Sieg in Monaco, nur 15 Punkte hinter Max Verstappen, realistische Chancen auf den ersten WM-Titel: Ende Mai war Sergio Perez' Welt noch in Ordnung. Nach Anfangsschwierigkeiten in seiner ersten Saison bei Red Bull schien sich der Mexikaner im Team und Auto endlich wohlzufühlen. Der neue RB18 mit einer Neigung zum Untersteuern passte perfekt zum Fahrstil des 32-Jährigen.

Aber: Seit seinem Salto in den Red-Bull-Pool in Monte Carlo hatte der Mexikaner gleich viele Ausfälle wie Podiumsplatzierungen. Ein zweiter Platz in Aserbaidschan und Silverstone, Ausfälle in Kanada und Österreich. "Ich fühle mich im Auto nicht so wohl wie anfangs, sagen wir es so", meinte Sergio Perez vor dem Heimrennen seines Teams in Spielberg. Aus den 15 Punkten Rückstand wurden schnell 85, der Traum von der Weltmeisterschaft scheint geplatzt. "Der ist schon in der Sommerpause", scherzte Teamchef Christian Horner in Ungarn über 'Checos' schwache Leistungen zuletzt. Eher unwahrscheinlich, aber was ist wirklich los beim Mexikaner?

Verstappens und Perez' Performance wie Ebbe und Flut

"Er ist zu weit hinter Max", meinte Helmut Marko gegenüber Sky Sport Germany nach Sergio Perez elften Platz im Qualifying in Ungarn. "Wir müssen mit ihm reden." Es sei extrem wichtig, dass er ab dem 1. Freien Training konkurrenzfähig mitfährt. Von zehn und elf gestartet, fuhr Teamkollege Verstappen zum Sieg, für Perez blieb nur P5. Trotzdem zog der zweite Red-Bull-Pilot am Hungaroring ein positives Fazit: "Es ist gut, mit einem starken Ergebnis in die Sommerpause zu gehen!" Aus der ersten Saisonhälfte nimmt 'Checo' trotzdem viel Positives mit. Aber: "Ohne die vielen Ausfälle würde meine Meisterschaft ganz anders aussehen!" Neben Kanada und Österreich setzte es auch in Bahrain null Punkte für den 32-Jährigen.

"Ein Neustart über die Sommerpause und verstehen, was falsch gelaufen ist in den letzten Rennen", wünscht sich Teamchef Christian Horner von seinem Schützling. "Dann wird er ab Spa wieder stärker zurückkommen!" In den ersten Saisonrennen schien Sergio Perez auf Augenhöhe mit Max Verstappen, manchmal sogar darüber. "Die Performance der Fahrer während einer Saison variiert, ein bisschen wie Ebbe und Flut", beruhigt Chefingenieur Paul Monaghan. "Checo hat Max dieses Jahr schon im Qualifying geschlagen, das gelang schon lange keinem von Max' Teamkollegen."

In Saudi-Arabien erhielt Sergio Perez seine ersten Pirelli Pole Position Award, Foto: LAT Images
In Saudi-Arabien erhielt Sergio Perez seine ersten Pirelli Pole Position Award, Foto: LAT Images

Keine Verstappen-Updates

Von der anfänglich sehr starken Pace seines Teamkollegen (inklusive der ersten Pole Position in Saudi-Arabien) ließ sich Max Verstappen nicht beirren und zeigte spätestens in Ungarn, wer der Herr im Haus bei Red Bull ist. Zu Beginn fühlte sich der Weltmeister nicht zu 100% wohl im neuen Auto, er präferiert eigentlich übersteuernde Boliden. Die neuen Regeln und zehn Kilo Übergewicht bewirkten beim neuesten Werk Adrian Neweys das Gegenteil: Ein untersteuerndes Auto, an das sich Verstappen erstmals seit seinem Debüt 2016 wieder anpassen musste.

Dabei hilfreich: Updates. "Die Entwicklungen gehen eher von mir weg", merkte Sergio Perez an. Personalisierte Weiterentwicklung? Nicht bei Red Bull. "Die Entwicklungen werden ganz sicher nicht in eine Richtung getrieben. Die Performance des Autos wird einfach insgesamt verbessert", stellt Teamchef Christian Horner klar. Auch Paul Monaghan weiß: "Wir haben das Auto nicht absichtlich von ihm wegentwickelt." Ein aggressiveres Auto, das zum Übersteuern neigt, sei einfach schneller. Die Entwicklung darauf auszulegen habe nichts mit Perez zu tun, sondern mit dem Versuch, mehr Pace aus dem Auto zu holen. Gerade in Zeiten der Budgetobergrenze und mit strengen technischen Regularien sei es nicht einfach, mehr Performance zu finden. "Wenn du einen Weg zu mehr Pace findest, gehst du diesen!"

Ganz einfach. Warum kommt dann der Weltmeister seit den Updates besser zurecht? "Vielleicht passt sich Max leichter an", macht Paul Monaghan einen Gegenvorschlag. "Oder sein Setup ist besser als Checos." In dieselbe Kerbe schlug auch schon Dr. Helmut Marko. "Er muss sich beim Setup wieder mehr an Max halten", so der Motorsport-Chef. Das habe schon 2021 gut funktioniert. "Wir wären dumm, nicht alles mit Checo zu versuchen, um mehr aus dem Paket herauszuholen", ergänzt Paul Monaghan. Gemeinsam mit dem Renningenieur hätte das Team einige Werkzeuge, um das Auto wieder besser auf Perez abzustimmen.

Von einem Sieg in Monaco träumen viele Formel-1-Piloten, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool
Von einem Sieg in Monaco träumen viele Formel-1-Piloten, Foto: Getty Images / Red Bull Content Pool

Zweifrontenkrieg bei Red Bull

Trotz zuletzt eher schlechten Leistungen verliert Red Bull nicht das Vertrauen in die Fähigkeiten von Sergio Perez. "Wir sind dasselbe Problem letztes Jahr schon einmal losgeworden", weiß Helmut Marko. Umsonst hatte das Team nicht seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert. Auch das Teamklima sei laut Paul Monaghan sehr gut, mit einem gesunden teaminternen Wettbewerb. "Wir kämpfen an vielen Fronten, aber eine davon würde ich nicht als Wettkampf sehen. Es ist mehr eine Herausforderung, die zwischen unseren Fahrern", so Monaghan. "Wir unterstützen sie dabei so gut wir können!" Die andere Front: Ferrari.

Der Kampf um die Konstrukteurs-WM ist trotz eines Vorsprungs von fast 100 Punkten für das Team aus Milton Keynes noch lange nicht vorbei. "Wir müssen immer weiterpushen!", so Sergio Perez. "Ich hoffe, dass ich nach der Sommerpause die Lücke wieder schließen kann." Das hofft auch Red Bull, auf zwei Top-Piloten und zwei WM-Titel.