Nach dem zweiten Restart beim Australien-GP 2023 hatten die Streckenposten so einiges zu tun. Nicht weniger als vier Autos waren nach den Unfällen der beiden Alpine-Piloten und dem Abschuss von Nyck de Vries durch Logan Sargeant Schrott. Dazu wurde auch noch Fernando Alonso von Carlos Sainz umgedreht. Es war bei weitem nicht der erste Start in der Formel 1, bei dem es drunter und drüber ging. Wir erinnern uns zurück an die chaotischsten Startkarambolagen.

Großbritannien 2022: Der Halo rettet Zhou das Leben

Bei diesem Start ging das Chaos von Mercedes-Pilot George Russell aus, der schlecht wegkam. Guanyu Zhou wollte daneben vorbeiziehen, ließ aber eine größere Lücke zum Mercedes. In diese wollte Pierre Gasly stechen, doch Russell zog nach links und machte die Türe zu. Der Franzose konnte nichts mehr machen, es kam zur Berührung zwischen Gaslys rechtem Vorderreifen und dem linken Hinterrad des Silberpfeils. Russell wurde umgedreht und schoss in Zhou. Weiter hinten verunfallte auch noch Alex Albon, der bei einem Ausweichversuch die Kontrolle über seinen Williams verlor.

Guanyu Zhous Überrollbügel wurde abgerissen, aber der Halo hielt stand, Foto: LAT Images
Guanyu Zhous Überrollbügel wurde abgerissen, aber der Halo hielt stand, Foto: LAT Images

Am schlimmsten erwischte es aber Zhou. Russells Mercedes hatte seinen Alfa Romeo ausgehebelt und auf den Kopf geworfen. Ohne Bremswirkung schlitterte der Wagen in die Streckenbegrenzung und wurde darüber hinweg in den Fangzaun geschleudert. Der Chinese blieb unverletzt und wusste auch wem er dies zu verdanken hatte: Im Gegensatz zu seinem Überrollbügel war der Halo ganz geblieben und schütze ihn während der Schlitterpartie, als das Auto auf dem Kopf stand. Der bei der Einführung umstrittene Heiligenschein hatte sich erneut bewährt.

Ungarn 2021: Bottas spielt Bowling in der ersten Kurve

Der Start des Ungarn Grand Prix 2021 fand unter nassen Bedingungen statt, die Fahrer hatten Intermediates aufgeschnallt. Mercedes-Pilot Valtteri Bottas erwischte einen schlechten Start und Lando Norris im McLaren setzte sich vor ihn. Dann verpasste Bottas den Bremspunkt in Kurve Eins komplett und schob Norris in den Red Bull von Max Verstappen. Der Finne selbst hatte immer noch viel Schwung und rutschte in den zweiten Bullen von Sergio Perez.

Bottas räumte vorne alles ab, im Hintergrund schlägt Stroll gleich in Leclerc ein, Foto: LAT Images
Bottas räumte vorne alles ab, im Hintergrund schlägt Stroll gleich in Leclerc ein, Foto: LAT Images

Doch damit nicht genug, denn auch dahinter tat sich noch etwas. Lance Stroll war ebenfalls zu spät auf der Bremse und versuchte nach innen Auszuweichen. Dabei kam er aufs Gras und rauschte in den Ferrari von Charles Leclerc, welcher wiederum in den McLaren von Daniel Ricciardo geschoben wurde. Die Folge des Startunfalls waren fünf ausgefallene Autos. Verstappen und Ricciardo konnten das Rennen beim Restart nach Roter Flagge wieder aufnehmen, doch waren ihre Autos durch Beschädigungen stark gehandicapt. Verstappen holte sich als Neunter zumindest noch zwei Punkte.

Belgien 2012: Grosjean holt sich eine Sperre ab

Zu Beginn des Belgien Grand Prix 2012 lag die Aufmerksamkeit zunächst auf Williams-Pilot Pastor Maldonado, der erstaunlich gut wegkam. Später stellte sich heraus, dass der Venezolaner einen Frühstart hingelegt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war aber schon ein anderer Vorfall in aller Munde, in dem der Sieger des Spanien Grand Prix 2012 trotz seines Rufes als Crashpilot diesmal Opfer war. Hinter dem führenden Jenson Button waren in La Source der McLaren von Lewis Hamilton und der Lotus von Romain Grosjean angeflogen gekommen, welche den Ferrari von Fernando Alonso, die beiden Sauber von Sergio Perez und Kamui Kobayashi und eben Maldonado mitnahmen.

Wie konnte das passieren? Grosjean hatte einen guten Start erwischt und wollte sich für La Source innen Positionieren. Dabei übersah er jedoch Hamilton komplett und drückte diesen in die Wand. Beide verloren dadurch die Kontrolle und ihre Boliden wurden zum Geschoss. Grosjean traf Perez und wurde durch die Luft auf Alonso geschleudert. Infolgedessen drehte Perez Maldonado um. Hamilton hingegen traf auch noch Alonso und berührte Kobayashi. Nur der Japaner und der Venezolaner konnten weiterfahren, allerdings ohne Chance auf Punkte. Grosjean wurde als Schuldiger von den Stewards ausgemacht und erhielt, auch aufgrund vorheriger Vergehen, eine Rennsperre für den Italien Grand Prix. Es ist bis heute die letzte Sperre, die in der Formel 1 verhängt wurde.

