Adrian Newey ist der Aerodynamik-Papst der Formel 1. Der 63-jährige Brite zeichnete seit den 1990ern für elf Fahrer- und zehn Konstrukteurstitel mit drei verschiedenen Teams verantwortlich. Newey ist besonders bekannt dafür, bei großen aerodynamischen Regeländerungen der Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein.

1998 brachte er McLaren nach sechs titellosen Jahren zurück an die Spitze. 2009 machte er Red Bull vom Mittelfeld- zum Siegerteam und musste sich nur aufgrund des genialen Doppeldiffusors dem Sensationsteam Brawn GP geschlagen geben. Danach dominierte das Team aus Milton Keynes die Formel 1 vier Jahre lang mit Sebastian Vettel am Steuer.

Schon 1998 gelang Newey nach einer Regel-Revolution mit dem McLaren MP4-13 ein Volltreffer., Foto: Sutton
Schon 1998 gelang Newey nach einer Regel-Revolution mit dem McLaren MP4-13 ein Volltreffer., Foto: Sutton

Auch im Jahr 2022 scheint Newey mit dem RB18 wieder ein Coup gelungen zu sein, denn Weltmeister Max Verstappen konnte bereits drei von fünf Grands Prix für sich entscheiden. Trotz dieser Erfolge hört man vom Briten keine große Begeisterung über die neuen Regeln, obwohl er den Autos durchaus verbesserte Eigenschaften attestiert.

Spannende Formel 1 durch neue Regeln nicht garantiert

"Ich finde das Prinzip, Autos beim Überholen zu helfen, indem man die Empfindlichkeit des nachfolgenden Autos gegenüber dem vorausfahrenden verringert, in Ordnung. Ich denke, dass es hilft, um etwas besser überholen zu können. Ich glaube nicht, dass es eine bedeutende Veränderung darstellt, aber es wird ein wenig helfen", so die Einschätzung Neweys im Exklusivinterview in der aktuellen Ausgabe des Motorsport-Magazins.

Auch 2022 ist dem Briten mit dem RB18 ein schnelles Auto gelungen., Foto: LAT Images
Auch 2022 ist dem Briten mit dem RB18 ein schnelles Auto gelungen., Foto: LAT Images

Gleichzeitig warnt der Mann, der immer noch mit dem Zeichenbrett arbeitet, vor verringertem Wettbewerb. "Wenn man eine so bedeutende Regeländerung vornimmt, die unweigerlich viele weitere Veränderungen mit sich bringt, dann wird das wahrscheinlich dazu führen, dass sich das Feld in den ersten Saisons weiter auseinanderzieht", formuliert der Brite seine Befürchtung.

Besonders eine Entwicklung geht für ihn in die falsche Richtung: "In nur wenigen Jahren hat sich das Gewichtslimit von niedrigen 600 kg und 30-40 kg Ballast an Bord auf Autos mit 800 kg und mehr erhöht. Und wir alle arbeiten wie verrückt daran, das derzeit vorgeschriebene Mindestgewicht zu erreichen. Kurz gesagt, die Autos sind größer und schwerer geworden und aerodynamisch nicht besonders effizient, weil sie einen hohen Luftwiderstand haben."

Wie bei PKW: Formel-1-Autos immer schwerer und größer

Der RB6 von 2010, Red Bulls erstes Weltmeisterauto, wog fast 200 kg weniger als der diesjährige Wagen., Foto: Red Bull/GEPA
Der RB6 von 2010, Red Bulls erstes Weltmeisterauto, wog fast 200 kg weniger als der diesjährige Wagen., Foto: Red Bull/GEPA

Der Star-Designer sieht diese Entwicklung nicht von ungefähr kommen und zieht den Vergleich mit den Pendants aus dem Straßenverkehr: "Offensichtlich ist diese falsche Richtung die gleiche, in die sich die allgemeine Automobilindustrie in letzter Zeit entwickelt hat: immer größere und schwerere Autos und die Besessenheit der Leute, ob sie nun mit Batterien oder mit Benzin fahren. Das größte Problem ist die Energiemenge, die benötigt wird, um das verdammte Ding zu bewegen, unabhängig davon, woher diese Energie kommt."

Auf die Frage nach seiner Vorstellung eines idealen Formel-1-Reglements betont Newey dies erneut: "Ein geringes Gewicht und aerodynamische Effizienz sind die beiden wichtigsten Merkmale." Für ihn habe die Lobbyarbeit der Hersteller für eine entgegengesetzte Entwicklung gesorgt. Bei PKW erhalten Hersteller sogar Ausnahmegenehmigungen für immer größere und schwerere Autos, solange sie den Auspuff modifizieren. Auch in der Formel 1 gab es zuletzt den Ruf nach einer weiteren Erhöhung des Gewichtslimits, auch von Neweys Arbeitgeber Red Bull.

Häufig werden die Sicherheitsbemühungen als Grund für die stetige Gewichtszunahme in den letzten Jahren angeführt, doch auch hier stimmt Newey nicht unbedingt zu: "Einige der Sicherheitsaspekte werden natürlich zu einem sich selbst verstärkenden Problem. Je schwerer das Auto ist, desto stärker muss es sein." Also sieht der Brite auch im Sicherheitsaspekt ein Argument für seine Forderung: "Meiner Meinung nach brauchen wir also kleinere, leichtere und energieeffizientere Autos."

Das ganze Interview mit Adrian Newey, unter anderem mit seiner Einschätzung zum Thema Porpoising, den neuen Pirellis und den Schwierigkeiten mit dem Budgetcap, ist in unserer neuen Printausgabe zu lesen. Jetzt Motorsport-Magazin Ausgabe 84 bestellen.