Pierre Gasly hat AlphaTauri eine überraschende Bestzeit zum Auftakt der zweiten Woche Formel-1-Testfahrten 2022 gesichert. Am ersten Testtag in Bahrain verdrängte der Franzose eine Stunde vor Ende der Session die beiden Ferrari von Charles Leclerc und Carlos Sainz von der Spitze des Klassements. Mercedes und Red Bull hielten sich mit schnellen Zeiten deutlich zurück, McLaren wegen langwieriger Technik-Probleme gezwungenermaßen ebenfalls (s.u.).

Neben McLaren hatte auch Alpine mit technischen Gebrechen zu kämpfen, die Fernando Alonso lange Zeit in die Zuschauerrolle drängten. Weitaus besser als in Barcelona lief es für Alfa Romeo und Haas. Letztere konnten nach logistischen Verzögerungen allerdings erst am Nachmittag ins Geschehen eingreifen. Das alles bestimmende Thema des Tages lieferte allerdings Mercedes mit radikal überarbeiteten Seitenkästen (s.u.). Für die einzigen nennenswerten Zwischenfälle des Tages sorgten Sebastian Vettels Teamkollege Lance Stroll und Sergio Perez, der den Testtag mit einem späten Dreher vorzeitig per roter Flagge beendete (s.u.).

Ferrari lange auf P1-Kurs, Mercedes hält sich zurück

Ergebnis: Mit einer 1:33.902 Minuten auf den weichen C4-Reifen verdrängte Pierre Gasly erst eine Stunde vor Testende bei bereits nächtlichen und leicht kühleren Bedingungen Charles Leclerc um gut vier Zehntelsekunden von der Spitzenposition. Die hatte der Monegasse bereits bei seinem Einsatz am Morgen erobert und nie abgegeben. Einzig Carlos Sainz im zweiten Ferrari kam Leclerc am Nachmittag etwas näher, ehe Gasly das rote Duo übertrumpfte. Die Bestzeit des Franzosen war allerdings noch immer mehr als drei Sekunden langsamer als Max Verstappen am ersten Bahrain-Testtag des Vorjahres. Noch dazu erzielten die Ferrari ihre Zeiten auf den härteren C3-Reifen.

Platz vier mit acht Zehnteln Rückstand ging an Lance Stroll auf C5, der am Nachmittag den Aston Martin von Sebastian Vettel übernommen hatte. Alex Albon auf P5 fehlte bereits mehr als eine Sekunde auf die Spitze. Lando Norris verbesserte sich mit einem späten C2-Run auf den sechsten Platz, zuvor lag der McLaren wegen Bremsproblemen lange Zeit lahm. Valtteri Bottas, Sebastian Vettel, George Russell und Sergio Perez komplettierten die Top-10. Lewis Hamilton musste sich mit dem elften Rang zufriedengeben. Max Verstappen greift erst am Freitag ins Geschehen ein.

Formel-1-Testfahrten 2022 in Bahrain - Ergebnis Donnerstag

P.FahrerZeitRundenReifen
1Gasly1:33.902103C5
2Sainz1:34.35952C3
3Leclerc1:34.53164C3
4Stroll1:34.73650C5
5Albon1:35.070104C4
6Norris1:35.35650C2
7Bottas1:35.49566C3
8Vettel1:35.70639C3
9Russell1:35.94160C3
10Perez1:35.977138C3
11Hamilton1:36.36562C3
12Alonso1:36.74524C3
13Ocon1:36.76842C2
14Zhou1:37.16454C3
15Fittipaldi1:37.42247C2

Die Rundenkrone ging mit deutlichem Vorsprung an Sergio Perez. Mit 138 Runden, darunter auch eine scheinbare erste Rennsimulation, lag der Mexikaner in dieser Wertung klar vor Alexander Albon (104) und Pierre Gasly (103), die ebenfalls den gesamten Tag im Auto saßen und es so in den 100er Klub schafften. Pietro Fittipaldi gab bei Haas auch den Alleinunterhalter, verpasste die 100 Runden wegen des verspäteten Starts allerdings deutlich. Genauso Lando Norris, allerdings wegen technischer Probleme am McLaren.

Erfreuliche Ausbeute dagegen bei Alfa Romeo. Mit kumuliert 120 Umläufen für Valtteri Bottas und Guanyu Zhou toppte Sauber fast schon die Wochenausbeute des Barcelona-Tests. Auch die Mercedes- und Ferrari-Fahrer schafften es gemeinsam erneut deutlich über 100 Runden.

Radikaler Mercedes-Seitenkasten sorgt für Schlagzeilen und Diskussionen

Wetter: Völlig andere Bedingungen als in Barcelona fanden die Formel-1-Teams in der Wüste von Bahrain vor. Bei rund 30 Grad Celsius über den Großteil des Tages hinweg ging der erste Testtag in Sakhir bei gegenüber Barcelona nahezu doppelt so hohen Temperaturen über die Bühne. Dazu wehte der Wind aus südöstlicher Richtung mit in der Regel mehr als 25 km/h.

