Ruhig und gelassen. Aber immer selbstkritisch. Das war Carlos Sainz nach seinem Pleitenwochenende in Australien, das er nach einem Fahrfehler schon früh im Kiesbett beendete, während sein Ferrari-Teamkollege Charles Leclerc dem nächsten Sieg entgegen eilte. Carlos Sainz beschreibt sich als den ruhigeren, weniger aufgeregten Rennfahrer in der Familie. Einen Smooth Operator eben.

Das kam ihm bei der Aufarbeitung der Vorfälle von Australien zugute. "Persönlich waren es für mich nicht die einfachsten Rennen zu Saisonbeginn, aber ich war trotzdem immer dabei und es sind noch 20 Rennen zu fahren", betont Sainz. "Da ist noch alles möglich." Nach drei Saisonrennen liegt Sainz mit 33 WM-Zählern auf dem dritten Platz, 38 Punkte hinter WM-Spitzenreiter Leclerc.

Formel 1 Stallduell bei Ferrari: Sainz sieht sich nah an Leclerc dran

Der große Punkteabstand in der Weltmeisterschaft führte in den vergangenen Tagen seit dem Australien GP unweigerlich zu Diskussionen über eine Teamorder bei Ferrari. Auch Isabelle und Markus haben sich bei uns in einem Pro & Contra damit auseinandergesetzt:

Sainz selbst hält es erwartungsgemäß für verfrüht, um über dieses Thema zu sprechen. "Es ist eine lange Saison. 2020 hatten wir insgesamt 17 Rennen und dieses Jahr stehen zu diesem Zeitpunkt noch 20 Rennen aus - jetzt über die WM zu sprechen und wie sie sich entwickelt, darüber denke ich gar nicht nach."

Was Sainz aber durchaus zugibt ist, dass er sich selbst im Vergleich zum Vorjahr noch nicht bei 100% seiner Leistungsfähigkeit sieht. "Es ist nicht viel[, was fehlt]", betont der Spanier. "Ich habe bei allen drei Rennen bislang um die Pole mitgekämpft, da hat mir vielleicht ein Zehntel gefehlt."

In Australien hatte er im Qualifying mehrere Probleme, "aber in den ersten beiden Qualifyings der Saison, in denen mir das Auto nicht so gelegen hat, konnte ich trotzdem irgendwie um die Pole kämpfen". Das zeigt ihm: "Mir fehlt nicht viel. Das motiviert mich und zeigt mir, dass das Pendel jederzeit umschlagen kann. Darauf warte ich."

Gleichzeitig weiß auch Sainz, dass er mit Charles Leclerc eine verdammt harte Nuss zu knacken hat. "Natürlich hat Charles fantastische Arbeit mit diesem Auto abgeliefert", gesteht er ein. "Er macht als Fahrer den Unterschied aus. Aber ich bin nicht weit weg. Jetzt kommt es auf die Details an. Sobald alles stimmt, wird es einfacher." Nächster Anlauf: Imola.

Sainz beim Formel 1 GP in Australien mit Pleiten, Pech & Pannen

Das zurückliegende Rennen in Melbourne war ein schwarzes Rennwochenende für Carlos Sainz: Sein erster Run im Q3 wurde von einer roten Flagge gestoppt, beim zweiten Run ließ sich sein Auto zunächst nicht anlassen, somit waren seine Reifen nicht bestmöglich auf die schnelle Runde vorbereitet.

Kurz vor dem Start musste dann sein Lenkrad gewechselt werden, wonach sein Ferrari zweimal in den Anti-Stall-Modus umschaltete - beim Start in die Einführungsrunde sowie beim eigentlichen Start. Zudem waren die Einstellungen am Lenkrad nicht perfekt. Zu allem Überfluss verlor Sainz danach weitere Plätze auf den harten Reifen und drehte sich bei der versuchten Aufholjagd schon früh nach einem Fahrfehler von der Strecke und blieb im Kiesbett stecken. Game Over.

Der Fehler und der Abstand sorgten im einfallsreichen italienischen Blätterwald direkt für Aufruhr. Von Problemen bei den Vertragsgesprächen war da die Rede. "Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich darüber lachen musste, als die Leute darüber geschrieben haben", lachte sich Sainz ins Fäustchen, wohl wissend, dass er die Vertragsverlängerung bereits in der Tasche hatte.

Umso besser lässt sich das folgende Wochenende beim Ferrari-Heimspiel in Imola an. Schon am Donnerstag vor dem Rennwochenende gaben Sainz und die Scuderia eine Vertragsverlängerung bis Ende 2024 bekannt. Alle Infos und Stimmen dazu findet ihr in unserem Artikel:

Sainz: Fehlerlose Formel-1-Serie musste irgendwann reißen

Den Fahrfehler, der zum Dreher führte, nimmt Sainz klar auf seine Kappe, die Tatsache, dass zudem aber auch noch weitere externe Faktoren Einfluss auf sein rabenschwarzes Wochenende genommen haben, lässt ihn jedoch zuversichtlich nach vorne blicken.

"Es ist auf gewisse Weise einfacher, weil man die Schuld auf externe Faktoren schieben kann", sagte er. "Ich weiß, dass es eine meiner Stärken ist, in diesen Situationen ruhig zu bleiben. Australien war kein tolles Wochenende für mich, weil viel passiert ist, aber es gab auch viele externe Einflüsse. Irgendwann musste es passieren, ich bin 17 oder 18 Mal in Folge ohne größere Fehler ins Ziel gekommen. Jetzt musste mal ein Fehler kommen."

Daraus wolle er jetzt lernen, um noch stärker zu werden. "Es war ein Charakterbildendes Wochenende", zitiert er das oft bemühte Bild. "Wenn es nicht hier passiert wäre, wäre es später in der Saison passiert. Es ist aber besser, wenn es jetzt schon passiert, damit ich diese Erkenntnisse auf die ausstehenden Rennen anwenden kann."

Und was genau hat Sainz aus dem Fehler gelernt? "Viel kommt auf die psychologische Ebene an, wie man mit den Emotionen umgeht", verrät er, schiebt aber sofort hinterher: "Das ist eigentlich eine meiner Stärken, die ich nicht verlieren möchte. Hin und wieder braucht man in einer langen Karriere als Sportler aber mal eine Erinnerung daran, dass man die Dinge, die man bislang gemacht hat, so weitermachen muss."

Australien soll für ihn so eine Art 'Wake-Up-Call' gewesen sein. "Es gibt immer mal ein hartes Wochenende oder Rennen im Leben eines Rennfahrers", so Sainz. "Das Ungewöhnliche ist, wie wenige davon ich vorher hatte. Ich hatte eine sehr starke Serie mit so gut wie keinen Fehlern und irgendwann musste es einfach passieren."