Max Verstappen hat im teaminternen Duell bei Red Bull Racing erneut den Kürzeren gezogen. Wie schon in Monaco landete der amtierende F1-Weltmeister im Qualifying der Formel 1 zum Großen Preis von Aserbaidschan hinter seinem Teamkollegen Sergio Perez. Gerade einmal 0,065 Sekunden trennte das Bullen-Duo auf der mit 6,003 Kilometern drittlängsten Strecke im Formel-1-Kalender 2022. Umso größer fiel der Abstand auf Charles Leclerc aus. Mit drei Zehnteln Vorsprung sicherte sich der Ferrari-Pilot und größte WM-Gegner souverän seine vierte Pole Position in Folge. Alle News zur Formel 1 heute in Baku gibt es im Liveticker.

Doch wäre für Red Bull ein besseres Qualifying-Ergebnis in Baku drin gewesen? Das meint jedenfalls Motorsportberater Dr. Helmut Marko. "Von den Sektorzeiten her war die Pole drin, aber die Umstände ...", klagte der Österreicher bei ServusTV. Ersteres übersteht einen Faktencheck nicht. In den beiden ersten Sektoren fuhr Leclerc die absolut schnellsten Zeiten des Qualifyings, einzig im Schlusssektor war zumindest Verstappen immerhin minimal schneller als der Monegasse. Allerdings nur um eine halbe Zehntel. Allein im zweiten Sektor hatte Leclerc mehr als drei Zehntel herausgeholt.

Max Verstappen: Habe mich nur wegen fixer Red-Bull-Regeln gewundert

Der Verweis auf schlechte Umstände trifft es besser, sowohl für Verstappen als auch Perez. Das Problem: Beide mussten im alles entscheidenden Q3 auf Windschatten verzichten. Perez, weil technische Probleme an seinem Red Bull zu einer verzögerten Ausfahrt führten, die den Mexikaner dann mitten in den Verkehr schickten, aber ohne den in Baku so wichtigen Windschatten auf der Start-Ziel-Geraden. Verstappen verlor ebenfalls seinen eigentlich verabredeten Windschatten-Geber, nämlich Perez.

Darüber schien sich der Niederländer am Boxenfunk wenigstens zu wundern, auch eine leichte Verärgerung mag der eine oder andere Zuhörer vernommen haben. Dem sei allerdings nicht so, widerspricht Verstappen nach dem Qualifying. "Wir haben einfach eine feste Regel, dass ein Wochenende Checo bei der Fahrt aus der Boxengasse vorne fährt und das nächste dann wieder ich", erklärt der WM-Leader. In Baku oblag es eigentlich Perez, zuerst hinauszufahren. "Deshalb habe ich einfach nur gefragt, weil ich eben nicht wusste, was da los war. Sie sagten, es gab ein kleines Problem, weshalb es länger gedauert hat, dass Checo aus der Box fahren konnte", berichtet Verstappen.

Red Bull erklärt: Problem beim Nachtanken stoppte Perez

Was genau los war? "Es gab ein kleines Problem mit dem Nachtanken, das leider alles verzögert hat", klärt bei Teamchef Christian Horner bei Sky Sports F1 auf. Die Pace Leclercs habe man allerdings ohnehin nicht gehabt, widerspricht der Brite Marko. Auch mit Windschatten wäre man allenfalls näher dran gewesen. Perez sieht das ähnlich. Verstappen nicht, aber nur, weil beim 24-Jährigen in Baku bislang schlicht generell zu sehr der Wurm drin ist.

"Ehrlich gesagt hat konstant ein wenig gefehlt. Es war etwas schwierig, eine gute Balance zwischen Front und Heck zu finden - das ganze Wochenende schon und auch im Qualifying ging das die ganze Session über weiter - bis zur Flagge", schildert Verstappen. So sei selbst bei seinem letzten Versuch allenfalls der erste Teil der Runde in Ordnung gewesen. "Aber dann ist es mir ein wenig entglitten. Kleine Fehler, aber generell hatte ich einfach zu kämpfen", gesteht Verstappen.

Red Bull hofft auf Rennpace, Frieden zwischen Verstappen und Perez

Im Rennen sei nun dennoch längst nichts verloren. "Das ist natürlich nicht, was ich oder das Team will, aber als Zweiter und Dritter haben wir morgen immer noch eine gute Chance", sagt Verstappen. Auf eine Runde scheine es Red Bull zwar zu fehlen, im Rennen könne das allerdings wieder anders aussehen. "Letztes Jahr bin ich hier auch als Dritter gestartet", erinnert Verstappen an seine letztlich souveräne Führung in Baku. Nur ein Reifenschaden konnte den Niederländer stoppten. "Wenn du eine gute Pace hast, kann man hier im Rennen noch etwas ausrichten", betont Verstappen. Auf einen überlegenen Topspeed muss Red Bull dabei allerdings verzichten. Seit Ferrari im zweiten Training einen sichtbar kleineren Heckflügel montierte, fehlen der Scuderia nur noch wenige km/h statt zweistelliger Werte auf Red Bull.

Deshalb müsse man nun alles optimieren, insbesondere ein gutes Reifenmanagement sicherstellen und auch als Team mit Perez funktionieren "Der Plan ist, als Team das Ergebnis zu optimieren, das werden wir also versuchen. Der Run zur ersten Kurve ist hier super kurz, da kannst du nicht viel machen", sagt Verstappen. "Aber dann ist es ein langes Rennen. Baku hat gezeigt, dass viel passieren kann. Da musst du ruhig bleiben und dich darauf konzentrieren ein gutes Rennauto zu haben." Noch dazu könne Red Bull ausspielen, dass Sainz anders als die eigenen Fahrer nicht ganz auf dem Niveau des Teamkollegen fahre, so Marko. "Das ist auch ein Vorteil", sagt der Motorsportchef. "Wir haben die Ferrari gesplittet und im Renntrimm sind wir stark. Jetzt ist es wieder eine taktische Entscheidung, wer wie oft reinkommt. Vielleicht sind wir ja wieder besser."

Red Bull erklärt: Problem beim Nachtanken stoppte Perez

Doch beschwört das enge Duell zwischen Perez und Verstappen am Ende sogar einen internen Konflikt herauf? Das fürchtet Red Bull nicht, obwohl es nach Monaco eine leichte Anspannung gegeben habe, verrät Marko. "Vor allem gab es ein paar Kommentare von Jos, die ersten nicht fundiert und auch nicht hilfreich waren", erinnert der Grazer an die scharfe Kritik Jos Verstappens an Red Bull auf der Familien-Website der Verstappens. "Aber es gab hier am Freitagmorgen eine Aussprache, sowohl mit Perez als auch mit Max. Und da passt alles", versichert Marko. "Der Mexikaner ist einfach on fire, der war noch nie so stark. Sie haben das gleiche Material, die gleichen Voraussetzungen. Möge der Bessere gewinnen!"