Für Sebastian Vettel ist in der Formel 1 die Zeit des Abschieds gekommen. Am Wochenende fährt der viermalige Weltmeister in Abu Dhabi sein letztes Rennen in der Königsklasse. Danach wartet auf ihn der Ruhestand. Lewis Hamilton und Fernando Alonso arrangieren sich mit dem Gedanken, ihren ehemaligen Rivalen 2023 nicht im Grid zu sehen. Andererseits prophezeien sie Vettel schon jetzt eine baldige Rückkehr in die F1.

"Wir haben schon gesehen, wie andere Fahrer zurückgekommen sind. Ich sitze jetzt hier und akzeptiere, dass das dein letztes Rennen wird, aber du wirst zurückkehren. Die Formel 1 hat es an sich, dich wieder in ihren Bann zu ziehen, so wie wir das bei anderen gesehen haben", so Hamilton in der Pressekonferenz vor dem Saisonfinale, in der unter anderem auch Vettel und Alonso anwesend waren.

Vettel nahm die Prognose mit Humor. "Wir können einen Deal machen. Lass uns draußen sprechen. Wenn du aussteigen willst, komme ich vielleicht zurück", flachste der 35-Jährige, dass er sich das Comeback mit der Aussicht auf ein Mercedes-Cockpit durch den Kopf gehen lassen würde.

Alonso gibt Vettel Ratschläge für Comeback

Wie schnell ein verlorener Sohn in die Arme der Formel 1 zurückkehren kann, zeigte am Donnerstag die Bekanntgabe von Nico Hülkenberg bei Haas für 2023. Alonso gab 2021 nach zwei Jahren Auszeit sein Comeback und wird kommende Saison im Alter von 42 Jahren in seine 20. Saison gehen. Der Spanier hatte sich die Fortsetzung seiner F1-Karriere selbst beim Rücktritt offen gehalten.

"Ich weiß nicht, wie er sich jetzt dabei fühlt. Aber falls es euch aufgefallen ist: bei mir stand selbst 2018 "auf Wiedersehen" auf dem Frontflügel. Das war kein Lebewohl", so Alonso, der von Anfang an seinen Plan hatte: "Ich hatte an dem Punkt andere Herausforderungen im Kopf. Die Formel 1 war nicht mehr meine Priorität. Aber ich liebe die Formel 1 und hatte immer das Gefühl, dass 2021 mit den neuen Regeln eine Möglichkeit sein könnte. Die Regeln wurden dann verschoben, aber ich kam 2021 trotzdem zurück."

Kommende Saison schlägt er mit Aston Martin ein neues Kapitel in der Formel 1 auf. Für Vettel hat er schon den ersten Ratschlag für ein Comeback parat. "Wenn du in den Sport zurückkehrst, gibt es keine Garantien, dass es passt und du konkurrenzfähig sein wirst und das alles in der Formel 1 immer noch genießen wirst", erklärt er. "Wenn du in den Sport zurückkehrst, darfst du das nicht unterschätzen. Du brauchst ein paar Rennen oder sogar eine ganze Saison, um wieder bei 100 Prozent zu sein. Mir ist es gelungen und ich bin froh, dass ich jetzt wieder auf einem sehr guten Level bin."

Sebastian Vettel und Lewis Hamilton begegneten sich 2022 nur selten auf der Rennstrecke, Foto: LAT Images
Sebastian Vettel und Lewis Hamilton begegneten sich 2022 nur selten auf der Rennstrecke, Foto: LAT Images

Hamilton neckt Formel-1-Rentner Vettel

Seine Herausforderungen in der F1-Pause lauteten Indianapolis, Dakar, Le Mans und WEC. Für Hamilton ist kaum vorstellbar, dass Vettel lange die Füße stillhalten können wird. "Wir sind alle Adrenalinsüchtige und ich bin mir sicher, dass Seb etwas wird finden müssen. Ich denke nicht, dass Traktor fahren es bringen wird", sagt der Rekordweltmeister. "Oder vielleicht geht er ja mit mir Fallschirm springen. Ich habe schon versucht, ihn davon zu überzeugen, aber er sagt, dass er Kinder hat. Also wird das wohl nicht passieren."

Für Vettel besteht allerdings keine Eile, sich im Motorsport ein neues Betätigungsfeld zu suchen. "Natürlich schaut man sich andere Dinge an. Aber ich freue mich erst einmal darauf, nichts zu machen und zu sehen, was das mit mir anstellt", so 53-fache Grand-Prix-Sieger. Wenn die Sehnsucht nach dem Fahren ihn früher oder später einholt, würde ihn das kaum überraschen.

"Die Krönung wird für mich immer Suzuka sein. Diese Rennstrecke zeigt einfach, was die Autos können und da habe ich mich immer so lebendig gefühlt. Das werde ich vermissen und es wird unmöglich sein, das zu ersetzen", gesteht er. Andererseits ist er nicht der erste Formel-1-Fahrer, dem es so ergeht. "Irgendwann wird das verschwinden und uns alle erwischen, außer vielleicht Fernando", schmunzelt er. "Aber letztendlich müssen wir alle das irgendwann erkennen und damit klarkommen, und etwas anderes finden, dass es vielleicht ein bisschen ersetzt."

Vettel müde von der Formel 1

Dieser Ersatz kann für Vettel durchaus eine andere Form des Motorsports sein. "Ich habe viele Dinge im Kopf, die nicht mit Racing zu tun haben. Aber natürlich habe ich das so lange gemacht und es war der Mittelpunkt meines Lebens. Es ist schwer, zu sagen, dass ich das nicht irgendwie vermissen werde und ob ich dann anfangen werde, mich nach etwas umzuschauen, werden wir sehen. Ich habe Rallye immer sehr gemocht, aber das ist auch eine riesige Herausforderung. Es ist ganz anders als das, was wir beim klassischen Rundstreckensport machen", sagt er.

Im Jahr 2023 will er es aber erst einmal genießen, zum ersten Mal seit 2008 kein Vollzeit-Formel-1-Fahrer mehr zu sein. "Ich habe viele Ideen, aber hauptsächlich geht es darum, keine Verpflichtungen zu haben. Kein Kalender der im Februar losgeht, keine Besuche beim Team im Januar für die Vorbereitungen", erklärt er. "Ich habe mich die letzten Jahre bei vielen Dingen darauf gefreut, sie eines Tages los zu sein."

Bei diesen Dingen empfindet er keineswegs eine Abneigung gegenüber dem Sport. "Es ist nicht so, dass sich sie hasse. Ich hasse Motorsport nicht", beteuert er. "Aber ich sehe es als Herausforderung, mehr über mich zu lernen und mich in eine Position zu begeben, in der ich nie zuvor war und in der ich nicht in meiner Komfortzone bin. Die Wahrheit ist, dass du diesen Job hier nach so vielen Jahren fast im Schlaf machst. Das soll nicht abgehoben klingen, aber du machst es einfach mit so viel Routine und Erfahrung, dass dich nichts mehr überrascht."

Nach 16 Jahren in der Formel 1 sehnt er sich nach neuen Impulsen in seinem Leben: "Ich freue mich darauf, überrascht zu werden und mehr über mich zu lernen, mehr Zeit mit meinen Kindern und der Familie zu verbringen. Mit ihnen zusammen zu lernen wird eine andere Herausforderung für mich, bei der alles langsamer abläuft. Ich habe Platz für Dinge, für die ich normalerweise keine Zeit hatte, als ich das hier gemacht habe."