Die Formel 1 startete am vergangenen Wochenende mit einer reformierten Renndirektor-Aufstellung in die neue Saison. Gerhard Berger sieht die Neuaufstellung kritisch. Seiner Meinung nach hätte es auch eine einfachere Lösung gegeben, die Funktion des Renndirektors zu reformieren. Sein Vorschlag: "Man kann so wie im Fußball handeln, dass der Schiedsrichter auch Fehler machen darf und machen wird und man das dann auch einfach akzeptiert. Denn es ist dann eine Tatsachenentscheidung."

Seiner Meinung wäre das das pragmatischste System. Denn ansonsten bestehe die Alternative darin, dass im Anschluss an das Rennen eine lange juristische Debatte ihren Lauf nimmt. "Natürlich kann man nachher mit zehn Bildschirmen und sechs Anwälten immer Fehler finden und das Thema neu aufrollen. Nur ist das gut für den Sport?", stellt Berger die rhetorische Frage.

Berger: Whiting war politisch sehr stark

Laut Berger sei das auch die Art und Weise gewesen, in der in der Vergangenheit Dinge geregelt wurden. Nur zu Zeiten von Charlie Whiting waren die Rahmenbedingungen für den Renndirektor andere. "Ich glaube, dass Charlie auch Fehler gemacht hat. Nur war es bei ihm so, dass er politisch so stark war, dass da keiner was gesagt hat. Die FIA hat ihn auch zu 100 Prozent gedeckt, das war ein eingespieltes Team".

Formel 1: Sind Fehlentscheidungen Teil des Sports?

Für den Österreicher müsste bei solch einem System vor allem zusätzlicher Wert auf die richtige Auswahl der Rennleiter gelegt werden - als Vorkehrung gegen willentliche Beeinflussung. "Man muss schauen, dass es Schiedsrichter sind, die zu 100 Prozent sauber und unparteiisch sind." Einzelne Fehlentscheidungen seien mit dieser Herangehensweise zwar nicht zu vermeiden, aber sie fielen einfach in die Kategorie "Bad Luck".

Die FIA entschied sich allerdings in ihrem Maßnahmenpaket nach der Aufarbeitung der Abu-Dhabi-Vorkommnisse zu einer anderen Lösung. Dort setzte man vor allem auf einen Abbau der Aufgaben, die ein Rennleiter in Personalunion erfüllen muss. Dazu zählte die Abschaffung der direkten Kommunikation zwischen den Teambossen und der Race Control, eine Aufteilung das Renndirektor-Postens auf insgesamt drei Personen (zwei an jedem Wochenende), sowie nicht zuletzt auch die Einführung der virtuellen Race Control.

Virtuelle Race Control: Berger dagegen

Das Pendant zum aus dem Fußball bekannten Virtual Assistent Referee stößt bei Berger auf wenig Gegenliebe. "Wenn man diesen Control Room mit zwanzig Leuten und der gesamten technischen Ausstattung einrichtet, dann weiß ich nicht, ob das nicht am Ende des Tages zu einer Überreglementierung führt", so Berger.

Die Verteilung der Rennleiter-Aufgaben auf mehrere Personen ist hingegen eine Maßnahme, die der 62-Jährige unterstützt. Berger: "In der Komplexität, mit der die Formel 1 unterwegs ist, brauch man schon mehrere Köpfe. Man hat gesehen, dass Fehler passieren, wenn man alles auf den Schultern einer Person ablädt."

In diesem Jahr bilden der ehemalige WEC-Rennleiter Eduardo Freitas und Niels Wittich, der diese Rolle bis 2021 in der DTM ausgefüllt hatte, gemeinsam die Rennleitung der Königsklasse. Als beratender Assistent steht ihnen der ehemalige stellvertretende F1-Renndirektor Herbie Blash zur Seite. Für den DTM-Boss ist die Anwerbung der beiden Offiziellen aus anderen Rennserien und des pensionierten der Funktionärs Beweis dafür, dass die Königsklasse es versäumt habe, selbst Personen für diese Rolle auszubilden.