeben. Sonst müsste er innerhalb von zehn Wagenlängen hinter Mayländer bleiben.

Die Verzögerung um 30 Sekunden führt dazu, dass der Führende die Aufwärmrunde auch schneller fahren kann, ohne sofort auf das Safety Car aufzulaufen. Denn überholen darf er Mayländer laut Reglement nicht.

Eine Dauerlösung soll der Workaround nicht sein. Um das sportliche Reglement zu ändern, muss die Formel-1-Kommission Änderung, die in einer Arbeitsgruppe formuliert werden, zunächst beschließend, anschließend muss der Motorsportweltrat das Reglement absegnen. Am Rennwochenende ist das nicht möglich.