Die Formel-1-Saison 2022 ist vorbei, und mit 22 Rennen war sie eine sehr lange Saison. Zwar mag die WM früh entschieden gewesen sein, aber die Rennen für sich genommen waren doch mit Regelmäßigkeit spannend.

Was war der Höhepunkt? Diese Frage stellt sich heute die Redaktion von Motorsport-Magazin. Alle neun Redakteure haben ihren Favoriten von Saudi-Arabien bis Brasilien, gut verteilt über die ganze Saison. Ein Event sticht heraus. Aber beginnen wir der Reihe nach.

Action in Silverstone & Jeddah begeistert

Saudi-Arabien
Christian Menath
Vielleicht gipfelten die Saison 2021 und 2022 in Saudi-Arabien - nur 2021 war es das vorletzte Rennen, 2022 Rennen Nummer zwei… Der Zweikampf zwischen Max Verstappen und Charles Leclerc machte in diesem Jahr noch mehr Spaß als jener zwischen Verstappen und Lewis Hamilton im Vorjahr. Diesmal ging es fair zu, diesmal wurde beinhart auf der Strecke gekämpft, nicht aber daneben. Schade nur, dass Nicholas Latifi noch für eine Gelb-Phase sorgte, die das Finale etwas zerstörte.

Leclerc vs. Verstappen in Saudi-Arabien - einer der Shots des Jahres, Foto: LAT Images
Leclerc vs. Verstappen in Saudi-Arabien - einer der Shots des Jahres, Foto: LAT Images

Großbritannien
Carina Teifelhard
Silverstone war ein regelrechtes Chaos-Rennen. Nach einem turbulenten Start sorgte Guanyu Zhou mit einem Horror-Unfall für Anspannung. Das Desaster nahm auch nach dem Restart kein Ende: Das Red-Bull-Debakel begann. Sergio Perez mit Frontflügelschaden. Max Verstappen gehen die Reifen kaputt. In Führung? Die Ferrari-Piloten. Dann brach auch beim Team aus Maranello das Chaos aus. Teaminterner Kampf: Ja oder Nein zur Teamorder? Kurze Zeit später löste Esteban Ocon dann eine Safety-Car-Phase aus. Zum Abschluss kam es dann noch zu einem spektakulären Dreikampf zwischen Leclerc, Perez und Hamilton, bei dem der Mexikaner als Sieger hervorging.

Kein Weg vorbei am Ungarn-Klassiker

Ungarn
Florian Niedermair
Kein einziger Regentropfen, keine Safety-Car-Phase und dennoch gab es auf dem eigentlich als Langweiler-Strecke bekannten Hungaroring 71 Runden lang einen echten Thriller beziehungsweise aus Sicht der Tifosi eher ein Drama. Das ungewöhnlich kalte Wetter beim Ungarn-GP zerstörte alle Reifenkalkulationen und stellte eine sowieso schon spannende Ausgangslage nach der Pole von George Russell nochmal auf den Kopf. Selten rechnete die Formel-1-Welt weniger mit einem Verstappen-Sieg, selten beeindruckte der Doppel-Weltmeister mehr.

Ungarn
Rebekka Bauer
Eine Aufholjagd von Max Verstappen (inklusive sehenswerter 360-Grad-Drehung) zum Sieg, konfuse Ferrari-Strategien und Mercedes meldete sich zurück. Ungarn lieferte auch ohne Bowling-Bottas und Überraschungssieger ab. Von P10 aus zeigte Verstappen, wer der Herr im Haus ist. Mit Charles Leclerc wurde gleich zweimal kurzer Prozess gemacht. Pole-Mann Russell musste sich letztlich Red Bull geschlagen geben, Ferrari der eigenen Strategieabteilung. Lando Norris überholte beide Alpine auf einmal, Sebastian Vettel rettete einen Punkt ins Ziel. Danke Budapest, es war eine (unerwartete) Freude.