Fernando Alonso hatte 2012 in Belgien Glück, damals gab es noch keinen Halo, Foto: Sutton
Fernando Alonso hatte 2012 in Belgien Glück, damals gab es noch keinen Halo, Foto: Sutton

Australien 2002: Ralf Schumacher fliegt

Die Formel-1-Saison 2002 begann spektakulär. Beim Start des Australien Grand Prix wollte Ralf Schumacher im Williams den führenden Rubens Barrichello im Ferrari angreifen. Der Brasilianer reagierte und zog beim Bremsen auf Kurve Eins zur Verteidigung vor den Deutschen. Schumacher hatte keine Chance mehr zu reagieren und fuhr auf. Der Ferrari wurde zur Sprungschanze für den Williams, welcher durch die Luft und ins Kiesbett flog.

Der Beginn des Chaos: Ralf Schumacher wird in die Luft katapultiert, Foto: Klynsmith/Sutton
Der Beginn des Chaos: Ralf Schumacher wird in die Luft katapultiert, Foto: Klynsmith/Sutton

Doch damit nicht genug, denn der Vorfall löste eine Kettenreaktion aus. Michael Schumacher und Kimi Räikkönen konnten noch über das Gras ausweichen, doch Giancarlo Fisichella im Jordan traf die beiden Sauber von Nick Heidfeld und Felipe Massa. Aus dieser Kollision heraus wurden auch noch Jenson Button, Olivier Panis und Allan McNish erwischt, während zahlreiche andere Piloten sich einen Weg durch das Trümmerfeld bahnten. Wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt. Der Saisonauftakt hatte damit aber schon acht von 22 Autos in der ersten Kurve verloren. Weder für Barrichello noch für Schumacher gab es eine Strafe, die Stewarts werteten die Situation als Rennunfall.

Belgien 1998: Die Mutter aller Startunfälle

Das Ardennen-Wetter in Spa zeigte sich an diesem Rennsonntag im Jahre 1998 von seiner bestens bekannten Seite: Es schüttete in Strömen. Dennoch fällte die Rennleitung die überraschende Entscheidung, das Rennen stehend zu starten und nicht, wie von einigen Fahrern gefordert, hinter dem Safety-Car. Beim Start kam das Feld noch unbeschadet durch La Source, doch dann folgte der große Knall. Der fünfplatzierte David Coulthard verlor seinen McLaren über ein Metallgitter fahrend und schlug auf dem Weg zu Eau Rouge rechts in der Wand ein. Sein Auto wurde wieder auf die Strecke zurückgeschleudert, direkt in den Weg des heranstürmenden Feldes.

Spa wurde 1998 zum größten Millionengrab der Formel-1-Geschichte, Foto: Sutton
Spa wurde 1998 zum größten Millionengrab der Formel-1-Geschichte, Foto: Sutton

Es kam, wie es kommen musste. Coulthard löste eine Kettenreaktion aus, die zum größten Massencrash der Formel-1-Geschichte führte. 13 Fahrer waren betroffen, das Rennen wurde natürlich sofort unterbrochen. Unglaublicherweise wurde niemand ernsthaft verletzt. Auch die Zuschauer blieben heil, obwohl zahlreiche Teile, inklusive Reifen, durch die Gegend geschleudert wurden. Da es damals noch Ersatzfahrzeuge gab, konnten beim Restart nur vier Fahrer nicht wieder an den Start gehen. Für sie war kein T-Car mehr übrig. Ironischerweise führte das dazu, dass auch Coulthard wieder teilnahm und im Rennen dann am nächsten haarigen Moment beteiligt war, als Michael Schumacher beim Überrunden auf ihn auffuhr und mit einem dreirädrigen Ferrari in die Boxengasse zurückkehrte. In eben dieser knöpfte sich der Deutsche den Schotten vor und konnte nur von weiteren Teammitgliedern zurückgehalten werden. Eine Woche später sprachen sich die beiden aus und Schumacher erkannte an, dass es sich um ein Missverständnis handelte.

Österreich 1987: Ein riesengroßer Haufen Schrott

Der Österreich Grand Prix von 1987 stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Schon im Freitagstraining hatte McLaren-Pilot Stefan Johansson Glück, als er eine Kollision mit einem auf die Strecke gelaufenen Reh bei etwa 225 km/h beinahe unverletzt überlebte. Sein Auto hingegen war nach Einschlag in der Streckenbegrenzung ein Totalschaden. Am Sonntag musste schon in der Startrunde unterbrochen werden. Martin Brundles Zaakspeed war verunfallt, wodurch in Folge die beiden Tyrrells von Jonathan Palmer und Phillip Streif kollidierten. Auch Piercalo Ghinazi crashte seinen Ligier.

Martin Brundles Zakspeed war nur eines von vielen zerstörten Autos, Foto: LAT Images
Martin Brundles Zakspeed war nur eines von vielen zerstörten Autos, Foto: LAT Images

Der Höhepunkt sollte jedoch erst beim Restart erfolgen. Der zweitplatzierte Nigel Mansell kam mit Kupplungsproblemen schlecht weg und so schob sich das Feld hinter ihm zusammen. Es folgte eine Kettenreaktion, angefangen mit Eddie Cheevers Kollision mit Ricardo Patrese. Dahinter konnte fast ein Drittel des Feldes dem Crashfestival nicht entkommen. Die Start-Ziel-Gerade in Spielberg wurde durch einen großen Schrotthaufen blockiert. Zum Glück gab es nur Schaden am Material zu beklagen, Piloten wurden nicht verletzt. Für den dritten Start, nach über zwei Stunden langen Aufräumarbeiten, wurde das Feld mit Ersatzautos und reparierten Wagen aufgefüllt. Dieses Mal ging es gesitteter zu und am Ende gewann Mansell, der den zweiten Startcrash verursacht hatte.