Die großen Glanzzeiten von Ferrari liegen mittlerweile schon anderthalb Jahrzehnte in der Vergangenheit. 14 Jahre sind seit ihrem letzten Konstrukteurstitel vergangen und 15 Jahre liegt der letzte Fahrertitel zurück.

Eine immer größer werdende Durstrecke, die dem Team von Jahr zu Jahr mehr zur Last fällt und die Roten mehr unter Druck setzt, endlich wieder an die alten Zeiten anzuknüpfen und einen Titel nach Maranello zu bringen? Ist der größte Trumpf des Teams auch gleichzeitig ihr größtes Problem?

Ferrari in der Formel 1: Viel Potential vergeben

2010 verlor Fernando Alonso den Titel im letzten Rennen, weil Ferrari in eine strategische Falle von Red Bull tappte. Der Spanier hing fast das gesamte Rennen hinter Vitaly Petrov auf Rang sieben fest, weil man Mark Webber als Titelrivalen sah. Sebastian Vettel fuhr währenddessen Sieg und WM-Titel ein.

In den Vettel-Jahren gab es Fehler am Kommandostand und im Cockpit zugleich. Auch 2019, als Charles Leclerc das Team aufmischte, hatte Ferrari ein schnelles Auto, konnte das Potential aber nicht umsetzen. Ausfälle und Fehler auf allen Seiten kosteten eine realistische WM-Chance.

Auch in der Formel-1-Saison 2022 bleibt Ferrari von Fehlern nicht verschont. Der F1-75 erwies sich über weite Strecken als das schnellste Auto im Feld, die WM-Wertung spricht allerdings eine andere Sprache: In der Fahrer-WM fehlen Charles Leclerc 80 Punkte auf Weltmeister Max Verstappen, in der Konstrukteurswertung heißt der Gegner eher Mercedes als Red Bull.

Unzuverlässigkeit, strategische Fehlentscheidungen und Fahrfehler servieren Red Bull die WM auf dem Silbertablett. Ferrari scheint dem Druck im WM-Kampf nicht gewachsen. Zerbricht nun auch Leclerc an der Erwartungshaltung der Tifosi, zum ersten Mal seit über einer Dekade den WM-Titel wieder nach Maranello zu holen?

"Nein, wirklich nicht. Ich denke nicht darüber nach", versichert der Monegasse. "Auch wenn Ferrari noch immer das Ferrari der 2000er oder was auch immer ist: Das Team ist ganz anders und wir sind an einem anderen Punkt. Die letzten zwei Jahre waren für uns sehr schwierig. Wir haben einen unglaublichen Schritt vom letzten Jahr zu diesem Jahr gemacht, wir können nun um Siege kämpfen."

"Aber es macht uns keinen Druck, dass wir schon so viele Jahre nicht mehr Fahrer-Weltmeister geworden sind", stellt Leclerc klar. Auch bei seinem Fahrfehler zuletzt in Frankreich soll der Druck keine Rolle gespielt haben: "Den wirklichen Druck hatte ich zuvor, als Max hinter mir war. Aber wenn man am Limit fährt, können auch Fehler passieren."