Max Verstappens Ungarn-GP war besonders spektakulär, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Max Verstappens Ungarn-GP war besonders spektakulär, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Ungarn
Samuel Marton
Für mich war Ungarn das perfekte Beispiel dafür, wie ein Rennen in der Formel 1 aussehen sollte. Verschiedene Umstände führten zu einem kleinen Chaos, bei dem man vor allem in der zweiten Rennhälfte nicht genau wusste, wer das Rennen am Ende eigentlich gewinnen würde, und das brachte eine ganz besondere Spannung mit sich. Am Samstag holte George Russell die Pole, ehe es am Sonntag lange so schien, als hätte Ferrari das Heft in der Hand. Am Ende siegte dann schließlich doch ein Max Verstappen, der sich zwischenzeitlich sogar mal gedreht hatte. Für jeden Motorsport-Fan war das einfach ein großartiges Rennen.

Ungarn
Markus Steinrisser
Ach, was soll's, machen wir das Ungarn-Quartett voll. Es gibt kein Rennen, dass ich guten Gewissens als Alternative nennen könnte. Spektakuläre GPs voll mit Dramen und Chaos, aber ohne nervige Unterbrechungen und ohne Wetter-Turbulenzen sind schlichtweg zu selten, um Ungarn nicht das angemessene Lob zukommen zu lassen. Das war ein Rennen, bei dem man das Gefühl hatte, dass alle am absoluten Limit agierten, wo dann auch einmal den Besten Fehler passieren, und wo kaum einer perfekt ist. Der beste Fahrer gewann trotzdem, aber erst, nachdem auch er über sich hinausgewachsen war. Perfekt.

Drama in Japan, Suspense in Brasilien

Japan
Stephan Heublein
Eigentlich halte ich es ja wie Lewis Hamilton - und weiß nach Saisonende schon nicht mehr, was bei welchem Rennen alles passiert ist. Aber der Japan GP 2022 hat sich doch gleich aus mehreren Gründen in mein Gehirn gebrannt. Klar, da war die laaaange Wartezeit auf den Start, samt der Ungewissheit, ob es überhaupt losgehen würde. Aber dann ging es Schlag auf Schlag: Beinahe-Katastrophe mit dem Traktor, ein unterhaltsames Rennen, von dem ich gerne noch die volle Distanz gesehen hätte (weg mit der 3-Stunden-Regel!) und dann auch noch die WM-Verwirrung um Verstappen. So etwas gibt es nur in der Formel 1.

Brasilien
Tobias Mühlbauer
Ich muss zugeben, hier ein bisschen zu schummeln, denn das Rennen in Interlagos war vermutlich nicht das allerbeste des Jahres. Aber ich möchte hier das gesamte Wochenende würdigen, denn das war 2022 unschlagbar. Am Freitag erlebten wir bereits die Sensation der Saison mit Kevin Magnussens Pole-Position. Am Samstag folgte der bisher beste Sprint mit einem fantastischen Duell zwischen George Russell und Max Verstappen. Das Rennen am Sonntag hatte dann auch einiges zu bieten: Kollisionen, Teamorderdrama und dazu einen Premierensieger. Brasilien hat einmal wieder abgeliefert.

Brasilien
Isabelle Grasser
Crash-Drama am Start, viele Überholmanöver, ständige Action und verweigerte Stallregie. Der Brasilien Grand Prix hatte es in sich. George Russells erster Formel-1-Sieg setzte dem Spektakel noch die Krone auf, und sorgte für gehörig Emotionen am Überraschungspodium. Das Rennen in Interlagos war in der Saison 2022 nicht zu überbieten. Vom Qualifying über den Sprint bis hin zum Rennen war der Grand Prix in Brasilien eine Erfolgsgeschichte, in der Höhen und Tiefen ganz nah aneinander lagen. Bei so viel Spannung auf der Strecke, ist es egal, dass der Weltmeistertitel schon lang entschieden ist.