Bahrain 2022 - die Hoffnung der Ferrari-Fans auf den ersten WM-Titel seit Kimi Räikkönen 2007 wird erneut zum Leben erweckt. Charles Leclerc startet die Formel-1-Saison mit einem Highlight. Mit einem fehlerlosen ersten Rennwochenende stellt er den amtierenden Weltmeister Max Verstappen in den Schatten, der zu allem Überfluss aus Red-Bull-Sicht auch noch kurz vor Rennende mit einem Defekt ausfällt. Ferrari-Doppelsieg unter dem Flutlicht von Sakhir.

Der Traumstart für die Tifosi ist geglückt. Diese Entwicklung machte aber dann eine schnelle 180-Grad-Wende. Nach selbst verschuldeten Fehlern, Defekten am Auto und Strategiepatzern seitens Ferrari holte der Niederländer zur Saisonmitte mit großen Schritten auf. Der WM-Kampf in der Analyse.

Leclerc: WM-Auftakt mit Hoffnungsschimmer

Charles Leclerc konnte zumindest in den ersten drei Rennen die Hoffnung der Tifosi aufrechterhalten. Doppelsieg für das Team aus Maranello und zweifaches Aus bei Red Bull. Mithalten konnte Verstappen mit der Performance des Ferraris anfangs nicht. Grund hierfür war jedoch nicht ein plötzlicher Talentverlust des Niederländers, sondern die Zuverlässigkeit des RB18.

Ab dem Spanien GP musste sich der Monegasse aber dann von der WM-Führung verabschieden. Nun war Leclerc mit der Aufholjagd an der Reihe. Viele Punkte konnte er in den anschließenden Rennen aber nicht ergattern. Nur in Österreich feierte der Ferrari-Pilot mit einem Sieg ein kleines Comeback. Diesen Trend konnte er aber nicht beibehalten. Zur Saison-Halbzeit lag Leclerc bereits 80 Zähler hinter Verstappen. Auch in der zweiten Saisonhälfte konnte Leclerc nicht mehr glänzen. Dabei war es nur noch eine Frage der Zeit, wann Verstappen erneut zum Weltmeister gekrönt werden würde.

Verstappen vs. Leclerc: Neuer Qualifying-König

Der Ferrari überbot den Red Bull in Sachen Performance insbesondere in der ersten Hälfte der Saison. Dies machte sich vor allem im Qualifying bemerkbar. Bis zur Sommerpause stand Leclerc sechsmal auf der Pole. Zusätzlich fuhr er immer unter die Top-3. Verstappen hingegen startete bis zum Ungarn GP nur dreimal von der Pole Position. Der Grund? Das Übergewicht des RB18.

Nahezu alle Teams starteten das Jahr 2022 deutlich über dem vorgegebenen Gewichtslimit. Das kostete besonders im Qualifying wichtige Zehntel. Im Vergleich zu Red Bull bekam das Team aus Maranello das Problem deutlich schneller in den Griff. Die Bullen konnten ihren RB18 zur Sommerpause deutlich abspecken. Gleichzeitig brachten sie aber auch Updates an den Start, wodurch das Gewicht des RB18 weiterhin schwankte.

Ab dem Belgien GP änderte sich die Situation schlagartig. Verstappen stand in der zweiten Saisonhälfte fünfmal auf der Pole. Leclerc konnte das Rennen nur zweimal von der Pole Position starten. Red Bull hatte das Gewichts-Problem gelöst und konnte so auch im Qualifying Gas geben. Qualifying-König wurde Verstappen in dieser Saison jedoch nicht mehr. Leclerc konnte ihn mit acht Poles vom Thron stoßen.

Verstappen vs. Leclerc: Der Renn-Vergleich

Der Ferrari-Pilot glänzte zwar in den ersten drei Rennen, diese Entwicklung konnte er jedoch nicht bis zum Ende der Saison fortführen. Nur dreimal erzielte der Monegasse in der gesamten Saison den ersten Platz. Verstappen hingegen überquerte 15-mal als Erster die Ziellinie. Dabei plagten das Team aus Maranello nicht nur technische Ausfälle und Strategiepatzer, auch die Reifenabnutzung ließ im Vergleich zu Red Bull während des Rennens zu wünschen übrig. Damit hatte der Niederländer nur in Österreich zu kämpfen.