Thema des Tages: Für die meisten Schlagzeilen - und erste Diskussionen in Sachen Legalität - sorgte zum Auftakt der letzten Testwoche Mercedes. Die Silberpfeile zauberten gleich zum Start des ersten Testtags in Bahrain einen neuen und radikalen Seitenkasten aus dem Hut, bei dessen minimaler Größe kaum noch von einem Seitenkasten die Rede sein kann. Das neue Design umfasst einen Overcut statt Undercut, einen nur sehr schmalen und vertikalen Einlass und gleich zwei Ansammlungen von Kiemen. Hinzu kommt ein riesiger Flügel, der samt vertikaler Finnen und dem Rückspiegel aus dem Monocoque wächst.

F1-Test Bahrain: Kurve zehn sorgt für Probleme

Zwischenfälle & Probleme: Nach dem turbulenten Abschlusstag in Barcelona mit gleich fünf roten Flaggen knüpften die Teams in Bahrain wieder dort an, wo sie in Spanien noch begonnen hatten - mit erstaunlich wenigen Zwischenfällen abseits des noch immer quer durch das Feld zu beobachtenden Bouncings. Vor allem zu Beginn des Tages waren auf noch grüner Strecke zumindest in der engen Kurve zehn zahlreiche, allerdings harmlose Ausritte in die asphaltierte Auslaufzone zu verzeichnen. Dort schoben die Autos offenbar extrem über die Vorderachse.

Gegen Mitte des Vormittags verhinderte Alfa Romeos Rookie Guanyu Zhou in der schnellen Linkskurve eingangs des Mittelsektors gerade noch einen Abflug mit Highspeed. Nur knapp fing der Chinese einen Gegenpendler ein. Wenige Minuten später kam der C42 plötzlich in der Boxengasse zum Stand. Das Display am Lenkrad war erloschen, das deutete auf ein Software- oder Elektrikproblem. Nach rund einer Stunde setzte der Chinese sein Testprogramm allerdings fort und schaffte es in der ersten Session auf ein für Alfa zufriedenstellendes Pensum von 54 Runden, ehe am Nachmittag Valtteri Bottas übernahm.

Bremsprobleme legen McLaren lahm

Größere Probleme erlitt derweil McLaren. Weil sich Daniel Ricciardo unwohl fühlte, musste Lando Norris kurzfristig für den Australier einspringen. Durch nötige Umbaumaßnahmen des MCL36 - nun übrigens mit schwarz lackierter Airbox - und ein Auto-Fotoshooting vor Testbeginn auf Start/Ziel startete der Brite mit einer Stunde Verspätung in den Tag und wurde schnell von nicht näher spezifizierten Bremsproblemen gebremst. Nur 21 Runden schrieb McLaren so am Vormittag an. Auch am Nachmittag musste McLaren hier weiter herumdoktern und verlor weitere Testzeit.

Das waren immerhin noch 21 Runden mehr als Haas am Morgen gelangen. Ersatzfahrer Pietro Fittipaldi konnte erst am Nachmittag ins Geschehen eingreifen. Ein technischer Defekt an einem Frachtflugzeug hatte zu Verzögerungen geführt. Haas darf die verlorenen vier Stunden nachholen, indem das Team jeden Testtag ein wenig verlängern darf.

Stroll verliert Aero-Rake: Rote Flagge

Nach einem kurzen virtuellen Safety Car am Vormittag zum Zweck eines reinen Systemchecks folgte am Nachmittag die erste rote Flagge des Tages. Nach gut 40 Minuten hatte Lance Stroll ein Aero-Rake vor dem rechten Hinterreifen verloren, das samt einiger Trümmer auf der Geraden vor Start-Ziel liegen blieb. Für eine schnelle Reinigung wurde die Session für knapp zehn Minuten unterbrochen. Der AMR22 hatte indes keine großen Schäden erlitten. 15 Minuten nach Wiederfreigabe nahm Stroll sein Programm regulär wieder auf.

Rund 80 Minuten vor Testende erwischte Williams. Gegen Ende einer vermeintlichen Rennsimulation von Alex Albon drehte der FW44 plötzlich ganz hoch, vorsichtig rollte der Brite für Kontrollen zurück in die Garage, kehrte allerdings nicht mehr zurück. Wenig später fuhr Lando Norris nach erneut längerer Reparaturpause in gleich zwei Kurven geradeaus - offenbar funktionierten die Bremsen noch immer nicht ordnungsgemäß. Dasselbe bei einem späteren zweiten Versuch.

Perez dreht sich nach VSC einfach weg: Rote Flagge beendet Test

Probleme auch bei Alpine: Alonsos Nachmittag war vor allem von langer Standzeit in der Garage geprägt. Nach nur 13 Runden und langer Pause griff der Spanier erst 40 Minuten vor Schluss wieder ins Geschehen ein - nur, um sich im ersten Sektor gleich einmal ein kleines Scharmützel mit Lance Stroll zu liefern. Um welche Probleme es sich handelte, teilte Alpine bis Testende nicht mit. Kurz vor Schluss dann erneut ein VSC-Test, bevor sich Sergio Perez im direkten Anschluss - offenbar wegen abgekühlter harter Reifen in Folge des VSC - bei sehr niedriger Geschwindigkeit in Kurve acht ins Kiesbett drehte und dort festgrub. Rote Flagge. Das Ende des Testtags.