Gerüchte über einen Verkauf der Formel 1 dominierten in den letzten Tagen die Schlagzeilen. Dass sich Mohammed Ben Sulayem, der Präsident des Automobil-Weltverbandes FIA, am 23. Januar mit einem Tweet öffentlich dazu äußerte, sorgt jetzt für eine politische Krise. Sogar mögliche rechtliche Schritte gegen die FIA werden von deren kommerziellen Partnern bei Liberty Media offen angesprochen.

Stein des Anstoßes ist ein angebliches 20-Milliarden-Dollar-Angebot des saudi-arabischen Fonds für ausländische Investments. Das soll von den Formel-1-Eigentümern Liberty zurückgewiesen worden sein. Ben Sulayem ließ daraufhin auf Twitter verlautbaren, dass es auch die Pflicht der FIA sei, die Folgen so eines Verkaufes einzuschätzen, dass ein Käufer mehr als bloß nur Geld bieten solle, und dass dieser Preis überteuert sei.

Daraufhin verschickten die Leiter der Rechtsabteilungen von Formel 1 und von Liberty Media einen Brief an die FIA, an die F1-Teams und an den Motorsport-Weltrat. In diesem Brief, der Motorsport-Magazin vorliegt, werden scharfe Worte der Warnung für Ben Sulayem und die FIA geäußert.

FIA ist nicht Formel 1: Darum gibt es Streit

"Die Kommentare im heutigen Posting überschreiten sowohl die Grenzen des definierten Aufgabenbereichs der FIA als auch die vertraglichen Rechte bezüglich der Vereinbarungen zwischen der FIA und der Formel-1-Gruppe", heißt es im Brief. Was ist an Ben Sulayems auf den ersten Blick simplen Statement so schlimm? Es geht darum, wer die Rechte an der Vermarktung der Formel 1 hält. Kommerziell hat die FIA nämlich keinen Einfluss.

  • Liberty Media: Kommerzieller Eigentümer, vermarktet die Formel 1
  • FIA: Oberste sportliche Autorität

Vor über zwei Jahrzehnten wurden die kommerziellen Rechte in einem beispiellosen Deal für nicht weniger als 100 Jahre an Bernie Ecclestone abgetreten. Heute hält der US-amerikanische Konzern Liberty Media diesen Deal in der Hand. Die FIA vermarktet nichts, sie schaut auf das Sportliche. Dass der FIA-Präsident sich nun in kommerziellen Fragen zu Wort meldet, ist für das Management von F1 und von Liberty daher schlichtweg nicht akzeptabel.

Formel 1 ortet inakzeptablen Eingriff der FIA

Die Vermarktungsrechte liegen bei der Formel 1 - und nur bei der Formel 1. Das lassen die Anwälte der F1-Führung klar durchblicken. Außerdem habe die FIA zugesichert, dass sie nichts tun würde, um "Eigentum, Management und/oder Nutzung dieser Rechte" zu beeinflussen: "Wir sehen die heutigen Kommentare, vom offiziellen Social-Media-Profil des FIA-Präsidenten, als inakzeptablen Eingriff in unsere Rechte."

Die Umstände, unter denen die FIA eine Rolle bei einem Verkauf der Formel 1 spielen würde, seien sehr begrenzt: "Jeder Hinweis oder jede Andeutung, dass ein potenzieller Käufer des Formel-1-Geschäfts mit der FIA Rücksprache halten muss, ist falsch."

F1-CEO Stefano Domenicali und FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem, Foto: Motorsport-Magazin.com
F1-CEO Stefano Domenicali und FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem, Foto: Motorsport-Magazin.com

Formel 1 stellt rechtliche Schritte gegen FIA in den Raum

Noch mehr Ärger macht die Tatsache, dass Ben Sulayem nicht nur zum Prozess eines Verkaufs Stellung nahm, sondern auch noch das kolportierte 20-Milliarden-Angebot als "überteuert" bezeichnete. Die Formel 1 ist nämlich ein börsennotiertes Unternehmen, erinnern die Anwälte.

"Wenn ein Individuum oder eine Organisation den Wert eines börsennotierten Unternehmens oder seiner Tochtergesellschaften kommentiert - und besonders, wenn dabei Insider-Wissen angegeben oder behauptet wird -, dann riskiert das schwere Schäden für die Anteilseigner und Investoren dieses Unternehmens", heißt es im Brief. "Obendrauf kann das zu potenziell ernsten regulatorischen Konsequenzen führen."

Daraufhin schließt der Brief: "Bei dem Grad, mit dem diese Kommentare den Wert der Liberty Media Corporation schaden, könnte die FIA dafür haftbar sein. Wir behalten uns alle Rechte bezüglich dieser Angelegenheit vor, aber wir hoffen und vertrauen darauf, dass es nicht notwendig sein wird, dieses Problem noch einmal anzusprechen."

Partnerschaft Formel 1 & FIA in der Krise?

Hinter den Kulissen der Formel 1 schaukeln sich die politischen Spannungen immer weiter auf. Ben Sulayem, der Ende 2021 die FIA-Präsidentschaft von Jean Todt übernahm, agiert deutlich aktiver als sein Vorgänger und bemüht sich, die Interessen des Weltverbandes stärker durchzusetzen. In den letzten Monaten taten gegenüber dem Liberty-Management immer mehr Uneinigkeiten auf.

In den ersten Tagen von 2023 spitzt sich die Lage jetzt in aller Öffentlichkeit zu. Zuerst machte Ben Sulayem Druck, den Formel-1-Einstieg von Michael Andretti und Cadillac zu akzeptieren. Nun geht es mit den Verkaufs-Gerüchten in die nächste Runde.