Die Formel 1 operiert seit 2021 erstmals unter einer fixen Kostengrenze. Momentan sind das 141,2 Millionen Dollar. Allerdings plus Ausnahmen. Und die haben es vor allem auf dem Gehaltsfeld in sich: Die Fahrer und die drei teuersten Nicht-Fahrer eines jeden Teams sind ausgeschlossen.

Dabei handelt es sich nicht um ein kleines Taschengeld. Vielmehr können diese Top-Verdiener gleich einmal über 50 Millionen des Finanzplans ausmachen, wenn man auf die Personalien bei Top-Teams schaut. Dort belaufen sich die Gehälter von Max Verstappen oder Lewis Hamilton schließlich allein schon kolportiert jenseits der 40 Millionen.

Prompt steht 2022 eine Debatte an, ob man nicht auch die Top-Gehälter deckeln möchte. Wobei es nicht unbedingt eine harte Grenze werden muss - mehrere Ideen stehen im Raum. Wenig überraschend können sich die Fahrer aber nicht dafür erwärmen.

Formel-1-Fahrer von Gehaltsgrenze irritiert

"Ist das nicht ein lustiger Zufall, dass die Teams erstmals Geld in der Formel 1 verdienen und dann so etwas wie eine Gehaltsobergrenze für Fahrer aufpoppt?", kritisiert Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel. Kollege und Top-Verdiener Lewis Hamilton stimmt zu: "Der Sport wächst ständig, die Teams verdienen mehr denn je. Wir sind ein Großer Teil davon."

Man ist irritiert: Zum einen sorgt die allgemeine Kostengrenze nun dafür, dass die Teams Gewinne machen, weil sie keine 400 Millionen mehr pro Jahr ausgeben können. Zum anderen boomt die Formel 1 und fährt überhaupt so hohe Umsätze wie noch nie ein. Die Fahrer, vom modernen Marketing als die großen Helden stilisiert, spielen dabei eine sehr wichtige Rolle.

Ein simples Beispiel: Lewis Hamilton hat auf Instagram 28,7 Millionen Follower. Damit ist er der populärste Account mit F1-Bezug, hat 9 Millionen mehr als der offizielle Serienaccount selbst. "Wir machen mehr denn je, und es sind 23 bis 25 Rennen, überall Events", sagt Veteran Fernando Alonso. Und der amtierende Weltmeister Max Verstappen: "Jeder macht Gewinne. Also warum sollen die Fahrer, mit ihren Vermarktungsrechten und alldem, unter eine Grenze, wenn sie für die Show sorgen und ihr Leben riskieren?"

Verstappen bringt noch einen Punkt vor: "In den ganzen Nachwuchsformeln sieht man lauter Fahrer, die Sponsoren oder Unterstützer haben. Die werden irgendwann einen bestimmten Prozentsatz des Formel-1-Einkommens kriegen." Ein klassisches Modell: Ein Sponsor unterstützt einen jungen Aufsteiger, und wenn dieser es in die Formel 1 schafft, revanchiert der Fahrer sich mit Anteilen.

Heute wichtiger denn je. Nachwuchs-Karrieren gehen oft schon vor dem 20. Geburtstag in die heiße Phase mit F2 und F3, und wer dort für gute Teams fahren will, muss innerhalb von wenigen Jahren mehrere Millionen investieren. Beschränkte Gehälter würden reiche Unterstützer abschrecken, glaubt Verstappen: "Die würden nie einen finanziellen Mehrwert rausziehen."

Formel 1 diskutiert: Freibetrag statt fixer Grenze

Teams und Formel 1 treten bei dem Thema vorsichtig auf. Von einer harten Grenze, wie sie einst zur Hochzeit der Coronavirus-Pandemie diskutiert wurde, wurde inzwischen Abstand genommen. Stattdessen wird über einen Freibetrag zusätzlich zur normalen Kostengrenze theorisiert, 30 bis 40 Millionen kursierten zuletzt als Zahlen. Hieße beispielsweise bei 40 Millionen: Ein Team darf 40 Millionen für Fahrer ausgeben. Überschreitet es diesen Freibetrag, wird der Rest von der normalen Kostengrenze von 141,2 Millionen abgezogen. Gäbe man also 50 Millionen führ die Fahrer aus, blieben nur noch 131,2 Millionen für das Rennteam.

