Valtteri Bottas hat seine neue sportliche Heimat bei Sauber gefunden. Auch wenn der Finne in der zweiten Saisonhälfte 2022 mangelnde Pace, technische Probleme und fehlende Updates seines C42 beklagen musste, so wurde er nie müde zu betonen, wie wohl er sich in seiner neuen Rolle des Teamleaders mit einem Mehrjahresvertrag in der Tasche fühlt.

Das aktuelle Arbeitspapier des zehnfachen Grand-Prix-Siegers läuft wohl noch bis zum Ende der Saison 2024, doch das große neue Projekt bei seinem Arbeitgeber startet erst mit der Regelrevolution 2026 auf der Rennstrecke: Dann wird Sauber mit Audi-Motoren angetrieben zum Werksrennstall der Ingolstädter. Alfa Romeo steigt ab 2024 als Titelsponsor aus, Ferrari bleibt jedoch als Motorenlieferant bis zum Saisonende 2025 erhalten. Bis zum Audi-Abenteuer sind also immerhin noch drei volle Saisons zu absolvieren.

Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com bestätigte Bottas, dass der Deal mit Audi in ihm große Motivation weckt: "Ja, denn mit Blick auf die Gesamtsituation des Teams sind das gewaltige Neuigkeiten. Es liegt großes Potential für Sauber in der Zusammenarbeit mit Audi. Es gibt keinen Zweifel, dass sie in Zukunft Erfolg haben wollen. Natürlich wollen sie sich gut präsentieren, die nehmen das Ernst. Für jeden Fahrer in der Startaufstellung, auch für mich der schon bei Sauber ist, wird es sehr interessant sein, Teil dieses Projekts zu sein."

Sein Alter sieht der Finne bei seinem Bewerbungsschreiben für einen Platz bei Audi als kein Problem an, er betrachtet sich noch lange nicht als Auslaufmodell: "Warum denn nicht? Ich bin jetzt 33 Jahre alt, dann werde ich 37 Jahre alt sein." Fernando Alonso und Bottas Vorgänger Kimi Räikkönen bewiesen zuletzt, dass auch mit über 40 Jahren in der Königsklasse noch nicht Schluss sein muss. Für Bottas ist es alles eine Frage der Einstellung: "Es ist absolut möglich so lange zu fahren. Natürlich ist jeder Fahrer individuell zu betrachten und es liegt vor allem an dir selbst, wie lange du das Level aufrechterhalten kannst. Wenn du es immer noch willst, dann kannst du es auch. Wenn ich mir mein Alter ansehe, dann kann ich 2026 leicht schaffen."

Fernando Alonso ist 8 Jahre älter als Bottas und fährt immer noch, Foto: LAT Images
Fernando Alonso ist 8 Jahre älter als Bottas und fährt immer noch, Foto: LAT Images

Der Vergleich mit Mercedes: Was fehlt Sauber?

Doch nicht nur der Fahrer, sondern auch das Team brauchen die richtige Einstellung. Mit Audi an Bord werden langfristig nur Podestplätze und Siege das Ziel sein können. Das Teamklima einer Siegermannschaft kennt Bottas noch von Mercedes, doch dies ließe sich den Sauber-Leuten nicht einfach so beibringen: "So etwas passiert nicht über Nacht. Ich versuche die Leute hier zu pushen und sie haben einen tollen Teamgeist, aber es ist ein anderes Gefühl. Aber das ist ja auch natürlich, denn du kämpfst um den zehnten Platz und nicht um einen Rennsieg. Letzteres setzt noch einmal Kräfte bei den Leuten frei, das kannst du dir nicht über Nacht holen."

Vielmehr müsse ein neues Selbstbewusstsein erarbeitet werden: "Andererseits sehe ich keinen Grund, warum das zur Schwierigkeit werden sollte. Wenn die Mitarbeiter sehen, dass die Resultate kommen und das Potential wirklich da ist, dann kann man auch die Kultur eines Teams verändern." Der letzte Podestplatz von Sauber datiert aus der Saison 2012, kein Team hat eine längere Durststrecke vorzuweisen. Gute Resultate für die Moral des Teams wären also bitter nötig.

Bottas: Audi muss schon vor 2026 in Sauber investieren

Doch wie kommt Sauber zu Spitzenresultaten? Dafür muss in Hinwil erst einmal aufgerüstet werden: "Es gibt immer noch einiges an Arbeit zu erledigen, dass ist Fakt. Aber wir sind auch nicht komplett ab vom Schuss. Die Fabrik ist da. Natürlich müssen einige Abteilungen und Maschinen im Vergleich zu einem Weltmeisterteam verbessert werden, aber das ist alles im Bereich des Machbaren. Es gibt hier auch weniger Mitarbeiter als die, mit denen ich noch letztes Jahr [bei Mercedes, Anm. d. Red.] zusammengearbeitet habe. Auch dort muss also noch etwas geschehen. Bei einem Hersteller wie Audi sehe ich aber keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte."

Bei Mercedes fuhr Bottas noch um Siege und holte deren 10, Foto: LAT Images
Bei Mercedes fuhr Bottas noch um Siege und holte deren 10, Foto: LAT Images

Audi wird Sauber Motorsport langfristig mit 75% Anteilen übernehmen. Dass die VW-Tochter in den Rennstall aus der Schweiz investieren wird, darf als sicher gelten. Für den möglichen Audi-Piloten Bottas stellt sich jedoch vielmehr die Frage, ab wann die Audi-Millionen fließen: "Es hängt alles davon ab wie sehr Audi das Team bereits unterstützt, bevor es offiziell zum Werksteam wird. Nächstes Jahr wird sich offensichtlich noch nichts tun, denn der Alfa-Romeo-Deal läuft da noch. Wir hoffen natürlich trotzdem ein besseres Auto als dieses Jahr zu haben. Dann aber werden wir von der Unterstützung von 2024 an abhängig sein. Wenn sie wirklich großes Engagement zeigen und der Motor ab 2026 gut ist, was sich momentan natürlich nicht vorhersagen lässt, dann warum nicht?"

Der Ex-Mercedes-Pilot weiß genau, wo er das Geld des zweiten deutschen Herstellers in der Königsklasse investieren würde: "Neue Mitarbeiter braucht es vor allem in der Produktion, die könnte wesentlich schneller sein. Das würde bei er Weiterentwicklung während der Saison stark weiterhelfen." 2022 mussten Bottas und Teamkollege Guanyu Zhou akuten Teilemangel beklagen. Teamchef Frederic Vasseur bat seine beiden Piloten regelmäßig, Unfälle um jeden Preis zu vermeiden, da es einfach nicht genug Ersatzteile im Lager gab.

Audi-Vertrag für Bottas? Fragt lieber nächstes Jahr….

Bis zu den möglicherweise erfolgreicheren Zeiten im Audi-Gewand muss Bottas jedoch noch für einige Zeit kleinere Brötchen backen, was dem 33-Jährigen jedoch nicht sauer aufstößt: "Ich akzeptiere, dass es sich um ein Projekt handelt. Ich kann nicht erwarten, dass wir sofort an der Spitze sind. Dieses Jahr sind wir mehr oder minder an unserem Ziel. Wir haben die Motivation den sechsten Platz zu sichern." Doch bringt er sich Vertraglich schon in Position für die Zukunft? Noch lässt sich der zweifache Vizemeister nicht in die Karten schauen: "Natürlich willst du immer vorausplanen, aber 2026 ist doch noch einige Jahre voraus. Fragt mich vielleicht lieber nächstes Jahr." Bis dahin kann Bottas weiter beweisen, dass er noch lange nicht zum alten Eisen gehört.