Insbesondere die Aerodynamik-Updates hatten einen negativen Einfluss auf den Reifenverschleiß des Ferrari. Zusätzlich musste sich Leclerc in Sachen Reifenschonen gegen den Red-Bull-Piloten durchsetzen. Bei Verstappen war die Abnutzung grundsätzlich geringer als beim Monegassen. Nur beim Finale in Abu Dhabi bekam Ferrari das Setup perfekt hin und hatte keinerlei Schwierigkeiten mit dem schwarzen Gold.

In Sachen Weiterentwicklung konnte Ferrari ebenfalls nicht mit dem Team aus Milton Keynes mithalten. Red Bull brachte 2022 35 aerodynamische Updates an den Start. Die Scuderia war mit 17 Updates nicht nur schlechter als Red Bull aufgestellt, sie haben auch im Vergleich zu den anderen Teams ihren Boliden am wenigsten weiterentwickelt.

Verstappen vs. Leclerc: Technische Ausfälle und Fahrer-Fehler

Zum Saisonauftakt sah es noch so aus, als hätte nur Red Bull massive Zuverlässigkeitsprobleme. In Bahrain musste nicht nur Verstappen sein Rennen vorzeitig beenden, auch sein Teamkollege Sergio Perez blieb aufgrund des gleichen Defekts auf der Strecke liegen. Zum Ende des Rennens kam aufgrund eines Fehlers kein Benzin mehr im Motor an. Auch die Servolenkung Verstappens machte im ersten Rennen Probleme.

Verstappen hatte beim Bahrain GP ein Problem mit dem Benzinsystem, Foto: LAT Images
Verstappen hatte beim Bahrain GP ein Problem mit dem Benzinsystem, Foto: LAT Images

In Australien ließ der Red-Bull-Bolide den Niederländer erneut im Stich. Das Team konnte jedoch schnell eine Lösung finden. Für die restliche Saison fiel Verstappen kein einziges Mal mehr aus. Leclerc hingegen erlebte ein Debakel nach dem anderen. In Spanien und Baku musste auch er seinen Ferrari-Boliden aufgrund eines Defekts in der Box abstellen. Im Laufe der Saison wurde dann die Motorleistung gedrosselt. Der Ferrari war zwar schnell, die Zuverlässigkeit wurde dem Team aber immer mehr zum Verhängnis.

Im Gegensatz zu Leclerc fuhr der Niederländer nahezu fehlerlos durch die Saison. Dabei verschuldete er nur die Kollision mit Lewis Hamilton in Brasilien. Leclerc hingegen erlaubte sich über die Saison hinweg deutlich mehr Patzer. Dabei hatte der Unfall in Frankreich wohl die größten Folgen, denn hier ließ der Monegasse den Fahrer-Titel wortwörtlich auf der Strecke liegen.

Red Bull vs. Ferrari: Strategien und Boxenstopps

Die größte Baustelle der Scuderia war die Strategie. Das Team stand in diesem Punkt über die gesamte Saison in der Kritik. Schon in Ungarn machte das Team bei der Reifenwahl einen Fehler. Daraus gelernt hat Ferrari aber nicht. In Brasilien folgte der nächste Patzer. Während alle anderen Fahrer im Qualifying auf Slicks wechselten, wurden dem Monegassen Intermediate-Reifen aufgezogen.

Red Bull war auch in der Saison 2022 erneut der Boxenstopp-König. Somit konnte Verstappen auch in dieser Kategorie den Monegassen bezwingen. 32 % der Stopps des Niederländers waren unter 2,5 Sekunden. Leclercs Mechaniker schafften das nur bei 22 % der Boxenstopps.

Zusätzlich waren die Zeiten von Verstappen bei nur 7 % der Boxenstopps über 4,01 Sekunden. Auch hier hat die Scuderia einen großen Aufholbedarf. Denn gleich 19 % der Boxenstopps dauerten beim Monegassen länger als vier Sekunden. Das ist fast dreimal so viel wie beim Red-Bull-Piloten, der folgerichtig zum zweiten Mal Formel-1-Weltmeister wurde.