Die Formel 1 verabschiedet sich am Wochenenden in Abu Dhabi von vier Fahrern. Sebastian Vettel steigt planmäßig aus, Daniel Ricciardo, Mick Schumacher und Nicholas Latifi aus Mangel an Möglichkeiten. Während der Grand-Prix-Sieger und der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher sich Hoffnungen auf ein Comeback machen, hat der Dritte im Bunde einen schwereren Stand. Latifi hadert mit seinen Leistungen, die ihm eine Fortsetzung seiner Laufbahn in der Königsklasse verbauten.

"Das war mein schlechtestes Jahr aus den drei Jahren und es war ein entscheidendes Jahr, um meine Zukunft zu sichern. Ich denke, das ist die Realität und es hat am Ende einfach nicht gereicht", so Latifi vor seinem 61. und vorerst letzten Rennwochenende in der Königsklasse. Der Kanadier debütierte 2020 als Nachfolger von Robert Kubica bei Williams und zeigte gemessen an seinen Erfolgen in den Nachwuchsserien zunächst die erwarteten Leistungen.

"Die ersten beiden Jahre waren das, was man erwarten konnte. Auf die Rookiesaison habe ich mich im zweiten Jahr insgesamt sehr verbessert", sagt Latifi, der Ende 2021 im teaminternen Williams-Duell gegen George Russell wiederholt die Nase vorne hatte. Den positiven Trend konnte er 2022 mit dem neuen Reglement jedoch nicht fortsetzen. Gegenüber Alexander Albon fehlte nicht nur die Pace, sondern es häuften sich auch Fahrfehler und Unfälle, mit denen er zuvor nicht in einer derartigen Regelmäßigkeit aufgefallen war.

Im 18. Saisonrennen in Japan fuhr er als Neunter erstmals in die Punkte. Zu diesem Zeitpunkt stand jedoch längst fest, dass Williams ihm 2023 kein Cockpit mehr anbieten wird. "Das Jahr war ein Auf und Ab. Ich denke, wir haben als Team einen Schritt zurück gemacht und ich hatte einfach Probleme, mit dem Auto zurechtzukommen. Es waren unterschiedliche Schwierigkeiten, manches lag an mir, anderes dafür nicht in meiner Hand", erklärt der 27-Jährige.

Die Unfälle von Nicholas Latifi häuften sich in der Formel-1-Saison 2022, Foto: LAT Images
Die Unfälle von Nicholas Latifi häuften sich in der Formel-1-Saison 2022, Foto: LAT Images

Latifi für Formel-1-Chance dankbar

Mit dem Gedanken an sein Formel-1-Aus konnte er sich seit Ende September anfreunden. Die Gewissheit machte ihm das Leben rückblickend leichter. "Es waren noch sechs Rennen und ich habe den Ansatz verfolgt, aus jeder Möglichkeit das Beste zu machen und es so gut wie möglich zu genießen", so Latifi. "Ich wollte mir wegen all der Schwierigkeiten während der Saison keinen Stress mehr machen."

Das letzte Rennen kam letztendlich schneller als erwartet. Beim Abschied schwingt bei ihm durchaus etwas Wehmut mit. "Es ist natürlich etwas traurig und enttäuschend, weil ich gerne in der F1 weitermachen würde. Das ist mein Ziel und hier will ich sein. Aber es sieht nicht so aus, als wäre das der Fall", sagt er. Zugleich erfüllt ihn seine Zeit im Sport mit Zufriedenheit: "Ich bin dankbar für die drei Jahre. Ich war in einer sehr privilegierten Position. Andere Fahrer würden morden um hier auch nur ein Rennen zu fahren, ganz zu schweigen von drei Jahren."

Im Williams nie die Chance auf große Erfolge gehabt

Auf der anderen Seite hatte er stets einen schweren Stand. Selbst Mercedes-Talent George Russell, der sich unlängst als Grand-Prix-Sieger in die Geschichtsbücher des Sports eintrug, brauchte in den Autos von Williams ganze 49 Rennen, um erstmals in die Punkte zu fahren. "Wenn man in der Position ist, in der ich die vergangenen Jahre war, würde man sich wohl weniger Unterschiede zwischen den Autos wünschen. Aber es ist natürlich Teil der Formel 1, dieses Ausmaß an technischer Freiheit zu haben", so Latifi.

Russell durfte als Ersatz für Lewis Hamilton 2020 in Bahrain schon vor seinem Wechsel zu Mercedes einen Moment lang die Höhenluft in der Formel 1 genießen. Latifi hätte dieses Gefühl auch gerne erlebt: "Der Sport geht in die Richtung, das Feld enger zu machen, aber wir haben als Team immer um die hinteren Positionen gekämpft. Ich hätte es natürlich geliebt, die Erfahrung zu machen, vorne zu kämpfen, natürlich um Podien und Siege oder einfach regelmäßig um Punkte."