Der Trainingstag in Barcelona stand ganz im Schatten von Aston Martins Update. Der AMR22 ist nun aerodynamisch an den Seitenkästen dem Red Bull RB18 wie aus dem Gesicht geschnitten. Auf der Strecke zeigte sich der Rennstall zwar leicht verbessert, für Schlagzeilen sorgten dort aber die üblichen Verdächtigen - inklusive Mercedes.

Die Trainingsbestzeit ging an Charles Leclerc im überarbeiteten Ferrari. Wer ein riesiges Update am F1-75 erwartete, der wurde enttäuscht. Das groß angekündigte Paket beschränkte sich auf Unterboden, hintere Bremsbelüftung und Heckflügel. Manchmal sind es aber auch die kleinen Dinge, die am Ende große Wirkungen erzielen.

Einen riesigen Sprung scheint die Scuderia aber nicht gemacht zu haben. Mercedes fehlte auf eine Runde nur eine Zehntelsekunde. Und auch Red Bull war nicht meilenweit weg. Weltmeister Max Verstappen lag zwar gut drei Zehntelsekunden hinten, die Bullen wissen aber, woran es lag. Gingen im 1. Training noch die Reifen im Schlusssektor ein, verlor man im 2. Training im Mittelsektor.

"In zwei Kurven haben wir die ganze Zeit verloren", erklärt Red Bulls Dr. Helmut Marko und glaubt: "Das wird man aussortieren können." In Sektor eins und drei ging die Bestzeit an den Niederländer. Red Bull brachte nur zwei kleine Neuerungen zum Update-Festival nach Barcelona. Am Frontflügel und am Unterboden wurde Hand angelegt. Neben den üblichen Gewichts-Updates.

Mercedes-Update als Wunderheilung?

Bei Mercedes waren die Updates ebenfalls überschaubar. Die Frontflügelendplatte wurde überarbeitet, dazu gab es Neuerungen am Unterboden. Am Rand wurde ein großer Schlitz vor die Hinterreifen eingearbeitet, vorne gibt es nun einen doppelten T-Tray.

Doch bei Mercedes scheinen die Änderungen die gewünschte Wirkung zu erzielen. "Auf den Geraden haben wir kein Porpoising, was großartig ist", freute sich George Russell. Nur in den Kurven hat der Silberpfeil noch leicht damit zu kämpfen.

Trotzdem traut man bei Mercedes dem Braten noch nicht ganz. Schon in Miami war man am Freitag schnell, fuhr sogar die Bestzeit. Am Samstag war man plötzlich wieder im Niemandsland. Man befürchtet, dass mit zunehmendem Grip auf der Strecke die Probleme wieder schlimmer werden.

Bei den Grip-Messungen von Pirelli staunten die Ingenieure nicht schlecht: Die Asphaltdecke liefert am GP-Wochenende weniger Grip als noch beim Wintertest. Über das Wochenende wird der Grip aber wieder mehr - und Mercedes zittert.

Neben den Aero-Updates bekamen George Russell und Lewis Hamilton auch noch neue Motoren. Die will man am Freitag zwar noch nicht wirklich aufgedreht haben, trotzdem könnten sie ein Faktor gewesen sein, wie Russell durchblicken lässt: "Durch die unterschiedlichen Leistungsmodi ist es schwierig zu sagen, wo wir wirklich stehen."

Trotz der Unsicherheitsfaktoren ist man bei Mercedes zufrieden. "Das war positiv, ich bin sehr glücklich", meinte Formel-1-Rekordsieger Hamilton nach den beiden Trainingssitzungen. Auch Ingenieur Andrew Shovlin ist optimistisch: "Wir haben mit dem Aero-Update Fortschritte bei der Reduzierung des Bouncings gemacht, und auch die Pace scheint ein Schritt nach vorne zu sein. Wir sind zwar noch nicht ganz auf dem Niveau von Red Bull und Ferrari, aber wir haben uns hoffentlich aus dem Mittelfeld herausgearbeitet."

Soft-Longruns

FahrerReifenalterStintlängeZeitStint
Perez23101:26.3941/1
Ricciardo831:26.4091/2
Sainz1591:26.8021/2
Gasly1571:26.9311/2
Vettel1481:26.9472/2
Magnussen1541:27.4911/1
Zhou1881:27.8471/1
Latifi1891:28.9991/1

Medium-Longruns

FahrerReifenalterStintlängeZeitStint
Verstappen21131:26.0731/1
Sainz1641:26.0932/2
Gasly1321:26.4912/2
Hamilton1981:26.5581/1
Russell22101:26.5751/1
Leclerc21111:26.6871/1
Alonso22111:27.4491/1
Vettel1781:27.5271/1
Ocon20111:27.5881/1
Schumacher1991:28.0331/1
Tsunoda22131:28.1011/1
Albon23101:29.1151/1

Hard-Longruns

FahrerReifenalterStintlängeZeitStint
Ricciardo1421:27.3501/1
Stroll22111:28.6871/1

Longrungs: Ferrari nur dritte Kraft?

Barcelona ist zwar die Strecke im Formel-1-Kalender, auf der die Startposition am wichtigsten ist, doch der enorme Reifenabbau und Reifenverschleiß könnte das Salz in der Suppe sein. Extreme Bedingungen von rund 50 Grad Asphalt- und 30 Grad Lufttemperatur machen dem schwarzen Gold von Pirelli zu schaffen.

Ferrari brach im Longrun regelrecht ein. Deshalb war Red Bulls Dr. Marko trotz P4 für Verstappen im 2. Training bestens gelaunt. Auf dem Medium-Reifen war Verstappen rund sechs Zehntelsekunden schneller als Leclerc. Die Sainz-Zeit ist nicht repräsentativ, weil am Ende mit wenig Benzin gefahren.

"Unsere Qualifying-Pace sieht nicht schlecht aus, aber wir haben noch Arbeit zu tun. Vor allem bei unserer Rennpace und beim Reifenmanagement", gesteht WM-Leader Leclerc. Beide Mercedes-Piloten waren im Renntrimm schneller als Leclerc. Den ganzen Qualifying-Tag der Formel 1 heute in Barcelona gibt es hier im Live-Ticker.

Fazit: Kann Ferrari keine großen Schritte beim Longrun machen, droht am Sonntag Red-Bull-Dominanz. Die Scuderia muss sich derzeit eher nach hinten umsehen. Überholen bleibt in Barcelona ein großes Fragezeichen, aber der Undercut sollte - vor allem im Vergleich zu den bisherigen Rennen - extrem mächtig sein.