Mit dem Start in die Formel-1-Saison 2022 beginnt am Wochenende in Bahrain allerorts eine neue Ära, auch bei den Boxenstopps. Nachdem die Teams in den letzten fünf Jahren immer irrwitzigere Reifenwechsel-Stopps geliefert haben, endet die Rekordjagd hier vorläufig.

Denn bei den Reifen wird alles anders. 2022 gibt es die neuen, großen Reifen mit 18-Zoll-Felgen, die zusätzlich noch mit Radkappen verkleidet sind. Das Gewicht steigt um vier Kilo, die Handhabung wird schwieriger, und man rechnet mit dem Verlust von Zehnteln. Zehntel, die man sich in den letzten fünf Jahren mit viel Aufwand erarbeitet hat. Ein Blick zurück in die jüngste Boxen-Geschichte.

2017 waren die Boxenstopps eigentlich schon langsamer geworden, denn die Formel 1 hatte da ihren letzten großen Regel-Umbruch, zu dem auch breitere und damit vor allem schwerere Reifen gehörten. Wer glaubte, dass das die Mechaniker dauerhaft einbremsen würde, er wurde aber in den letzten fünf Jahren eines besseren belehrt.

Selbst die wenigen Zehntel konnten in der letzten F1-Ära, in der es so schwer war, auf der Strecke zu überholen, schließlich kritisch sein. Daher ließen es sich die Teams nicht nehmen, jeden Trick zu versuchen, um schneller zu werden.

Red Bulls Boxenstopps schnell und verlässlich

Dementsprechend war der von Williams 2016 in Baku aufgestellte Weltrekord von 1,92 Sekunden nur drei Jahre lang sicher. 2019 hatten die Teams die verlorene Zeit wieder aufgeholt. Allen voran Red Bull, die sich in den letzten fünf Jahren zu den Meistern des Boxenstopps aufschwangen. 2019 unterbaten sie den Weltrekord dreimal, ein 1,82-Sekunden-Stopp von Max Verstappen aus Brasilien hat nun bis heute Bestand.

Red Bull war aber nicht nur schnell, sondern auch verlässlich. Stuft man alle Stopps über 3,5 Sekunden als "fehlerhaft" ein, so ist ganz klar Red Bull das Team mit den wenigsten Fehlern, nur 15 seit 2018. Das entspricht sieben Prozent aller Stopps des Teams. Der F1-Schnitt mit allen Teams beträgt 20 Prozent. Selbst in der besten Saison - 2021, der letzten - waren es noch immer 18 Prozent.

Formel-1-Boxenstopps werden immer schneller

Red Bull mag den Ton angeben, aber die Stopps wurden durch die Bank schneller. Geht man von den "fehlerlosen" Stopps unter 3,5 Sekunden aus, so betrug der Schnitt 2017 im ersten Jahr der neuen Regeln 2,84 Sekunden. 2021 hatte man ihn auf 2,68 Sekunden gedrückt. Den besten Jahresschnitt lieferte - natürlich - Red Bull 2020 mit 2,31 Sekunden.

Vergleicht man die Jahresmittel der einzelnen Teams mit dem aller Stopps, so war Red Bull jedes Jahr mindestens um ein Zehntel, 2020 gar um vier Zehntel schneller. Zwei Teams schafften es aber ebenfalls, immer unter dem Gesamt-Schnitt zu liegen, nämlich Williams und Mercedes. Letztere beweisen so, dass es mehr als unfair ist, ihnen wegen einiger weniger Einzelfehler hier eine schlechte Reputation anzudichten. Praktisch waren sie in den letzten fünf Jahren das zweitbeste Team.

Die wirklich Langsamen in der Box waren aber andere. Haas begab sich als einziges Team in den letzten fünf Jahren auf eine kontinuierliche Abwärtsspirale. 2020 war der Tiefpunkt: 25-mal stand ein Haas ohne Grund über 3,5 Sekunden in der Box. 2021 dämmte man die Fehlerquote leicht ein, wurde dadurch im Schnitt aber sogar noch langsamer. Im Gegenzug dazu haben sich Aston Martin und Alpine nach Schwächeperioden endlich dem Mittel angenähert. Ferrari kam nach einem durch Equipment und neuem Personal ausgelöstem Durchhänger 2021 wieder auf Kurs.

Formel 1 vor neuer Herausforderung für 2022

Die Rekordjagd fand schon im Vorjahr durch kurzfristige Regeländerungen ein vorzeitiges Ende. Teams hatten im Bestreben, immer schneller zu werden, möglichst alle Wege gekürzt. Sensoren schickten schon beim alleinigen Ansetzen des Schlagschraubers das "Go"-Signal an die Ampel-Operation. Heute muss alles auch wirklich festsitzen, ehe Sensoren es als "fest" vermelden dürfen.

Das allein zeigt aber, dass die Teams wirklich überall suchten, um die Boxenstopps zu optimieren. Längst sind an jedem Reifenwechsel drei Mechaniker beteiligt - einer mit Schlagschrauber, einer zum Abnehmen und einer zum Aufsetzen des Reifens. Plus Wagenheber-Operatoren, und immer umfangreichere Technik-Lösungen.

Die Regeländerungen und die neuen Reifen werden nun für eine Eingewöhnungsphase sorgen. Trotzdem haben die Teams schon hochgesteckte Ziele. Ferrari etwa kündigte an, man wolle wieder auf dem Niveau von 2021 weitermachen, trotz aller Hindernisse.