Charles Leclerc hat es vollbracht. Nachdem er beim Formel-1-Auftakt in Bahrain schon die Pole holte, lieferte er am Sonntag unter immensem Druck von Max Verstappen ein perfektes Rennen ab, holte sich Sieg, schnellste Runde, erstmals in seiner Karriere die WM-Führung, und hat für den ersten Ferrari-Sieg seit 2019 gesorgt.

Es ist ein Durchbruch für die krisengebeutelte Scuderia. Leclerc hofft, nun endlich bewiesen zu haben: 2022 ist Ferraris Jahr. "Jetzt sehen wir, wo wir stehen, und es scheint, als ob wir wirklich Titel-Chancen haben. Wahnsinn!" Mit Teamkollege Carlos Sainz als Zweitem auf dem Podium und obendrauf noch einem gewonnenen Highlight-Zweikampf gegen den amtierenden Weltmeister Verstappen hat Leclerc in Bahrain alles getan, was getan werden musste.

Leclerc kontrolliert Rennen vom Start weg

Von der Pole weg setzte sich Leclerc am Start in Bahrain in Führung, und begann in der Frühphase gleich das Rennen zu kontrollieren. Leicht wurde es ihm aber nicht gemacht, denn Max Verstappen blieb kontinuierlich am Heck des Ferrari dran. Und Red Bull war es auch, das als erstes Team die erste Boxenstopp-Runde anstieß, um Verstappen die Chance zu geben, mittels eines Undercuts an Leclerc vorbeizukommen.

Hier wurde es für Leclerc, der erst eine Runde nach Verstappen zum Stopp kam, tatsächlich brenzlig: "Ich habe einen kleinen Fehler auf der Inlap gemacht, und dann gab es vorne rechts ein kleines Problem beim Stopp, das hat Zeit gekostet." Leclerc kam nur Zehntel vor Verstappen wieder auf die Strecke, der seine Reifen auf Betriebstemperatur hatte und die Batterie seiner Power Unit vollständig aufgeladen hatte.

Leclerc bezwingt Verstappen im Zweikampf

Sofort attackierte Verstappen, während Leclerc es auch noch vorsichtig angehen ließ: Er hatte nicht sofort das Vertrauen in die Reifen, und außerdem keine volle Batterie. Nach einer Runde stieß der Red Bull erstmals in Kurve eins hinein und vorbei.

Verstappen wurde von Leclerc vor Kurve 1 bewusst durchgelassen, Foto: LAT Images
Verstappen wurde von Leclerc vor Kurve 1 bewusst durchgelassen, Foto: LAT Images

Aber Leclerc wusste sich mit einer cleveren Zweikampf-Taktik zu helfen: "Ich versuchte immer, früh für Kurve eins zu bremsen, um dann DRS für Kurve vier zu bekommen." So war er zwar in Kurve eins kurz hinter dem Red Bull, aber eben auch beim DRS-Messpunkt - und so zog er hin zu Kurve vier wieder vorbei in Führung. Zwei weitere Male wiederholte er den Trick, ehe sich Verstappen verbremste und die Attacken aufgeben musste.

"Es war am Limit, hartes Racing, wir haben uns gegenseitig Platz gegeben", freut sich Leclerc über den Zweikampf. Bis zum zweiten Boxenstopp fuhr er dann eine kleine Lücke auf, und diesmal ließ er Verstappen nach dem Reifenwechsel kein Fenster mehr für weitere Attacken: "Ich hatte noch was in den Reifen und konnte pushen, und auch der Stopp war besser."

Leclerc sichert Sieg bei spätem Safety Car ab

Letzte Herausforderung für Leclerc war die Schlussphase. Erst stoppte Red Bull ein drittes Mal, um Ferrari unter Druck zu setzen. Ein besorgter Leclerc wollte abdecken und ebenfalls reinkommen, aber das Team ließ ihn draußen. Ob ihn Verstappen auf den frischen Reifen jedoch einholen hätte können bleibt unbeantwortet, denn kurz darauf kam ein spätes Safety Car. Nu konnte auch Leclerc für einen Schluss-Sprint auf neue Reifen wechseln.

Nur war sein Vorsprung weg. "Aber ich habe schnell akzeptiert, was Sache ist, und dass ich den bestmöglichen Restart machen muss - den ich dann gemacht habe." Verstappen hatte keine Chance, und fiel kurz darauf mit einem Defekt am Benzinsystem zurück und schließlich aus, was den Weg zum Doppelsieg ebnete. So sicher war sich Leclerc, dass er auf der letzten Runde noch einen Witz reißen konnte: "Ich habe gesagt, es sei was komisch mit dem Motor, und meine Ingenieure hatten wohl einen Herzinfarkt!"

Anders als 2019, als er in Führung liegend genau diese Worte sprechen musste und dann den ersten F1-Sieg verlor, hatte er diesmal aber alles unter Kontrolle. "Gestern war schon toll, aber wir wussten, dass wir das heute zu Ende bringen müssen", weiß Leclerc. "Und wir haben einen Doppelsieg geholt. Ein perfekter Start, und ich bin unglaublich happy nach den letzten zwei Jahren, die so unglaublich schwer für mich und für das Team waren."