Das ermöglicht Kompromisse. Nur für die Verstappens und Hamiltons dieser Welt würde so ein Freibetrag nicht reichen. Ein Team muss dann entscheiden, ob ein Fahrerduo so viel wert ist, dass es etwa einem zusätzlichen großen Aero-Upgrade vorzuziehen ist. Aber von einer Entscheidung ist die Formel 1 bei dem Thema noch weit weg. Nicht zuletzt, weil es teils langfristige Fahrerverträge gibt. Der von Max Verstappen gilt etwa bis 2028, und kann nicht einfach durch eine neue Grenze beschnitten werden.

Ganz aus dem Rennen scheint auch eine harte Grenze noch nicht. "Sicher, die Fahrer haben eine Meinung, und als Fahrer würde ich vielleicht das gleiche sagen, aber man schaue sich nur die US-Sportligen an", meint Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Die gehören zu den erfolgreichsten der Welt und haben Gehaltsgrenzen vor Jahren eingeführt."

Formel-1-Gehälter heute nicht mehr verhältnismäßig?

"Wir müssen schauen, wie wir nachhaltig und unabhängig von Geldmitteln oder Teams im Staatseigentum werden, und da ist das einfach einer der Hauptbereiche", meint Wolff. Er warnt von einer zunehmend unverhältnismäßigen Verteilung, ein Team wie Mercedes muss fast 1000 Leute unter die Kostengrenze quetschen: "Du kannst nicht einfach in manchen Top-Teams 30, 40, 50 Millionen [für Fahrer, Anm.] ausgeben, wenn der Rest mit 140 Millionen auskommen muss." Wolff hätte außerdem gerne, dass eine Kostengrenze auch Teamchefs und Management mit einschließen soll.

Formel-1-Teams haben lange Sponsoren- und Partnerlisten, Foto: LAT Images
Formel-1-Teams haben lange Sponsoren- und Partnerlisten, Foto: LAT Images

Wolffs Vergleiche mit Kostengrenzen in US-Ligen sind nur schwer auf die Formel 1 umzumünzen. Beispiel NFL: Die amerikanische Football-Liga operiert seit den 90ern unter ihrer "Salary Cap", momentan beträgt sie 208,8 Millionen Dollar. Aber für rund 90 Spieler mit stark variierenden Werten, und komplexen Mechanismen um Fixzahlungen, Optionen und Bonuszahlungen. Mit einer F1-Obergrenze für eine Handvoll Personal schwer zu vergleichen.

Mit hinein spielen außerdem Endorsement-Deals - Partnerschaften mit Sponsoren und dergleichen, welche Fahrer selbst abschließen und welche daher auch nichts mit Obergrenzen zu tun haben müssen. In US-Ligen mit Gehaltsgrenzen ein wichtiges Element, welches grenzbedingte Verluste abfedern kann. In der Formel 1 ist hingegen das direkt vom Team kommende Gehalt hoch. Da Teams außerdem viele eigene Sponsoren haben, kann das Abschließen von separaten Deals in der Formel 1 kompliziert werden.

Es ist also eine komplexe Lage für die Formel 1. "Ich glaube nicht, dass das etwas ist, was nächstes Jahr kommt", meint Ferrari-Teamchef Mattia Binotto. "Nicht einmal vor 2026. Aber trotzdem - wir haben die Zeit, um uns die Punkte anzuschauen, und die Nachhaltigkeit, von der Toto gesprochen hat. Wir müssen uns die Zeit nehmen und reflektieren. Das ist kein dringendes Thema."